Bis vor kurzem war Cannabis in der Anlage I des Betäubungsmittelgesetz (BtMG) aufgeführt und somit als Betäubungsmittel klassifiziert. Darunter versteht man ein Stoff, der aufgrund seiner Wirkungsweise eine Abhängigkeit hervorruft, missbräuchlich verwendet werden, die Gesundheit gefährden oder zur Herstellung von Betäubungsmitteln genutzt werden kann.¹
Mit Inkrafttreten des neuen Cannabisgesetzes (CanG) hat sich in Deutschland der Umgang mit Cannabis verändert. Ein wichtiger Aspekt ist die Änderung, dass Medizinalcannabis nicht mehr als Betäubungsmittel gilt und somit die Verschreibung eigentlich vereinfacht über ein Muster-16- oder E-Rezept erfolgen kann.² Eigentlich…
Tatsächlich wird die Verschreibung auf BtM-Rezept aber vermutlich noch bis Anfang Mai erforderlich sein, obwohl die Verschreibung von nicht-BtM-pflichtigen Medikamenten nur dann gestattet ist, wenn auch mindestens ein Betäubungsmittel verschrieben wird.³
Aber wie kam es dazu und was ist zurzeit zu beachten? Dafür werfen wir einen kurzen Blick darauf, wie Medizinalcannabis bis vor kurzem noch zu verschreiben war.
Seit 2017 darf Medizinalcannabis von Behandelnden unter Berücksichtigung der Grundlagen für die Verordnung verschrieben werden. Dazu gehört, dass eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zu Verfügung steht oder nicht angewendet werden kann.⁴ Dies kann z. B. der Fall sein, wenn Nebenwirkungen erwartet werden oder der Krankheitszustand eine andere Therapie unmöglich macht. Die Aussicht auf spürbar positive Einwirkung des Medizinalcannabis auf den Krankheitsverlauf oder schwerwiegende Symptome muss ebenfalls gegeben sein.⁴
Eine Verordnung erfolgte bisher über ein BtM-Rezept. Dabei mussten die genauen Angaben der Behandelten, die verschriebene Menge, die exakte Blütenbezeichnung, sowie eine exakte Dosierempfehlung enthalten sein.⁵ Für Blüten galt eine Höchstmenge von 100.000 mg/100g und für Cannabisextrakte eine Höchstmenge von 1000 mg/1 g, die innerhalb von 30 Tagen verordnet werden durften.⁶
Seit dem 01.04.2024 ist Cannabis nicht mehr als Betäubungsmittel definiert und kann daher auf einem „normalen“ Rezept verschrieben werden. Leider zeigen sich hier Hürden, die es noch zu überbrücken gibt, bis eine Verordnung problemlos möglich wird.
Die gesetzlich geregelte Teillegalisierung von Cannabis hat vor allem die Gesundheit der Konsumierenden im Blick.⁷ Faktoren wie verbesserter Schutz der Konsumierenden und der Jugendschutz, etwa durch Regelung der zulässigen Dosierung, spielen eine tragende Rolle.⁷ Bei Medizinalcannabis sind die THC-Konzentrationen höher als bei dem frei verfügbaren Cannabis und daher wird es auch weiterhin von Fachpersonal per Rezept verschrieben. Es ist weiterhin klar von nicht-medizinischem Cannabis getrennt und darf daher nur von Unternehmen vertrieben werden, die eine Erlaubnis vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte haben.⁷
Es entfallen jedoch die besonderen Vorgaben zur Verschreibung und zu Sicherungsmaßnahmen, die sonst für Betäubungsmittel gelten,⁷ was die Verordnung vereinfachen soll. Aktuell besteht dennoch das Problem, dass die Systeme in Apotheken und Praxen Medizinalcannabis noch als Betäubungsmittel führen.³ Dieser Umstand wird sich frühestens zum 01.05.2024 ändern, weil die Meldefristen eine frühere Umsetzung durch die Softwareanbieter unmöglich machen. Dadurch muss Medizinalcannabis zurzeit noch über ein BtM-Rezept verschrieben werden.³
§ 8 Abs. 1 des BtMVV stellt die Verschreibenden allerdings vor die Hürde, dass ein BtM-Rezept nicht für die Verschreibung eines nicht-BtM-pflichtigen Medikaments genutzt werden darf. Für dieses Dilemma wird aktuell nach einer kurzfristigen Lösung gesucht die pragmatisch ist und Retaxationen verhindert.
Den Angaben der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) nach sei daher aktuell die Verschreibung über das Freitextfeld von E-Rezepten die sinnvollste Alternative, da E-Rezepte fälschungssicher wären.³
Wenn diese technische Hürde überwunden ist, kann Medizinalcannabis auf einem „normalen“ Rezept verschrieben werden.
Auch weiterhin ist jedoch eine erstmalige Genehmigung der gesetzlichen Krankenkasse nötig⁹ und die Grundlagen für die Verordnung sind einzuhalten.⁴,¹⁰ Das Rezepturarzneimittel mit Cannabis wird dann von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet.⁹ Bei privaten Krankenkassen ist eine Erstattung ohne vorherige Genehmigung möglich, sofern die Verordnung nach den Musterbedingungen erfolgt.¹¹ Darüber hinaus gibt es auch weiterhin die Möglichkeit für Selbstzahlende Medizinalcannabis auf einem Privatrezept verschrieben zu bekommen.
So bleibt die Versorgung von Patient:innen mit qualitätsgeprüftem und standardisiertem Medizinalcannabis gewährleistet und die Verordnung wird aus medizinischer Sicht vereinfacht, wenn die ersten, technischen Startschwierigkeiten behoben sind.