Mit klaren Worten zum Status quo des deutschen Gesundheitswesens startete gestern der 10. SpiFa-Fachärztetag. Auch der Bundesgesundheitsminister stand auf dem Podium. Was er zu sagen hatte, lest ihr hier.
„Die Ärzte sind beunruhigt und warten auf Reformen. Sie haben Zukunftsängste – wie auch die medizinischen Fachangestellten oder der Nachwuchs“, macht Dr. Dirk Heinrich, Vorstandsvorsitzender des Spitzenverbands der Fachärzteschaft (SpiFa), gleich zu Beginn des 10. SpiFa-Fachärztetags klar. Damit deutete Heinrich bereits auf die die inhaltliche Schlagrichtung hin, die auch in den Panels angesetzt war und machte mit dem Verweis auf das übergeordnete Gesamtproblem des demografischen Wandels deutlich, wo die größten Baustellen sind.
„Wir werden das Tal des Ärztemangels durchschreiten. Entsprechend müssen wir möglichst viele Ärzte im Beruf halten – auch bis sie 70 Jahre sind. Ein wesentliches Element dazu ist die persistente Ungerechtigkeit namens Budgetierung. Diese Ungerechtigkeit muss beendet werden. Aber wenn ich als Arzt merke, dass mir immer Knüppel zwischen die Beine geworfen werden, dann gehe ich eben in Rente.“
Neben der Adressierung an die Politik unterstrich Heinrich auch gegenüber den Kassen die Bedeutung dieses Punktes mit einem Vergleich in Sachen Vergütung: „Liebe Krankenkassen, gestehen Sie auch unserem medizinischen Fachpersonal die Entlohnung zu, die Sie Ihren eigenen Sozialversicherungsfachangestellten gewähren.“
In diesem Jahr stand auch Bundesgesundheitsminister Lauterbach zum persönlichen Austausch auf dem Podium. Sichtlich darum bemüht die zuletzt aufgekommenen Wogen mit der DKG und Klinikärzteschaft zu glätten, hatte der Minister jede Menge Ankündigungen im Gepäck, die in der Ärzteschaft wohlwollend aufgenommen wurden.
Insbesondere der zeitliche Fahrplan sowie der Inhalt des Versorgungsstärkungsgesetz 1 sollte wohl Musik in den Ohren der Ärzte sein. Nicht, dass dieses „bereits in der finalen Abstimmung“ sei und „bald vorgestellt werden könnte“, auch sei darin eine „Honorreform geplant, die beispielsweise die Entbudgetierung der Hausärzte vorsieht sowie bestimmter fachärztlicher Leistungen in Problembezirken.“ Zudem sollen nach Absprache mit KBV und Hausärzteverband die quartalsmäßige Abrechnungen im hausärztlichen Bereich abgeschafft und gegen eine Jahrespauschale ersetzt werden. Auch auf den Arzneimittelregress werden man verzichten, der „aus der Zeit gefallen ist und in einer Kultur des Misstrauens geschaffen wurde. Der wird kippen – ebenso wie wir investorenbetriebene MVZ drastisch einschränken“, so Lauterbach.
Dass der Minister zudem in Sachen Digitalisierung und KI Reformwillen bezeugte, machte – als eigenes „Herzensprojekt“ – weniger aufmerksam, als die Tatsache, dass er nun aufgeschlossener sei gegenüber bisher vernachlässigten Themen wie der GOÄ, die zu lang liegen blieb.
Zuletzt appellierte Lauterbach, trotz der beschworenen und vorgelebten guten Laune, dass Themen wie Gesundheitskioske nicht als „mediale Nebenkriegsschauplätze aufgebauscht werden vor denen dann die anderen wichtigen Reformen untergehen“.
In diesem Jahr erhielt der medizinische Nachwuchs mit einem eigenen Panel eigenen Raum, über Themen der Ausbildung sowie der Art des digitalen Lernens zu sprechen. SpiFa-Hauptgeschäftsführer Robert Schneider freut sich über die Beteiligung des Nachwuchses: „Der SpiFa sieht sich als Vertreter aller fachärztlichen Berufsgruppen in Klinik und Praxis. Entsprechend wichtig sind auch der Austausch mit den Fachärztinnen und Fachärzten der Zukunft und der Blick auf deren künftige Interessen.“
Auch Lauterbach hatte indes trotz der nicht mehr abzuwendenden Personalflaute betont, dass er sich sowohl für das Mehr an Studienplätzen einsetze als auch den Weiterbildungsbereich stärken wolle. Die gezielte Zuwanderung und Anwerbung von Personal könne nicht zum Dauerzustand und löse das Problem nicht in der Ursache.
Auch in den Sessions war weniger von politisch-ärztlicher Spannung zu spüren, als dass es auch in den Sachdiskussionen auf ein konstruktives Miteinander ankomme, wie der Ärztepräsident mit seinem Statement zur Frage der Gesundheitsversorgung der Zukunft deutlich machte: „Wir müssen lernen, dass wir unabhängig werden von Ideologie. Dass wir sachlich miteinander reden, denn wir werden viel weniger Menschen werden, die mehr Menschen versorgen müssen.“
Eine konkrete Vorstellung auf eine Versorgung nach der anstehenden Krankenhausreform erklärte Prof. Tom Bschor, Koordinator der Regierungskommission Krankenhausversorgung: „Ich stelle mir für die Zukunft der Versorgung vor, dass wir in Ballungsräumen weniger Krankenhäuser, weniger Betten haben. Die, die wir dann aber haben, arbeiten sektorenübergreifend. Das kostet weniger Geld insgesamt. Und mit dem was an Mitteln frei wird, können wir die anderen stabilisieren und die Qualität der Versorgung verbessern.“
Fachbereichs- und Reformübergreifend formulierte Karin Maag, unparteiisches Mitglied des Gemeinsamen Bundesausschusses, was es braucht: „Damit alles so bleibt wie es ist, muss sich alles ändern.“
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