Eine gestörte Wundheilung (engl.: impaired wound healing) liegt dann vor, wenn Wunden nicht oder sehr schlecht heilen: Sogenannte chronische Ulzera. Zu den häufigsten Wunden mit schlechter Heilungstendenz gehören die Hautulzera der älteren Menschen. Entsprechend der Häufigkeit chronischer Ulzera im Alter ist die gestörte Wundheilung und die Suche nach den Störfaktoren ein hoch aktuelles Thema der Geriatrie.
Per se gilt das „Alter“ als häufigster Risikofaktor für Wundheilungsstörungen. Leider können wir das Alter aber nicht therapieren. Daneben stellen ein kataboler Stoffwechsel sowie eine Mangelernährung ebenfalls große Störfaktoren für die Wundheilung da – und die kann man durchaus effektiv therapeutisch ins Visier nehmen. Wichtig hierbei ist vor allem das frühe Erkennen!
Ein kataboler Stoffwechsel ist bei alten Menschen häufig anzutreffen. Katabolismus im Alter verursacht immer Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust, das Risiko der Mangelernährung (Malnutrition) erhöht sich oder die Ernährungssituation verschlechtert sich weiter, wenn bereits eine Mangelernährung besteht. Die Mangelernährung ist ohnehin ein weitverbreitetes Problem, das oft nicht genügend beachtet wird. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat festgestellt, dass in deutschen Kliniken bis zu 30 % der Patient:innen und in Pflegeheimen bis zu 25 % der Bewohner:innen mangelernährt sind. Laut statistischem Bundesamt sind 25 % der über 11 Millionen Krankenhauspatient:innen mangelernährt oder haben ein hohes Risiko für Mangelernährung, was einer Betroffenenzahl von rund 2,8 Millionen entspricht. Dies sind alarmierende Zahlen, die dringend Handlungsbedarf erfordern. Die Gründe für eine Mangelernährung sind vielfältig. Insgesamt geht man davon aus, dass soziale, finanzielle und psychische Faktoren die Hauptrisikofaktoren für die Entstehung einer Malnutrition sind. Die häufigsten Gründe sind:
Mangelernährung bzw. die Gefahr ihrer Entstehung betrifft besonders betagte und dabei vor allem alleinstehende Menschen, geriatrische Patient:innen aufgrund der häufig bestehenden Sarkopenie (= nicht beabsichtigter Verlust der Skelettmuskulatur, verbunden mit einer Abnahme an Körperkraft), Patient:innen mit bösartigen Tumoren, insbesondere solchen, die mit einer Störung der Nahrungsaufnahme einhergehen, und Patient:innen mit chronischen Infektionen. Nicht zu vergessen sind auch Menschen mit neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer-Demenz oder Morbus Parkinson.
Malnutrition ist ein schleichender Prozess mit Symptomen, die oft als „Altersschwäche“ abgetan werden. Diese Sichtweise verhindert nicht selten die Früherkennung der Malnutrition, was für den Betroffenen – neben Wundheilungsstörungen – viele weitere riskante Folgen haben kann. Es gibt jedoch ein eindeutiges, frühes Alarmsignal, das auf den Beginn einer katabolen Stoffwechsellage hindeutet: Es ist das Kardinalsymptom „Appetitverlust“ mit einer neu aufgetretenen „Abneigung gegen Fleisch“. Dieses Kardinalsymptom findet man bei genauer Beobachtung konstant und hochspezifisch bei Patient:innen mit Malnutrition. Wer im Alter über einen seit Wochen bestehenden schlechten Appetit und über eine Abneigung gegen Fleisch berichtet, stürzt in die Malnutrition ab. Bei jedem Arztbesuch oder bei der täglichen Pflegeaktivität im Altenheim sollte deshalb routinemäßig nach dem Appetitverhalten gefragt und gefahndet werden. Nur so kann eine drohende Malnutrition rechtzeitig erkannt werden.Als typisches Spätsymptom treten wenige Wochen nach Beginn von Appetitverlust und Fleischabneigung eine resistente, auch nach Schlaf und Erholung weiter bestehende Müdigkeit und eine allgemeine Schwäche auf. In diesem Stadium liegen die Albuminwerte bereits unterhalb von 30 g/l. Dazu kommen eine Verschlechterung des Allgemeinzustandes, Apathie sowie eine Schwäche der Beinmuskulatur, aber erst nach Wochen eine merkliche Gewichtsabnahme. Ein Fehler wäre es, bei diesen unterernährten Patient:innen dann primär eine „Altersschwäche“ zu diagnostizieren. Hilfreich beim Ernährungsscreening ist auch die Ermittlung des Body Mass Index (BMI). Gemäß DGE gilt eine Seniorin/ein Senior (ab 65 Jahre) ab einem BMI von unter 20 als mangelernährt. Ein weiteres Screening Instrument ist das „Mini Nutritional Assessment“. Das MNA identifiziert nicht Risikofaktoren für Risikofaktoren, sondern ist ein Maß für die Wahrscheinlichkeit einer Unterernährung.
Abb. 1: Infobox zur Mangelernährung.
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Der Artikel basiert auf „Chronische Wunden im Alter“ aus Wundforum AUSGABE 2/2023 – 30. JAHRGANG.