Bislang ging man davon aus, dass die chronisch traumatische Enzephalopathie im Neocortex beginnt. Doch das scheint nicht immer der Fall zu sein, wie eine neue Untersuchung jetzt zeigt.
Die chronisch traumatische Enzephalopathie (CTE) ist eine neurodegenerative Erkrankung, bei der sich abnormes Tau-Protein in einem bestimmten Muster in bestimmten Hirnregionen ansammelt. Bisherige Studien deuten darauf hin, dass die CTE im Neocortex beginnt, von wo aus sie sich dann auf damit verbundene Hirnregionen ausbreitet. Später, im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung, sind auch tiefere Hirnregionen wie der mediale Temporallappen und der Hirnstamm betroffen – und in der Regel kommt es zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Neocortex.
In einer neuen Studie der Boston University School of Medicine fanden Forscher heraus, dass eine von sechs Personen mit CTE im fortgeschrittenen Stadium erstaunlich geringe Mengen an Tau-Pathologie in ihrem Neocortex aufweist. Diese neu identifizierte Form der CTE, die so genannte cortical-sparing CTE (CSCTE), wies stattdessen eine höhere Konzentration von Tau-Pathologie in den medialen Temporallappen und Hirnstammregionen der Betroffenen auf.
„Dieses Muster der Tau-Pathologie deutet darauf hin, dass es sich bei CSCTE möglicherweise um einen eigenständigen Subtyp von CTE mit einer anderen zugrundeliegenden Biologie handelt“, erklärt die Erstautorin Abigail Alexander, die die Studie durchführte. „Außerdem litten Personen mit CSCTE seltener an Demenz und hatten weniger schwere kognitive Beeinträchtigungen als Personen mit typischer CTE. Allerdings traten bei ihnen Verhaltens- und Bewegungssymptome tendenziell früher auf.“
Die Gehirne aus der Studie Understanding Neurologic Injury and Traumatic Encephalopathy (UNITE) wurden neuropathologisch auf CTE untersucht, während Online-Befragungen und Telefoninterviews mit den nächsten Angehörigen sowie eine Überprüfung der klinischen Unterlagen dazu dienten, retrospektive klinische Informationen zu sammeln.
Die Forscher sind der Ansicht, dass weitere Studien erforderlich sind, um die Existenz von CSCTE zu bestätigen und ihre klinischen Auswirkungen zu verstehen. Sie stellen jedoch fest, dass dieses Ergebnis wichtige Auswirkungen auf die Diagnose und Behandlung von CTE haben könnte.
„Wenn bestätigt wird, dass es sich bei CSCTE um einen eigenständigen Subtyp von CTE handelt, müssen möglicherweise neue Diagnoseinstrumente und Behandlungsansätze entwickelt werden, die speziell auf diese Form der Krankheit zugeschnitten sind“, fügte der korrespondierende Autor Thor Stein, Neuropathologe am VA Boston und Bedford Healthcare Systems und außerordentlicher Professor für Pathologie und Labormedizin an der Boston University Chobanian & Avedisian School of Medicine hinzu. „Dies könnte uns helfen zu verstehen, warum Menschen mit CTE unterschiedliche Symptome haben können, und letztlich zu besseren Ergebnissen führen.“
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Boston University School of Medicine. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: KOMMERS, Unsplash