Virophagen, die in das Genom von Eukaryoten eingebaut sind, wurden in der Forschung lange übersehen. Nun zeigen Wissenschaftler, dass sie den Wirt gegen Riesenviren verteidigen können.
Entgegen der weit verbreiteten Meinung sind nicht alle Viren für Organismen schädlich. Manchmal können Viren ihre Wirte sogar vor der Infektion durch andere Viren schützen. Wissenschaftler haben nun gezeigt, dass dies bei endogenen Virophagen der Fall ist: kleine DNA-Viren, die meist in das Genom von einzelligen Eukaryoten eingebaut sind. Darüber hinaus zeigen die Forscher, dass Virophagen sehr spezifisch gegenüber Riesenviren sind, da es viele verschiedene Virophagen-Typen gibt und nicht alle auf dasselbe Riesenvirus reagieren.
In einer neuen Publikation, die in PNAS veröffentlicht wurde, berichten Anna Koslová, Matthias Fischer und Kollegen vom Max-Planck-Institut für medizinische Forschung sowie Thomas Hackl von der Universität Groningen, dass endogene Virophagen im marinen Zooplankter Cafeteria burkhardae reaktiviert werden, wenn ihr Wirt auf ein Riesenvirus trifft. In ihrer Studie analysierten sie diesen Prozess bei der Infektion mit dem lytischen Riesenvirus CroV.
Elektromikroskopische Aufnahme des Riesenvirus CroV (blau gefärbt) neben zwei Virophagen (rot gefärbt). Credit: MPI für medizinische Forschung
Die Autoren untersuchten mehrere Zooplankton-Populationen aus der ganzen Welt und fanden Virophagen-Aktivität im Atlantik, im Pazifik und in der Ostsee. Ihre Analyse zeigt, dass alle Virophagen in der Lage waren, ihre Wirtspopulationen vor CroV zu schützen: Einmal aus der infizierten Wirtszelle freigesetzt, können die Virophagen-Partikel die Produktion weiterer Riesenviren in der nächsten Infektionsrunde verhindern – die Population der Wirtszellen überlebt. Bislang war die Reaktivierung von Virophagen nur für einen labortechnisch veränderten Organismus nachgewiesen worden; zudem blieb es unklar, ob endogene Virophagen aus der Umwelt einen echten Schutz gegen Riesenviren bieten könnten.
Interessanterweise stellten die Wissenschaftler fest, dass Virophagen sehr spezifisch auf ihre Beute, das Riesenvirus, reagieren. Von mehreren verschiedenen Versionen endogener Virophagen, die in den Genomen von Cafeteria burkhardae eingebettet sind, reagierte nur ein Typ auf das Riesenvirus CroV. Andere Virophagen schützen möglicherweise vor anderen Riesenviren, die noch entdeckt werden müssen.
„Jeder Virophage hat sich offenbar so entwickelt, dass er nur eine Art von Riesenvirus angreift“, sagt Fischer, der die Studie leitete. „Eukaryoten, insbesondere einzellige Protisten, tragen viele verschiedene Virophagen in ihrem Genom, die wahrscheinlich als Verteidigungsarsenal dienen. Je mehr unterschiedliche Virophagen eine Zelle hat, desto besser kann sie ihre Nachbarn gegen eine Vielzahl von Riesenviren schützen. Was wir hier zeigen, ist wahrscheinlich nur eines von vielen Beispielen dafür, dass Viren auch positive Auswirkungen auf ihre Wirte haben können.“
Dieser Beitrag basiert auf einer Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für medizinische Forschung. Die Originalstudie haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Resource Database, Unsplash