Die Ernüchterung: Ein Kater ist keine Erkrankung – trotzdem kann er Kopfschmerzen verursachen. Lest hier, was ihr über Spannungskopfschmerzen wissen solltet und ob Sex wirklich hilft.
Jede zehnte Frau und jeder fünfzehnte Mann hat mindestens einmal im Jahr Kopfschmerzen vom Spannungstyp – fast jeder Mensch mindestens einmal im Leben. Quält er einen für mindestens drei Monate an mindestens der Hälfte der Tage, gilt er als chronisch, ansonsten als episodisch. Eine Erkrankung ist er nur, wenn kein Trigger erkennbar ist. Nach einem grippalen Infekt dagegen, nach zu wenig Schlaf oder nach einer durchzechten Nacht, ist Schädelweh bloß eine physiologische Reaktion, aber keine Krankheit. Erstaunlich: Wie die Kopfschmerzen entstehen, ist nicht wirklich klar.
Wie man den Schmerz erkennt und behandelt, beschreibt die neu überarbeitete Leitlinie Diagnostik und Therapie des Kopfschmerzes vom Spannungstyp, erstellt unter der Federführung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG). Die Leitlinie hat die Klassifikation S1, die Empfehlungen beruhen also nicht auf einer systematischen Literaturrecherche, sondern auf einschlägigen Studien sowie auf den Erfahrungen der Autoren. Man sollte also damit rechnen, dass die Leitlinie möglicherweise subjektiv gefärbt ist.
Patienten empfinden den Schmerz so, als wäre ihr Kopf in einen zu engen Hut gezwängt, oder noch schlimmer, in einen Schraubstock. Anders als die Migräne geht der Spannungskopfschmerz kaum mit Lärm- oder Lichtempfindlichkeit einher, Erbrechen und andere vegetativen Begleitsymptome treten gar nicht auf. Der Schmerz verschlimmert sich auch nicht durch Treppensteigen und andere Anstrengungen. Abgesehen vom Kater gibt es keinen Zusammenhang mit Alkohol und auch Rauchen spielt keine Rolle. Eine Verbindung scheint es mit Erschöpfung, Schlafmangel sowie der Last, nicht entspannen zu können, zu geben. Eine genetische Prädisposition könnte möglich sein.
Entscheidend für die Diagnose des Kopfschmerzes vom Spannungstyp ist die Anamnese. Eine Bildgebung ist nicht nötig, aber eventuell hilfreich in begründeten Fällen zum Ausschluss anderer Erkrankungen – die Leitlinie zählt knapp 20 mögliche Ursachen für die Schmerzen auf, von Medikamenten über intrazerebrale Blutungen und Glaukome bis hin zu Depression.
Ob man den Kopfschmerz vom Spannungstyp überhaupt behandeln soll, hängt vom Leidensdruck der Betroffenen ab. Für eine Akuttherapie sind Paracetamol, Acetylsalicylsäure und Ibuprofen die Medikamente der ersten Wahl, bei Schwangeren nur Paracetamol. Da zu den Nebenwirkungen der Mittel auch Kopfschmerzen gehören – was kontraproduktiv im engeren Sinne wäre – sollten sie nur an maximal 10 bis 15 Tagen im Monat eingenommen werden.
Die Leitlinie stellt fest, dass Kombipräparate mit Koffein besonders wirksam sind und auch Koffein allein eine positive Wirkung hat. Linderung sollen zudem auf Stirn, Schläfen und Nacken aufgetragenes Pfefferminzöl und Tigerbalsam verschaffen. Die erwähnte Leitlinie Selbstmedikation bei Migräne und beim Kopfschmerz vom Spannungstyp ist von 2009 und nicht bei der AWMF gelistet.
Für arg Geplagte empfiehlt sich Prophylaxe. Grundsätzlich sollen Betroffene gut über ihre Erkrankung aufgeklärt werden, außerdem sollen sie genug schlafen und trinken und sich mit Entspannungsübungen, Stressbewältigung, Physiotherapie und Ausdauertraining Gutes tun. Von einer Kombination verschiedener Wirkstoffe raten die Autoren ab, empfehlen jedoch eine Kombination aus Medikamenten und nicht-medikamentösen Verfahren.
Das Kapitel „Weitere Verfahren“ geht auch auf Hausmittel und in Internetforen empfohlene Maßnahmen ein. Zum Thema Sex gegen Kopfschmerzen heißt es: „Auch wenn es Berichte über positive Effekte gibt, liegen kontrollierte wissenschaftliche Studien nicht vor.“
Die Leitlinie haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Vinicius "amnx" Amano, Unsplash