Zwei neue Empfehlungen der Initiative „Klug entscheiden“ zur Versorgung chronischer nicht-infektiöser Wunden lassen aufhorchen: Abstriche sollen nicht entnommen und schon gar nicht ernst genommen werden. Was stattdessen zu tun ist, lest ihr hier.
Während des Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) wurden zwei neue negative Empfehlungen der Initiative „Klug entscheiden“ im Bereich der Infektiologie vorgestellt. Diese Empfehlungen betreffen die Durchführung von Abstrichen bei chronischen Wunden und lauten wie folgt:
„Oberflächliche Abstriche von chronischen Wunden ohne klinischen Anhalt für eine Infektion sollen nicht entnommen werden.“„Falls doch abgenommen, sollen die Kulturergebnisse nicht therapiert werden.“
„Oberflächliche Abstriche von chronischen Wunden ohne klinischen Anhalt für eine Infektion sollen nicht entnommen werden.“
„Falls doch abgenommen, sollen die Kulturergebnisse nicht therapiert werden.“
Chronische Wunden, definiert als Wunden, die länger als 8 Wochen bestehen, treten vor allem als Symptom von anderen Systemerkrankungen auf. Diese können vaskulärer Genese sein, wie bei chronisch venöser Insuffizienz oder peripherer Verschlusskrankheit. Aber auch bei metabolischen Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder bei immunologischen Erkrankungen wie einer Vaskulitis können chronische Wunden auftreten und den Verlauf verkomplizieren.
Unsere Haut ist natürlicherweise von Mikroorganismen besiedelt. Diese Mikroorganismen sind Teil einer Schutzfunktion unserer Haut, können jedoch bei Verletzung der Haut auch eine Infektion auslösen. Chronische Wunden sind aufgrund des bestehenden Hautmikrobioms immer mit Bakterien besiedelt. Wundabstriche, die von chronischen Wunden ohne Infektionszeichen wie Rötung, Schwellung oder Überwärmung entnommen werden, weisen somit Bakterien nach, die keine klinische Relevanz haben.
Im klinischen Alltag in Krankenhäusern werden jedoch häufig Abstriche von chronischen Wunden entnommen, selbst wenn keine Anzeichen einer Infektion vorliegen. Die „Klug entscheiden“-Initiative hat deswegen jetzt nochmal klar empfohlen, genau dies zu vermeiden. Sollten dennoch Abstriche entnommen werden, sollten die Ergebnisse ignoriert werden. Somit können unnötige antiinfektive Therapie vermieden werden.
Wenn jedoch systemische Entzündungszeichen wie Leukozytose, erhöhte CRP-Werte und klinische Symptome einer Infektion wie Fieber oder Schüttelfrost sowie lokale Infektionszeichen wie Rötung, Schwellung, Überwärmung und Schmerzen im Bereich der Wunde auftreten, sollte eine systemische antiinfektive Therapie eingeleitet werden. Eine lokale antiinfektive Therapie ist generell nicht empfohlen.
Vor Beginn einer antiinfektiven Therapie ist es wichtig, eine Erregersicherung durchzuführen. Bei Patienten mit systemischen Entzündungsparametern wird die Entnahme von Blutkulturen empfohlen. Die optimale Methode zur Erregersicherung aus der Wunde ist Gegenstand aktueller Diskussionen, insbesondere zwischen Wundabstrichen und Gewebebiopsien.
Eine Untersuchung an Patienten mit Typ-2-Diabetes und chronischen infizierten Wunden ergab einen signifikanten Unterschied zwischen der tiefen Gewebebiopsie und Wundabstrichen hinsichtlich der Erregeridentifikation zugunsten der Gewebebiopsie. In oberflächlichen Wundabstrichen wurden nur 75 % der Erreger nachgewiesen, die in tiefen Gewebebiopsien identifiziert wurden.
Von großer Relevanz in der Versorgung von chronischen Wunden ist vor allem die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Dermatologen, Chirurgen, Internisten, Infektiologen und Wundexperten.
Bildquelle: Tara Winstead, Pexels