Lauterbachs Krankenhaus-Revolution ist auf der Zielgraden. Heute stellte der Bundesgesundheitsminister den Zeitplan für sein Mammutprojekt vor – nicht ohne umgehend Kritik von den beteiligten Verbänden einzustecken.
So soll das Gesetz bereits Ende diesen Monats im Kabinett beschlossen werden und somit die Grundlage zur praktischen Umsetzung geschaffen werden, erklärte Lauterbach nach dem heutigen Spitzentreffen. Ab Mai folge ein Online-Klinik-Atlas, über den sich Patienten beispielsweise über Komplikationsraten bestimmter Kliniken informieren können. Ab Herbst gebe es dann „starke Dynamik […] und plötzlich eine Riesentransparenz“ so Lauterbach. Der Minister meint damit die Durchsetzung der vorgestellten Punkte innerhalb derer die Häuser mitunter nach Vorhaltpauschalen finanziert und in Leistungsgruppen eingeteilt werden und nach Planung der Länder nur noch bestimmte einsehbare Leistungen anbieten sollen.
Mittlerweile sei man zudem nun einen Schritt weiter in der Datenanalyse und auch die Länder könnten nun in detailliertere Planungen eintreten, nachdem ein bundesweites Modell von 84.000 Zellen vorgestellt wurde. „Wir haben das Krankenhaussystem bislang im Blindflug geflogen und keine Daten über die Verteilung der Leistungen gehabt. Das ändert sich nun. […] Die Länder können für jede dieser Zellen sehen, welcher Standort welche Bedeutung für die Versorgung hat.“ Die Umstrukturierung selbst sowie mögliche Schließungen sollen durch einen Transformations-Fonds in Höhe von 50 Milliarden Euro gewährleistet werden – bereitgestellt durch Länder und GKVen.
Eng damit verbunden wird es unvermeidlich auch dazu führen, dass nach diesem „drastischen Umbau“ insgesamt weniger Kliniken geben wird, denn es sei „unstrittig, dass wir deutlich zu viele Krankenhäuser haben“, erklärt Lauterbach. Zwar kündigt der Minister an, dass es kein „unkontrolliertes Kliniksterben geben werde“, allerdings müsse „das System effizienter werden“. So bräuchte es keine 1.000 Einrichtungen, die eine Wirbelsäulenchirurgie anböten.
Friede, Freude…. Pustekuchen
Was nach einer Erfolgsgeschichte par excellence klingt, wird derweil weiterhin scharf von den entscheidenden beteiligten Playern im Gesundheitssystem kritisiert. Dabei schlagen die Spitzen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV), der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) und der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände in die gleiche Kerbe, die da heißt „mangelnde Kommunikation“: „Bevor die kommenden Gesetzentwürfe ins parlamentarische Verfahren gehen, muss Minister Lauterbach daher endlich in den Dialog mit denjenigen treten, die die Versorgung täglich gestalten! […] Immer wieder bezeichnet er Organisationen mit gesetzlich festgelegten Aufgaben als „Lobbygruppen“ und verweigert Gespräche mit ihnen“, verkünden die Verbände unisono.
Noch konkreter wird der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft Dr. Gerald Gaß: „Die große Krankenhausstrukturreform wurde von Seiten des Ministeriums so schlecht gemanagt, dass man praktisch von einem Scheitern sprechen muss. Stand heute liegt noch nicht einmal ein abgestimmter Referentenentwurf für ein mittlerweile nur noch nicht zustimmungspflichtiges Gesetz vor. Der bekannt gewordene „Nichtentwurf“ beschreibt über 15 Seiten den Aufwuchs an Bürokratie, ohne dass die zentralen Ziele des Gesetzes auch nur ansatzweise erreicht werden. Eine Vorhaltefinanzierung, die nachweislich ihre Wirkung verfehlt, eine Krankenhausplanung nach Leistungsgruppen, die sich weit vom NRW-Modell entfernt hat und mehr Fragen aufwirft als Antworten gibt und ein Transformationsfonds, den im Wesentlichen die Beitragszahler der gesetzlichen Krankenkassen finanzieren. Insgesamt eine desaströse Bilanz nach zweieinhalb Jahren Regierungszeit.“
Ob das System letztlich erfolgreich sein wird und das hält, was sich der Bundesminister davon verspricht, soll 2029 in einer Evaluation erstmals erhoben werden – viel zu spät wie Fachleute wie Gaß finden. Böse Zungen könnten meinen, dass die Zeit, die nach der übereilten Evaluierung der Hybrid-DRG nun der Klinikreform „zu Gute komme“.
Bildquelle: Brandon Holmes, unsplash