Screenings beim Hausarzt könnten nach einer EU-Studie zur Routineuntersuchung werden, um Schlaganfälle frühzeitig zu erkennen. Wem der 5-Minuten-Test empfohlen wird und warum, lest ihr hier.
Risikopatienten sollten bei jedem Arztbesuch auf Vorhofflimmern getestet werden. Das geht aus den Ergebnissen des AFFECT-EU-Projekts hervor. Patienten mit einem hohen Risiko für die Erkrankung, zum Beispiel solche mit Herzinsuffizienz oder einem früheren Schlaganfall, sollten laut dem Projekt zu einem Screening-Test eingeladen werden.
Die wissenschaftliche Koordinatorin Prof. Renate Schnabel vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf sagt: „Ein Screening auf Vorhofflimmern kann nicht diagnostiziertes Vorhofflimmern aufdecken, so dass die Erkrankung entsprechend den Leitlinien behandelt werden kann, einschließlich der Einleitung einer gerinnungshemmenden Medikation zur Verhinderung von Schlaganfällen. AFFECT-EU ist zu dem Schluss gekommen, dass ein opportunistisches Screening, bei dem Risikogruppen untersucht werden, sowie die gezielte Ansprache von Patienten mit besonderem Risiko ein produktiver und kosteneffizienter Weg sein kann, um das Screening europaweit einzuführen.“
Vorhofflimmern ist weltweit die häufigste Herzrhythmusstörung. Es wird erwartet, dass sich die Zahl der Erwachsenen ab 55 Jahren, die in der EU mit dieser Erkrankung leben, von 8,8 Millionen im Jahr 2010 auf 17,9 Millionen im Jahr 2060 mehr als verdoppeln wird. Menschen mit Vorhofflimmern haben ein bis zu fünfmal höheres Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden. Die Störung hat oft keine Symptome und bleibt unerkannt – bis zum Auftreten eines Schlaganfalls.
Das von der EU finanzierte, vierjährige Projekt AFFECT-EU brachte Fachkräfte des Gesundheitswesens, Patientenvertreter, Kostenträger und die Industrie in einem Konsortium aus 26 Partnern – darunter die Europäische Gesellschaft für Kardiologie (ESC) – zusammen, um eine praktikable Strategie zur Früherkennung von Vorhofflimmern für die Gesundheitssysteme in ganz Europa festzulegen. Das Ziel: nachfolgende Schlaganfälle und den vorzeitigen Tod verhindern.
In einer aktuellen Metaanalyse mit 35.836 Teilnehmern stellt das Konsortium fest, dass das Screening auf Vorhofflimmern die Zahl der Schlaganfälle reduzieren kann. Eine weitere Studie des Konsortiums in elf europäischen Ländern ergab, dass es keine nationalen Screening-Programme gibt und Vorhofflimmern meist bei Patienten mit Symptomen entdeckt wurde. In einer Umfrage in 18 europäischen Ländern gaben Hausärzte jedoch an, dass das Screening auf Vorhofflimmern fast so wichtig sei wie das Screening auf häufige Krebserkrankungen.
Eine anschließende Analyse zeigte, dass das Screening unabhängig von der Methode (z. B. opportunistisch oder gezielt) zu Einsparungen bei den Kosten im Zusammenhang mit Schlaganfällen führt. Die Projektmitglieder entwickelten daraufhin einen Rechner zur Analyse der Auswirkungen auf das Budget, der von Gesundheitsbehörden und Kostenträgern verwendet werden kann, um die finanziellen Auswirkungen der Einführung eines Screening-Programms über einen Zeitraum von fünf Jahren abzuschätzen.
In Bezug auf die Frage, wer ein erhöhtes Risiko für Vorhofflimmern oder Schlaganfall hat und daher gescreent werden sollte, ergaben die Studien der Konsortiumsmitglieder folgende Risikofaktoren: zunehmendes Alter, Übergewicht, Bluthochdruck und hohe Blut-Werte des N-terminalen B-Typ natriuretischen Peptids (NT-proBNP), das üblicherweise zur Diagnose von Herzversagen getestet wird.
Projektleiter Daniel Engler vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf sagt: „Menschen mit Vorhofflimmern haben ein höheres Risiko, schwer behindert zu werden oder an einem Schlaganfall oder einer Herzinsuffizienz zu sterben, als Menschen ohne Vorhofflimmern. Prävention ist daher ein Muss, um die Morbidität zu verringern und eine hohe Lebensqualität zu erhalten. AFFECT-EU hat den Weg für gut umgesetzte Screening-Programme für Vorhofflimmern geebnet, die die Zahl der Neudiagnosen erhöhen und zu einer leitliniengerechten Versorgung führen, wodurch das Schlaganfallrisiko und die Krankheitslast durch Vorhofflimmern verringert werden.“
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Europäische Gesellschaft für Kardiologie. Hier findet ihr die Originalpublikationen.
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