Was sagt der Ernährungsstil über eine Person aus? In einer aktuellen Studie wurden Menschen analysiert, die sich überwiegend oder ausschließlich vegetarisch oder vegan ernähren. Diese sind laut Mainzer Psychologen meistens weiblich, jung und höher gebildet.
Fleischlose Ernährung liegt im Trend. „Aber wir wissen tatsächlich kaum etwas darüber, wie individuelle Unterschiede in der Persönlichkeit mit der Entscheidung zugunsten einer vegetarischen Ernährung zusammenhängen“, erklärt Tamara Pfeiler zum Ausgangspunkt der Studie. Wie hoch ist der prozentuale Anteil an Personen in Deutschland, die sich vegetarisch oder vegan ernähren? Und welche Persönlichkeitsunterschiede bestehen zwischen Vegetariern und Fleisch essenden Menschen? In der kürzlich veröffentlichte Studie der Mainzer Psychologen Tamara Pfeiler und Boris Egloff auf Basis von Daten der für Deutschland repräsentativen Langzeitstudie Sozio-oekonomisches Panel (SOEP) am DIW Berlin ist die Rede von etwa sechs Prozent der Bevölkerung, die sich überwiegend oder auch ausschließlich vegetarisch oder vegan ernährt.
Die Psychologen von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz analysierten zu zwei Erhebungszeitpunkten eine Stichprobe von mehr als 5.000 Personen des SOEP-Innovationssamples, einer Teilstudie des Sozio-oekonomischen Panels. Die erste Studie mit Daten aus dem Jahr 2014 zeigte, dass sich 2,5 Prozent der Befragten als Vegetarier und 0,3 Prozent als Veganer definierten. Diese Gruppe der vegetarisch und vegan Essenden war häufiger weiblich, jünger und hatte einen höheren Bildungsabschluss als die Gruppe der Fleischessenden. Die Befragten sollten Persönlichkeitsmerkmale mittels einer Punkteskala selbst einschätzen. Im Vergleich zu fleischessenden Personen stuften sich überwiegend vegetarisch oder vegan essende Menschen offener für neue Erfahrungen, politisch interessierter und liberaler ein.
In der zweiten Studie im Folgejahr 2015 wurden zudem Personen einbezogen, die sich nicht ausschließlich, sondern nur überwiegend vegetarisch oder vegan ernährten. Insgesamt gaben 6 Prozent der Befragten an, sich überwiegend oder ausschließlich vegetarisch (5,4 Prozent) und vegan (0,6 Prozent) zu ernähren. Aus dieser Studie ging ein leicht verändertes Ergebnis hervor: Zwar waren Personen, die sich überwiegend bis ausschließlich vegetarisch und vegan ernährten, ebenfalls eher weiblich, jünger und besser gebildet. Sie hatten aber auch ein höheres Netto-Haushaltseinkommen. Darüber hinaus schätzte sich diese Gruppe nicht nur offener und liberaler ein, sie gab auch geringere Werte in der Kategorie Gewissenhaftigkeit und höhere Werte für Vertrauen in Mitmenschen an.
Die Studie zeigt zum einen, dass der Bevölkerungsanteil von vegetarisch und vegan essenden Menschen unterschiedlich ausfällt, je nachdem wie „vegetarische Ernährung“ definiert und erfragt wird. Zum anderen stellen die Autoren fest, dass die Unterschiede in Offenheit, Gewissenhaftigkeit und Vertrauen sowie in politischem Interesse und Konservatismus zwischen vegetarisch und vegan lebenden Personen und Fleischessenden auch dann noch bestehen, wenn der Einfluss von Alter, Geschlecht und Bildungsstand statistisch kontrolliert wird. „Wir können zwar sagen, dass es individuelle Unterschiede zwischen vegetarisch lebenden Menschen und Fleischessern gibt im Hinblick auf Alter, Bildung und Geschlecht sowie gewisse Persönlichkeitsmerkmale und politische Ansichten. Wir stellen aber auch fest, dass es sich gerade bei den Persönlichkeitsmerkmalen um sehr kleine Effekte handelt“, fasst Pfeiler die Ergebnisse zusammen. Der Text basiert auf einer Pressemitteilung der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Quelle: Examining the “Veggie” personality: Results from a representative German sample. Tamara M. Pfeifer et al., Appetite, doi: 10.1016/j.appet.2017.09.005; 2017