Der Frühling kommt und auf den Wiesen summt und brummt es – und damit steigt das Insektenstichrisiko. Lest hier, was passiert, wenn das Gift erstmal im Körper ist.
Die Natur erwacht – so schön und lebensnotwendig dies ist, steigt damit auch die Gefahr der schmerzhaften Stiche. Allein der Gedanke an diesen brennenden Schmerz sorgt bei vielen für Gänsehaut. Ein frühlingshafter Refresher.
Bienen unterscheiden sich grob (Apidologen mögen es mir nachsehen) in Honig- und Wildbienen. Die staatenbildenden Honigbienen sind wenig aggressiv und haben nicht wirklich Interesse an einer Auseinandersetzung mit Menschen. Sie verteidigen aber in der Not durchaus ihre Nester oder ihr Leben. Wildbienen leben meist einzelgängerisch und sind ebenfalls eher friedliebend. Während Honigbienen aber durchaus ihren Stachel in unserer Haut versenken können, haben die meisten Wildbienen damit ein Problem. Selbst im Verteidigungsfall durchdringt ihr Stachel in der Regel nicht unsere Haut, die schlichtweg zu dick für den Stechapparat ist.
Wespen hängt der negative Ruf an, dass sie aggressiv sind und nur aus Spaß stechen. Deshalb möchte ich hier in aller Klarheit sagen: Das ist falsch. Viele Menschen sind der Ansicht, dass sich Wespen schon durch unsere pure Existenz bedroht fühlen und deswegen quasi immer im Verteidigungsmodus sind. Das stimmt einfach nicht. Allerdings mögen einige Wespenarten Kuchen und andere Speisen, die uns auch schmecken, weswegen sie beim Nachmittagstee oder Grillabend enorm lästig sein können. Hektisches Schlagen und Vertreiben kann sie dann in die Verteidigung zwingen und Stechen ist ihr Mittel der Wahl. Ebenso verteidigen Wespen voller Inbrunst ihr Zuhause und stechen zu, wenn es ihnen notwendig erscheint.
Mit einem Stich injiziert das Insekt sein Gift in uns hinein – und das hat es in sich. Werfen wir einmal einen genaueren Blick darauf:
Das Gift der Honigbiene besteht aus einem komplexen Gemisch verschiedener Proteine. Der Hauptbestandteil ist Melittin. Einmal durch den Bienenstachel injiziert, kann es sich in die Zellmembranen unserer Körperzellen einlagern. So wird für geladene Teilchen eine Pore gebildet, die das Innere der Zellen mit der Umgebung außerhalb der Zelle verbindet. Dies kann zum Durchtritt kleiner Stoffe und zum Absterben der betroffenen Zelle führen. Wer einmal von einer Biene gestochen wurde, der erinnert sich noch lange an den darauffolgenden, brennenden Schmerz (ich kann ein Lied davon singen). Dieser wird hauptsächlich durch ebendieses Melittin ausgelöst, das die oben beschriebenen Poren auch an den Schmerzrezeptoren der Haut bildet. Dadurch kommt es zum Durchstrom geladener Teilchen und das elektrische Potenzial, welches Nervenzellen grundsätzlich innehaben, bricht zusammen. Diese starke und plötzliche Änderung löst das Schmerzempfinden aus.
Ein Grundbestandteil des Wespengiftes ist Mastoparan. Der Name deutet es schon an: Es ist ein enger Bekannter der Mastzellen. Mastoparan sorgt dafür, dass diese (unter anderem) den Stoff Histamin ausschütten. Und genau das löst nun ein Schmerzempfinden in der Nähe der Stichstelle aus. Zu einer Verstärkung dieses Schmerzes tragen Kinine bei, die an B2-Rezeptoren binden. Diese Rezeptoren können zur Ausschüttung anderer Stoffe führen, welche wiederum unter anderem die zuvor erwähnten Schmerzrezeptoren stimulieren. Weiterhin sorgen Kinine auch für die flüssigkeitsgefüllte Schwellung um die Einstichstelle herum.
Die gute Nachricht vorweg: Alles normalerweise nicht lebensgefährlich. Ein Stich wirkt sich üblicherweise nur auf die nähere Umgebung der Einstichstelle aus. Gemäß Insektenforscher Justin O. Schmidt von der University of Arizona fühlt sich der Stich einer Honigbiene wie folgt an: „Brennend und ätzend, aber ertragbar. Ein brennender Streichholzkopf landet auf Deinem Arm. Er wird zuerst mit Lauge und dann mit Schwefelsäure gelöscht.“ Auf der Schmerzskala erhält dieser Stich aber nur 2 von 4 Punkten. Schlimmer ist demnach ein Stich in die Zunge, der mit 3 von 4 Punkten auf der Schmerzskala bewertet wird. Dieser Stich ist „lähmend. Für über 10 Minuten ist das Leben nicht mehr lebenswert“.
Ein gesunder Erwachsener kann bis zu 100 Bienen- oder Wespenstiche problemlos wegstecken, ohne ein schwerwiegendes Gesundheitsproblem zu bekommen. Gefährlich wird es nur für Kinder oder bei mehreren Hundert Stichen. Diese können durch die Schädigung zu vieler Körperzellen zu akutem Nierenversagen führen. Denn die Niere käme in einem solchen Fall einfach nicht mehr mit den ganzen Stoffen klar, die aus den zerstörten Zellen ausgeschüttet werden. Todesfälle sind in Europa jedoch sehr selten. Vermehrt sind diese beispielsweise in Südamerika durch die sogenannten Killerbienen bekannt, die besonders aggressiv sind. Hier kam es schon zu Todesfällen nach bis zu 1.000 Stichen.
Im Normalfall kann ein einzelner Stich einer Biene oder Wespe nur in zwei Fällen lebensbedrohlich sein:
In den meisten Fällen reicht die Linderung des Schmerzes durch Kühlung völlig aus. Im Internet liest man viel von Hausmittelchen wie Backpulver, das man auf den Stich geben soll. Dies hat aber keine direkten Auswirkungen auf den Stich und wirkt höchstens als Placebo. Bei Stichen im Mund- oder Halsbereich sollte der Krankenwagen gerufen werden.
Nach einem Bienenstich verbleibt der Stachel im Normalfall in der Wunde. Mit diesem direkt verbunden ist oft noch die Giftblase. Der Stachel sollte also vorsichtig entfernt werden, ohne dabei die Giftblase auszudrücken. Das geht am besten mit einer spitzen Pinzette. Geübte können es auch mit Fingernägeln versuchen.
Patienten mit bekannten schweren Allergien sollten schon im Vorfeld Vorsichtsmaßnahmen treffen und geeignete Notfallmedikamente immer mit sich führen. Eine sofortige Injektion kann lebensrettend sein. Bei schwerer Allergie kann präventiv auch eine Hyposensibilisierung durchgeführt werden. Vor allem bei Kindern ist dies eine sinnvolle langfristige Maßnahme, aber nicht immer möglich. In diesen Fällen sollten auch andere Personen über die Allergie sowie die Anwendung der Notfallmedikamente Bescheid wissen (zum Beispiel Betreuer im Kindergarten oder in der Schule). Beim Auftreten schwerer allergischer Reaktionen muss umgehend der Rettungswagen gerufen werden.
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