Bis zu 10 % aller Geburten werden vaginal-operativ beendet. Bisher gibt es keine einheitliche Vorgehensweise – das soll eine Leitlinie jetzt ändern.
Bis zu 10 % aller Geburten werden vaginal-operativ beendet. Ziel dieser Geburtsmethode ist es, die Rate der Interventionen möglichst gering zu halten. Dabei sind sowohl Begründungen als auch Methoden verschieden. Die federführenden Fachgesellschaften Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG), Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG) sowie Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG) haben die Leitlinie zur vaginal-operativen Geburtshilfe erstellt, um möglichst evidenzbasierte Empfehlungen zu Indikationen und Techniken dieser Art von Geburtshilfe geben zu können. Zudem sollen anhand der Handlungsempfehlung die kindlichen und mütterlichen Therapieergebnisse optimiert werden.
„Da die Verteilung von Kaiserschnitten und vaginal-operativen Geburten in den einzelnen Einrichtungen sehr unterschiedlich gewichtet ist, sollte bei der Indikationsstellung zur vaginal-operativen Geburt insbesondere das Ziel verfolgt werden, die Eingriffsrate in ihrer Gesamtheit zu senken“, sagt Prof. Harald Abele, Leitlinienkoordinator, Department für Frauengesundheit Tübingen.
Die Notwendigkeit der vaginal-operativen Geburtshilfe ergibt sich meistens erst im Verlauf der Geburt. Dementsprechend soll der Blick im Vorhinein aber auch während der Geburt sowohl auf mütterliche als auch auf kindliche Risiken gerichtet werden sowie auf Auswirkungen der Maßnahmen auf das Geburtserleben. Die Autoren der Leitlinie stellen Voraussetzungen und Maßnahmen dar, die die Zahl der vaginal-operativen Geburten reduzieren können. Dazu gehören eine kontinuierliche 1:1 Hebammenbetreuung in der aktiven Geburtsphase, der Zeitpunkt des Mitschiebens und Mitpressens sowie die mütterliche Mobilität und eine aufrechte Geburtsposition bei Geburten.
Zudem werden in der aktualisierten Handlungsempfehlung Voraussetzungen für eine vaginal-operative Geburt dargestellt, zu denen neben den Bereichen der vaginalen Untersuchung und der Vorbereitung der Gebärenden auch die Vorbereitungen der Fachkräfte zählen. Zentrale Punkte sind dabei beispielsweise die Positionierung des kindlichen Kopfes in der Beckenmitte oder beim Beckenausgang sowie die personellen Ressourcen zur Versorgung von Mutter und Kind. Außerdem sind die situationsgerechte Aufklärung und Einverständniserklärung der Gebärenden über den Eingriff und mögliche Alternativen wichtig. Auch bei Niedrig-Risiko-Schwangeren sei es ratsam, frühzeitig und weitreichend zu Komplikationen, Interventionen und Handlungsempfehlungen zu informieren und aufzuklären.
Die Autoren gehen auch auf juristische Aspekte ein. Dies vor dem Hintergrund, dass die deutsche Rechtsprechung zunehmend strengere Anforderungen an die Medizin stellt. Sobald im Einzelfall eine physiologische vaginale Geburt unwahrscheinlich wird, sollte ein dokumentiertes, informiertes Gespräch mit der Gebärenden geführt werden. Schriftliche ärztliche Aufklärungen in akuten Situationen sollten nicht die Regel sein. Weiterhin sei wichtig, dass die Wünsche der Gebärenden dem Geburtsteam vorab bekannt sind und, wenn möglich, auch berücksichtigt würden. Zusätzlich sollte das Geburtsteam während der Geburt kontinuierlich mit den Gebärenden kommunizieren, um ihnen zu ermöglichen, die Entscheidungen im Geburtsprozess nachvollziehen zu können.
Die Wahl des Instruments sollte stets der klinischen Situation und dem individuellen Erfahrungsniveau angepasst sein. Klassifiziert werden forceps- oder auch geburtszangen- und vakuumassistierte Geburten. Während bei forceps- oder auch zangenassistierten Geburten zwischen Forceps aus Beckenmitte, Beckenboden oder Beckenausgang unterschieden werden, wird bei vakuumassistierten Geburten die exakte Beschreibung des klinischen Untersuchungsbefundes, die Rotation des Kopfes oder das Tiefertreten des Kopfes während der Wehe beim Pressversuch zur Kategorisierung herangezogen.
Die Technik mit der Geburtszange ist eine effektive Methode der vaginal-operativen Geburt, um eine rasche Geburtsbeendigung mit einer hohen Erfolgschance zu erzielen. Die vakuumassistierte Geburt gilt als sichere Methode der vaginal-operativen Geburt. Beide Methoden werden in der Leitlinie ausführlich erläutert. Detailliert beschrieben werden unter anderem Frühgeburten, Zwillingsschwangerschaften oder die vaginal-operative Geburtshilfe bei Beckenendlage. Aber auch mögliche Komplikationen und Maßnahmen zum Wohl von Mutter und Kind finden Erwähnung.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. Hier findet ihr die Leitlinie.
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