Geeignete T-Zellen für Immuntherapien zu identifizieren, ist mühsam und zeitaufwändig. Ein neuer Ansatz könnte das Verfahren jetzt vereinfachen und beschleunigen. Lest hier, wie KI dabei helfen kann.
Personalisierte zelluläre Immuntherapien gelten als vielversprechende Behandlungsoptionen gegen verschiedene Krebsarten. Einer der derzeit erprobten Therapieansätze sind die sogenannten T-Zell-Rezeptor transgenen T-Zellen. Die Idee dahinter: Die therapeutischen T-Zellen werden im Labor so ausgestattet, dass sie den individuellen Tumor besonders gut erkennen, um den Krebs effektiv bekämpfen zu können.
Die Entwicklung solcher Therapien ist ein komplizierter Prozess. Zunächst isolieren Ärzte aus den Tumorgewebeproben der Patienten tumorinfiltrierende T-Zellen (TILs). Diese Zellpopulation wird dann nach solchen T-Zell-Rezeptoren durchsucht, die Proteinmerkmale der Krebszellen erkennen und die Zellen abtöten können. Diese Suche erforderte bislang die Kenntnis der tumorspezifischen Erbgut-Mutationen, die zu Proteinveränderungen führen, die das Immunsystem erkennt.
Ist ein geeigneter T-Zell-Rezeptor gefunden, werden dessen Gene in Immunzellen gesunder Spender eingebracht. Dieser Schritt ist notwendig, um die therapeutischen T-Zellen in der für eine Immuntherapie erforderlichen Anzahl herzustellen. „Den passenden T-Zell-Rezeptor zu finden, ist wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen, kostspielig und zeitaufwändig“, sagt Michael Platten, Abteilungsleiter im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und Direktor der Klinik für Neurologie der Universitätsmedizin Mannheim. „Mit einer Methode, mit der wir unabhängig von der Kenntnis der jeweiligen Tumorepitope tumorreaktive T-Zell-Rezeptoren identifizieren können, ließe sich der Prozess erheblich vereinfachen und beschleunigen.“
Ein neues Verfahren, mit dem genau dieses Ziel erreicht werden kann, stellt ein Team um Platten und Ko-Studienleiter Ed Green nun vor. Als Ausgangspunkt isolierten die Forscher dazu TILs aus einer Hirnmetastase eines Melanom-Patienten. Diese Immunzellen wurden zunächst alle einzeln sequenziert und ihre T-Zell-Rezeptoren im Labor einzeln getestet. Damit identifizierten die Forscher solche TILs, die Tumorzellen des Patienten erkannten und abtöteten.
Anhand dieser Ergebnisse und der Sequenzdaten trainierten die Forscher ein KI-Modell, um vorherzusagen, welche T-Zell-Rezeptoren tumorreaktiv sind. Der daraus resultierende Klassifikator predicTCR konnte tumorreaktive T-Zellen aus TILs mit einer Genauigkeit von 90 Prozent identifizieren. Der Algorithmus funktioniert bei vielen verschiedenen Tumorarten und berücksichtigt Daten aus verschiedenen Sequenzierungstechnologien. „Mit predicTCR können wir die Zeit, die für die Identifizierung personalisierter tumorreaktiver T-Zell-Rezeptoren benötigt wird, unabhängig von der Krebsart von mehr als drei Monaten auf wenige Tage verkürzen“, so Green. „Wir konzentrieren uns nun darauf, diese Technologie hier in Deutschland in die klinische Praxis zu bringen.“
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung des Deutschen Krebsforschungszentrums. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Christopher Burns, Unsplash