Wenn ein Freund oder Angehöriger Opioide wegen einer medizinischen Indikation erhält, steigt das Risiko, die Medikamente selbst zu missbrauchen. Das zeigt eine aktuelle Studie mit US-amerikanischen Daten.
Das persönliche Umfeld ist eine der wichtigsten illegalen Bezugsquellen zum Missbrauch opioidhaltiger Schmerzmittel in den USA. Über die Hälfte aller US-Amerikaner, die Schmerzmittel missbrauchen, haben zwischen 2010 und 2019 Medikamente aus dem Freundes- und Familienkreis erhalten. Meist, nachdem diese Menschen wegen schwerwiegender Verletzungen oder Operationen die verschriebenen Mittel übrighatten. Das zeigt eine Studie von ZEW Mannheim gemeinsam mit weiteren Forschungseinrichtungen, in der europäische und US-amerikanische Wissenschaftler die Opioid-Epidemie auf Basis von Längsschnittdaten aus den USA beleuchten.
„Unsere Ergebnisse verdeutlichen, dass das persönliche Umfeld nicht nur die Quelle für Medikamente, sondern auch maßgeblich für deren Missbrauch ist. Es sind dringend weitere Präventionsmaßnahmen notwendig, um die Opioid-Epidemie in den USA einzudämmen. Eine stärkere Aufklärung der Jugendlichen über die Risiken von Drogen könnte helfen, beispielsweise mit Kampagnen in TV und Social Media“, sagt Co-Autorin Dr. Effrosyni Adamopoulou.
17 Prozent der Bevölkerung zwischen 25 und 34 in den Vereinigten Staaten missbrauchten 2008 Schmerzmittel. Die Forscher haben den Einfluss des Freundeskreises untersucht, um zu sehen, wie sich dieser Missbrauch entwickelt. Hier zeigt sich: Ist man mit einer Person befreundet, die in den vergangen zwölf Monaten eine schwere Verletzung oder einen operativen Eingriff hatte, so ist es um sieben Prozentpunkte wahrscheinlicher, selbst Opioide zu missbrauchen.
Wahrscheintlichkeitszunahme, Opioide zu Missbrauchen. Credit: ZEW
Der Gruppen-Effekt wirkt sich besonders stark auf Menschen ohne Hochschulabschluss aus. Während die Wahrscheinlichkeit für Menschen mit College-Abschluss um drei Prozentpunkte steigt, nimmt sie für Menschen ohne Abschluss sogar neun Prozentpunkte zu. „Wir sehen einen besorgniserregenden Zusammenhang zwischen Freundschaften und dem Missbrauch von verschreibungspflichtigen Medikamenten in den USA. Studien belegen, dass der anfangs leichte Zugang zu Opioiden später zu einer Abhängigkeit von illegalen, aber preislich billigeren Drogen wie Heroin und auch zu Straftaten wie Kindesmissbrauch führen kann. Es entwickelt sich eine Spirale, die das gesamte restliche Leben der Betroffenen massiv negativ beeinflusst“, sagt Adamopoulou.
„Um sicherzustellen, dass die Freundschaft bereits vor dem Medikamentenkonsum bestand, haben wir die Daten von Opioid missbrauchenden Erwachsenen zwischen 25 und 34 Jahren und deren besten Freundinnen oder Freunden aus Schulzeiten ausgewertet. Die Freundschaften wurden also mindestens 14 Jahre vor der Untersuchung geschlossen. Sie sind demnach nicht wegen der Medikamente in Kontakt zueinander gekommen. Der Medikamenten-Missbrauch entstand umgekehrt durch die Freundschaft“, erläutert Adamopoulou.
Die Untersuchung beruht auf Daten des National Longitudinal Survey of Adolescent Health (Add Health), das seit 1994 Längsschnittdaten zum Gesundheitszustand der US-amerikanischen Bevölkerung erhebt. An der ersten Befragungswelle nahmen über 20.000 Personen teil. Die Forscher nutzten Daten aus drei Wellen. Die Daten beinhalten unter anderem Informationen zu Demographie, Gesundheit und Elternhaus. Zudem wurden Interviews zu Hause durchgeführt, die unter anderem enge Freundschaften abfragten. Die Freunde waren ebenfalls Teil der Erhebung, sodass die Daten von Freunden ausgewertet werden können.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
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