Übermäßige Magensäureproduktion kann eine Qual sein. PPI lindern die Beschwerden effektiv – doch Ärzte und Apotheker warnen vor den Nebenwirkungen. Aber sind PPI wirklich der Beelzebub, mit dem man den Refluxteufel austreibt?
Wein ist tabu, die Schuhe im Stehen zubinden ebenfalls und essen nach acht Uhr sowieso – wer zu viel Magensäure produziert, ist in seinem Alltag stark eingeschränkt. Dazu kommen Magenschmerzen und die psychische Belastung durch die Angst, dass hochsteigende Magensäure Speiseröhre und Stimmbänder auf Dauer schädigen könnte. Unter all den Mitteln und Mittelchen, die den Magen beruhigen und das Hochsteigen der Säure verhindern sollen, hat vor allem eine Medikamentengruppe oft durchschlagenden Erfolg: Protonenpumpenhemmer (PPI).
Sie setzen an der Ursache der Beschwerden an, indem sie die Produktion der Magensäure reduzieren. Mit der passenden Dosierung ist oft ein beschwerdefreies Leben möglich. Seit 2009 sind niedrigdosierte PPI auch ohne Rezept erhältlich. Doch die allseits befeuerte Sorge vor den Nebenwirkungen der PPI lässt Patienten immer wieder Versuche unternehmen, die Mittel abzusetzen – mit dem Ergebnis, dass die Beschwerden innerhalb weniger Tage wiederkommen. Und der Leidensdruck lässt sie über kurz oder lang dann doch wieder zur Tablette greifen.
Aber sind PPI wirklich der Beelzebub, mit dem man den Refluxteufel austreibt? Klare Kante zeigt die schon im März vergangenen Jahres erschienene S2k-Leitlinie Gastroösophageale Refluxkrankheit und eosinophile Ösophagitis, die sich auf ihren 72 Seiten unter anderem mit den Langzeitfolgen der PPI befasst. Fazit: „Insgesamt kann man heute festhalten, dass PPI weiterhin Medikamente mit exzellentem Sicherheitsprofil sind. […] Die gegenwärtige Hysterie, die insbesondere auch Patienten verunsichert, die diese Medikamente dringend brauchen und auch bei Ärzten zu therapeutischen Fehlschlüssen mit Gefahrenpotential führen, ist erschreckend und angesichts der Datenlage unangemessen.“
Die Autoren diskutieren Qualität, Signifikanz und Effektstärke der ausgewerteten Studien und halten fest:
Trotzdem sollen auch PPI nur entsprechend der Indikation und nicht länger als nötig konsumiert werden, betont die Leitlinie und fügt hinzu: „Eine ärztliche Verhaltensweise, die eigentlich als selbstverständlich gelten sollte.“
Erstaunlich ist, dass sich die klare Aussage der Leitlinie zur PPI-Einnahme bislang offenbar kaum herumgesprochen hat. Das Portal gesundheitsinformation.de beispielsweise zitiert in seinem Beitrag Sodbrennen und Refluxkrankheit noch die Vorgängerversion von 2014. Vielleicht, weil die Leitlinie selbst der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) als federführender Fachgesellschaft nicht einmal eine Pressemitteilung wert war.
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