Hier eine PIN, da eine TAN – dazu noch IBAN, LANR und EFN. Als Arzt hat man sich jede Menge Zahlen zu merken. Noch verkaufe ich meinem Gehirn den Nummern-Salat als Gedächtnistraining. Doch wo soll das alles enden?
Ich habe mal irgendwo die Theorie gelesen, dass Kinder heutzutage immer schlechter in Mathe werden, weil sie Zahlen nicht mehr als Mengen begreifen (welches Kind geht heute noch für die Eltern einkaufen oder Brötchen holen?), sondern nur noch als Bezeichnung (Telefonnummern, PIN, etc.). Ich finde das absolut nicht abwegig – denn gefühlt werden es auch bei mir langsam mehr Nummern, als ich mir merken kann.
Erstmal die „allgemeinen Nummern“, die sich ja jeder Erwachsene merken muss: PIN für Bankautomaten, PIN für Online-Banking, PIN für Handy, am besten noch IBAN, Zahlen/Buchstabenpasswörter für das Email-Account, etc.
Schon da wohnen zwei Seelen in meiner Brust: Natürlich soll das alles immer möglichst sicher sein und regelmäßig gewechselt werden (wenn z.B. beim Handy möglich, bei der Bank kommen die PINs, wie sie kommen), aber irgendwann wird das einfach unpraktikabel. Ja, Passwortmanager sind schön, aber funktionieren auch nicht für alles (z.B. PINs, die man außerhalb des Handys eingeben muss).
Dann gibt es noch Nummern, die man sich nicht merken muss, aber wo man zumindest wissen muss, wo man sie findet: Steuernummer (bitte nicht verwechseln mit der Steuer-ID, die bei meinen Kindern im ersten Brief waren, den sie bekommen haben), Sozialversicherungsnummer, etc.
Als Arzt braucht man dann noch die LANR (Lebenslange ArztNummeR) und die Betriebsstättennummer bei der man arbeitet (auch als Angestellter muss die z.B. bei Hausbesuch-Rezepten mit im Rezept eingetragen werden), die EFN (Einheitliche Fortbildungsnummer), und natürlich die zwei unterschiedlichen (Transport- und Signatur-)PINs für den eHBA, wobei sich für die Extra-Sicherheit noch immer die Ziffern auf dem Panel ändern, was ein schnelles Eingeben faktisch unmöglich macht.
Und dann kam die Selbständigkeit. Das absolute Grauen. Seitdem schlage ich mich mit noch mehr Nummern rum. Dabei fängt es ganz langsam an: Der zweite Satz Banking-PINs für das Geschäftskonto (ich habe, damit ich das beim Online-Banking nicht verwechsle, extra zwei verschiedene Authentifikationsverfahren genommen, damit ich das immer richtig mache, was von welchem Konto kommt). Die Betriebsstättennummer konnte ich recht schnell auswendig, weil ich sie so oft am Anfang überall eintragen musste. Aber als es dann auch noch eine Betriebsnummer (ohne „-stätten-“) gab, die man braucht, kam ich mehrfach ins Schleudern. (Für diejenigen, die auch gerade das Gefühl haben, es gehe um die „judäische Volksfront“ oder die „Volksfront von Judäa“ beim Leben des Brian: Die BetriebsSTÄTTENnummer ist von der KV, die Betriebsnummer braucht man für den „nichtärztlichen Teil“ mit Angestellten/BG, etc.).
Ach ja, und der SMCB – der „Praxisausweis“ für die Telematik. Auch der hat eine PIN und die darf natürlich auch nicht verwechselt werden mit der der verschiedenen Arzt-eHBAs (auch wenn die am selben Panel eingegeben werden). Das hat bei uns schon so manches Mal morgens erstmal für Hektik gesorgt, wenn anstatt der eHBA-PIN erstmal die SMCB-PIN eingegeben werden musste. (Und bei je drei anwesenden Ärzten sollte man auch bitte nicht mit den PINs der verschiedenen eHBAs beim Einrichten der Komfort-Signatur durcheinander kommen…).
Plus die gefühlten 100 Mitgliedsnummern vom Labor, Medizinbedarf, Bürobedarf, Computer-Service, Praxis-Verwaltungssystem, Lesezirkel, Notfallpraxis etc. Glücklicherweise merkt der Computer sich wenigstens die Mitgliedsnummer beim Überweisen (im Gegensatz zur Rechnungs- und/oder Auftragsnummer, die immer neu eingegeben werden muss, weil sie sich ja jedes Mal ändert). Bei Webseiten kann man sich automatische Logins machen (mit Passwort-Manager, der dann auch ein eigenes Passwort hat?). Außer, es handelt sich um 2-Faktor-Authentifizierungen „für die Sicherheit“ (z.B. Remote-Arbeiten auf dem Praxis-Server um abends das Tagesprotokoll nachzuschauen oder für das Programm, um Belege und Lohnüberweisungen einfacher zu tätigen). Für diese 2-Faktor-Authentifizierung muss man doch wieder eine PIN-Nummer selbst eingeben und die andere aus einem Spezialprogramm mit „Wegwerf-PINs“ holen, die sich alle 30 Sekunden erneuern. Sehr viel sicherer, das sehe ich ein, aber langsam hab ich das Gefühl, mein Gehirn weigert sich, diese ganzen Nummern alle drin zu behalten.
Ganz ehrlich? Wenn ich da an die nächsten 20 Jahre denke, wird mir echt Angst und Bange. Das soll ich mir alles dauerhaft merken und wahrscheinlich kommen noch mehr Nummern dazu? Noch mehr Logins, noch mehr Passwörter? Das ist glaube ich kaum zu leisten.
Digitalisierung in allen Ehren und da bin ich auch gern mit dabei – aber das muss besser gehen. Haben andere Länder auch so viele verschiedene Nummern oder ist das der super-sichere deutsche Sonderweg? Denn so kann ich verstehen, dass viele ältere Kollegen irgendwann verzweifeln am Nummern-Salat.
Hat da jemand noch Tipps, wie man (außer einem Passwort Manager) wirklich eine Erleichterung bekommt? Am besten auch noch halbwegs sicher? Denn alles, was es MIR einfacher macht, macht es natürlich auch leichter, illegal an meine Daten ranzukommen. Also bleib ich erstmal beim Nummern-Salat und hoffe, dass mein Gehirn das einfach als Gedächtnis-Training interpretiert...
Bildquelle: Eduardo Soares, Unsplash