Die S3-Leitlinie zum Lungenkrebs wurde überarbeitet. Spoiler: Viel geändert hat sich nicht. Auf welche Stellen des Mammutwerks ihr aber nochmal ein Auge werfen solltet, erfahrt ihr hier.
Beim Lungenkarzinom ist vieles anders: Es ist in Deutschland mit jährlich fast 60.000 neu Erkrankten besonders häufig, und mit 45.000 Gestorbenen besonders tödlich. Charakteristisch ist auch, wie oft der Mensch selbst dazu beiträgt: 85 Prozent der Lungenkarzinome gehen auf das Konto des Rauchens, weitere 10 Prozent sind beruflich bedingt. Knapp 300 Menschen sterben laut Hochrechnungen sogar an den Folgen des Passivrauchens.
Es gibt eine ganze Reihe verschiedener histologischer Subtypen: Grob die Hälfte sind Adenokarzinome, gefolgt von Plattenepithelkarzinomen und den kleinzelligen Lungenkarzinomen sowie weiteren Subtypen. Teilweise sind die Subtypen bei Männern und Frauen deutlich anders verteilt.
Insgesamt ergibt das Lungenkarzinom bei den vielen Subtypen mit ihren verschiedenen Stadien eine große Vielfalt an Konstellationen. Kein Wunder also, dass die jetzt in der Version 3.0 veröffentlichte S3-Leitlinie Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Lungenkarzinoms ein Werk der Superlative geworden ist: 30 Fachgesellschaften und Organisationen haben auf knapp 600 Seiten über 350 Empfehlungen und Statements verabschiedet und dabei mehr als 1.600 Quellen zitiert. Die Federführung hatten die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) und die Deutsche Krebsgesellschaft. Über die App des Leitlinienprogramms Onkologie ist das Werk auch in einer für das Smartphone optimierten Version stets griffbereit.
Alle Empfehlungen und Statements wurden geprüft, aber nur gut zwei Dutzend wurden aktualisiert oder neu formuliert. Beim Alten geblieben sind etwa die Empfehlungen und Statements zu Epidemiologie, Prävention und Früherkennung. Dort heißt es zum Beispiel: „Die Notwendigkeit eines Früherkennungsprogramms ist unumstritten.“ Damit ist allerdings kein Screenen der Gesamtbevölkerung gemeint, sondern ein Angebot für langjährige Raucher, die ihrem Laster noch frönen oder ihm vor weniger als 10 Jahren abgeschworen haben. Mit einer Früherkennung mit Low-Dose-Computertomographie ließen sich etwa 13 Prozent der Lungenkrebstodesfälle verhindern. Von Thoraxübersichtaufnahmen, Sputumzytologie, Bronchoskopie oder Biomarkern zur Untersuchung symptomfreier Menschen rät die Leitlinie dagegen ab.
Den weit größten Teil der Leitlinie nehmen die Therapien ein. Allein die Behandlung des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms kommt auf knapp 200 Seiten mit mehr als 150 Empfehlungen und Statements. Dieses Kapitel hat auch mit Abstand die meisten neuen oder überarbeiteten Aussagen. Von den 12 neuen Empfehlungen und Statements entfallen allein fünf auf die Systemtherapie bei Patienten mit Plattenepithelkarzinom ohne therapierbare genetische Alterationen.
Die Aussagen zur Behandlung des kleinzelligen Lungenkarzinoms, das etwa 16 Prozent aller Lungenkrebsfälle ausmacht, sind dagegen unverändert. Das Besondere an diesem Subtyp ist seine Aggressivität – unbehandelt überleben Patienten im Schnitt weniger als drei Monate – und gleichzeitig sein gutes Ansprechen auf Therapien. Ohne Fernmetastasen ist es potenziell sogar heilbar.
Angesichts der massiven Interventionen und dem oft fatalen Ausgang der Krankheit bekam die Patientenaufklärung ein eigenes Kapitel. So legt ein Statement Ärzten nahe, ihre Gesprächskompetenzen durch ein strukturiertes Kommunikationstraining zu verbessern. Nicht heilbaren Patienten sollen sie Offenheit für ein Gespräch über das Sterben vermitteln.
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