Expertengremium empfiehlt die Legalisierung von Eizellspenden, das GVSG droht zur „Abrissbirne der hausärztlichen Versorgung“ zu werden und Darmbakterien können den Cholesterin-Spiegel senken. Das gibt’s in unserem Schnelldurchlauf.
Noch ist die Eizellspende in Deutschland verboten. Das könnte sich bald ändern, wenn es nach einem Expertengremium geht. Die Kommission hat kürzlich umfangreiche Empfehlungen zur reproduktiven Selbstbestimmung vorgelegt. Während die Eizellspende legal werden könnte, ist man bei der Leihmutterschaft weiter zurückhaltend – zieht sie unter sehr strengen Auflagen aber in Betracht.
Die Vorschläge der „Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin“ könnten die gesetzlichen Rahmenbedingungen in Deutschland erheblich verändern. Ins Leben gerufen wurde die Kommission von der Ampel-Koalition, um drei wichtige Fragen zu klären: Soll die Abtreibung vollständig aus dem Strafgesetzbuch getsrichen werden? Ist die Eizellspende neu zu regeln? Und sollte die Leihmutterschaft anders als bisher bewertet werden?
Das Ergebnis der Expertenrunde aus 18 Fachleuten aus den Bereichen Medizin, Psychologie, Soziologie, Gesundheitswissenschaften, Ethik und Recht sind folgende Vorschläge:
Wie geht es jetzt weiter? Auch wenn die Vorschläge der Kommission richtungsweisend sein könnten , könnte bis zur politische Umsetzung – falls sie überhaupt kommt – noch eine Weile vergehen. Innerhalb der Koalition deutet sich bislang keine Einigkeit an. Die Diskussionen könnten den Zeitrahmen der laufende Legislaturperiode locker sprengen. Insbesondere das Thema der Neuregelung des Abtreibungsrechts bleibt wohl länger umstritten, während die Vorschläge zur Eizellspende möglicherweise schneller vorangetrieben werden.
Das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) soll eines von Karl Lauterbachs Kern-Stücken werden und helfen, das deutsche Gesundheitswesen von der Pike auf zukunftssicher zu machen. An den Start gegangen war das Gesetz als Stärkung für den ländlichen Raum sowie Kommunen. So sollte die Gesundheitsversorgung „auf die vor Ort bestehenden Bedarfe“ angepasst werden und „regionale Defizite der Gesundheitsförderung und Prävention sowie der Versorgung“ wett gemacht werden. Die Mittel zur Wahl sollten dazu Gesundheitskioske sowie eine länderspezifische Einteilung in Gesundheitsregionen samt Primärversorgungszentren sein. Ergänzt werden sollte die flächendeckende Planung durch eine Steigerung der Arztzahl bzw. der Medizinstudienplätze – finanziell sichergestellt durch einen Medizinstudienplatz-Förderfonds im Rahmen des Gesundheitsfonds. Doch eben diese Ideen wurden nach Kritik als „teure und unnötige Doppelstrukturen“ nun über Bord geworfen – und haben es nicht mehr in den letzten Referentenentwurf geschafft.
„Wir haben 50.000 Ärztinnen und Ärzte in den letzten zehn Jahren nicht ausgebildet. Daher werden uns in den nächsten Jahren flächendeckend die Hausärztinnen und Hausärzte fehlen. Wir werden in eine ganz schwierige Versorgungssituation kommen“, erklärte Lauterbach zuletzt und erklärt damit auch den Fokus auf die Hausärzteschaft. Diesen steht nach aktueller Vorlage die lang ersehnte und überfällige Entbudgetierung ins Haus. Auch die Anhebung der Bagatellgrenze bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen sowie die Etablierung von Vorhalte- und Versorgungspauschalen für chronisch Kranke sind im Sinne der Hausärzte.
