61 % der deutschen Arbeitnehmer fühlen sich überlastet. Besonders betroffen von mentalem Druck: Berufseinsteiger und Menschen bis 30 Jahre.
Ganz oder gar nicht – das scheint das Motto junger Erwerbstätiger zu sein. Geprägt vom aktuellen Dauerkrisenzustand hat die Generation Z gelernt, dass nichts sicher ist – vom Arbeitsplatz, über das gesellschaftliche Miteinander bis zur persönlichen gesundheitlichen Situation.
„Dies motiviert sie, im Hier und Jetzt zu leben und ihre hohen Ansprüche auch an ihre Arbeit sofort zu verwirklichen, anstatt lange zu warten. Gleichzeitig bietet ihr der Markt eine Fülle an Optionen. Diese große Auswahl kann paradoxerweise zu einer erhöhten Belastung führen, da die Entscheidung für den richtigen Job und die Suche nach einem erfüllenden Arbeitsleben zu einer Überforderung wird“, erklärt Wirtschaftspsychologin und Resilienz-Trainerin Patrizia Thamm.
Entsprechend schlägt das Pendel auch bei den gesundheitlichen Folgen in beide Seiten aus. So sind Menschen unter 30 Jahren in Deutschland laut einer aktuellen Studie überdurchschnittlich stark von Burnout betroffen. Während 18 % der befragten Gen-Z-Studienteilnehmer angaben, übermäßig belastet zu sein, waren es im Gesamtschnitt 13 %. Auch in Sachen Unterforderungen waren junge Menschen mit 17 % betroffen – gegenüber 11 % insgesamt.
Insgesamt sind in Deutschland 61 % der Arbeitnehmer am Limit. 21 % gaben an, stark Burnout gefährdet zu sein. Gleichzeitig hatten 62 % bereits ein solches Erlebnis oder es bei den Kollegen erlebt. Mit Blick auf eine Vergleichsstudie aus 2018 – vor Corona – ist ein Anstieg um 11 % zu verzeichnen.
Ob jung oder alt – die Belastungsfaktoren, die zu Burnout führen, sind häufig die gleichen. So ist insbesondere psychischer Druck durch Mobbing oder Quiet Firing zunehmend ein Problem. Gut die Hälfte aller Arbeitnehmer (48 %) war dem bereits ausgesetzt. Quiet Firing meint dabei ein „stilles kündigen“, bei dem Arbeitgeber einen Arbeitnehmer dermaßen schlecht behandelt, dass dieser von selbst kündigt.
Dass diese Strategie jedoch auch für Arbeitgeber zum Boomerang werden kann und der Arbeitnehmer nur noch ein Minimum an Arbeit verrichtet, weiß Thamm: „Die Gründe für einen […] Rückzug in die Mindestroutine oder einen Jobwechsel können sehr unterschiedlich sein, wie fehlende Perspektiven zur Weiterentwicklung, Konflikte, Führungsfehler oder fehlende Wertschätzung.“ Gleichzeitig weist Thamm darauf hin, dass die Generation U30 sich um die Situation auf dem Arbeitsmarkt und damit um die eigene Stellung bewusst ist. Und dennoch erleben sie auf vielfältige Art Stress: Überstunden und die ungleiche Verteilung von Arbeitslast (34 % und 35 %) belasten dabei am stärksten, gefolgt von: Ständigem Termindruck (32 %), permanente Erreichbarkeit (27 %), zu viel Bürokratie (26 %) und Probleme mit Kommunikationstools und Technik (jeweils 21 %).
Einen Lichtschimmer für die Generation Z gibt es aber: Das Gesundheitsbewusstsein ist stärker ausgeprägt als bei den älteren Kollegen – eine mentale Balance, Work-Life-Balance und Flexibilität seien Faktoren, die immer stärker bei der Jobauswahl zu Buche schlagen.
„Es ist erkennbar, dass sich die junge Generation durch ein sensibleres Frühwarnsystem für die eigenen Bedürfnisse auszeichnet, was aus meiner Sicht sehr wertvoll ist. Sie schreibt also ihrer Selbstfürsorge und eigenen Gesundheit eine hohe Priorität zu und zieht nicht um jeden Preis das Arbeitspensum durch, wenn sie gesundheitlich angeschlagen ist“, so Thamm.
Dass diese Denkweise und andere Prioritäten derweil von der älteren Generation häufig so ausgelegt werden, dass die jungen Kollegen arbeitsunwillig seien, sei jedoch falsch und müsse zu einer Anpassung und zu einem Umdenken bei eben jenen älteren Menschen führen. Sei doch eine gelebte Selbstfürsorge insofern besonders wichtig, da das externe Umfeld psychische Probleme in den seltensten Fällen wahrnimmt.
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