Grundsätzliche Zustimmung zu den Plänen gibt es auch von Seiten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.Vorstandsvorsitzender Dr. Andreas Gassen sagte: „Das [die Freiheit zur Gestaltung der Vergütungssystematiken durch die Selbstverwaltung] gilt auch für die im Entwurf zu findenden Regelungen zu neuen Pauschalen. Hierfür müssen einerseits zusätzliche Mittel bereitgestellt werden, und es sollten nicht bereits per Gesetz bis ins Detail Bedingungen für einzelne Pauschalen definiert werden. Das ist Aufgabe der gemeinsamen Selbstverwaltung.“
Zudem ist es laut Virchowbund unabdingbar, dass nun auch die Ambulantisierung im Allgemeinen weiter angegangen wird. Konkret beschreibt der Bundesvorsitzende des Virchowbundes Dr. Dirk Heinrich: „Die Entbudgetierung der Hausärzte ist dabei ein erster und überfälliger Schritt, reicht aber allein noch nicht aus, weil schlichtweg die Hausärzte fehlen werden. Versorgung wird heute schon von Haus- und Fachärzten gemeinsam gestemmt. Deshalb müssen zeitgleich mit den Hausärzten zumindest die grundversorgenden Fachärzte in einem ersten Schritt ebenfalls entbudgetiert werden.“
Die lauteste Kritik kommt derweil von Kassenseite. So hätten laut dem Vorstandsvorsitzenden des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) Dr. Dominik von Stillfried die Abrechnungskriterien der Vorhaltepauschalen – von der zwischen 2.000 und 22.000 Praxen betroffen wären – das Potenzial einen Einnahmeverlust von 18.000 bis 100.000 Euro in Jahr zu generieren. „Die geplante tiefgreifende Veränderung der hausärztlichen Vergütungsstruktur wird zur Chaotisierung der hausärztlichen Versorgung beitragen und hat das Potenzial, die medizinische Versorgung chronisch Kranker massiv zu beinträchtigen. […] Das GVSG könnte zur Abrissbirne der hausärztlichen Versorgung werden“, so Stillfried.
Seit einiger Zeit ist bekannt, dass das Darmmikrobiom die Resorption von Cholesterin aus der Nahrung beeinflusst. Forscher der Broad Institute in Cambridge, USA, wollten nun herausfinden, welche Bakterien daran beteiligt sind und wie sie die Cholesterin-Aufnahme genau verändern.
Dazu untersuchten sie 1.429 Teilnehmer der Framingham Heart Study. Sie maßen den Cholesterin-Wert in Blutproben und nutzten das sogenannte Shotgun Metagenomic Sequencing für Stuhlproben, mit dem man Mikroben im Stuhl bis auf Artenebene differenzieren kann. Sie fanden heraus, dass Teilnehmer mit einer höheren Anzahl an Bakterien der Familie der Oscillospiraceae niedrigere Cholesterin-Level hatten. Weiter konnten sie mittels Massenspektrometrie zeigen, dass Oscillibacter-Bakterien, zusammen mit anderen Bakterien, Cholesterin im Darm abbauen und somit verhindern, dass es in den Blutkreislauf aufgenommen wird.
Die Forscher hoffen, mit ihren Erkenntnissen den Weg für mögliche probiotische Therapieansätze zu ebenn. Sie geben aber auch zu, dass die Nutzung von bestimmten Bakterien als Behandlung komplex ist. Das bekannteste Beispiel, bei dem diese Therapie erfolgreich genutzt wird, sind Infektionen mit Clostridium difficile. Allerdings scheidet C. difficile Toxine aus, welche viele umliegende Bakterien tötet. Somit entsteht eine Lücke im Mikrobiom, die von den eingeführten therapeutischen Bakterien gefüllt werden kann. Patienten mit einem erhöhten Cholesterin-Spiegel hingegen haben meist ein intaktes Mikrobiom, das die Ansiedelung von neu eingebrachten Bakterien möglicherweise nicht erlaubt. Senior-Autor Prof. Ramnik Xavier gibt zu: „Es ist noch ein weiter Weg.“ Er betont aber auch die Vorteile einer probiotischen Behandlung im Gegensatz zu einer medikamentösen: „Vielleicht können wir bei Risikopatienten das Risiko in einem viel früheren Stadium senken.“
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