Für Asthma- und COPD-Patienten sind sie ein Segen, für die Umwelt ein Fluch: klimaschädliche Treibmittel in Inhalatoren. Sind Pulverinhalatoren die Lösung? Das verrät eine neue Leitlinie.
Gut fünf Prozent der CO2-Emmissionen in Deutschland gehen auf das Gesundheitswesen zurück. Ein Faktor dabei sind die Treibmittel in Inhalatoren, die zur Therapie von Asthma und COPD zum Einsatz kommen. Deren Klimabelastung kann beträchtlich sein: So produzieren die Treibmittel in Dosieraerosolen bei einer Kombinationstherapie pro Patient und Jahr so viel CO2-Äquivalente wie ein Flug von Frankfurt nach Kreta. Es geht aber auch anders – Pulverinhalatoren brauchen keine Treibmittel und sind weitgehend klimaneutral.
Wie man leitliniengerecht behandeln und dabei Pulverinhalatoren statt Dosieraerosolen einsetzen kann, verrät die eben veröffentlichte S2K-Leitlinie Klimabewusste Verordnung von Inhalativa unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) und der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP). Sie richtet sich an Ärzte und ihr Praxisteam, Apotheker und andere Gesundheitsfachberufe, die inhalative Arzneimittel verordnen oder Patienten und ihre Angehörigen beraten. Um aktuelle Behandlungsstandards sicherzustellen, schließt die Leitlinie nationale und internationale Leitlinien zu Asthma und COPD ein.
Bei Pulverinhalatoren wird das Medikament im Gerät freigesetzt und mit einem kräftigen Atemzug aktiv in die Lunge transportiert. Für alle relevanten Wirkstoffgruppen werden Pulverinhalatoren angeboten, auch wenn zum Beispiel kurzwirksame ß-Mimetika – mit über 200 Millionen Tagesdosen pro Jahr die am zweithäufigsten verabreichte Medikamentengruppe – fast ausschließlich als Dosieraerosole verschrieben werden. Medizinisch wäre das aber gar nicht nötig, denn Reviews zeigen, dass es keine klinisch relevanten Unterschiede zwischen den Darreichungsformen gibt.
Eine Einschränkung liegt allerdings auf der Hand: Pulverinhalatoren sind nur dann eine Option, wenn die Patienten auch in der Lage sind, für zwei bis drei Sekunden gleichmäßig und kräftig einzuatmen. Kinder unter fünf Jahren, geriatrische und bereits schwer lungengeschädigte Patienten sind damit eher überfordert. Sie brauchen deshalb die Unterstützung durch Aerosole.
Im Zentrum der 24 Seiten starken Leitlinie steht ein Verordnungsalgorithmus. Dieser Pfad durch den Beratungsprozess macht deutlich, für wen Pulverinhalatoren in Frage kommen und was zu beachten ist, wenn man doch auf Dosieraerosole zurückgreifen muss.
Besonders nutzerfreundlich ist die Leitlinie dank ihrer vier knappen Entscheidungshilfen, die in den Verordnungsalgorithmus integriert sind. Darin geht es um die wesentlichen Unterschiede der beiden Darreichungsformen, um ihren jeweiligen Klimaeffekt im Vergleich zu anderen Faktoren wie Reisen oder Ernährung und um die verschiedenen Dosieraerosole. Die vierte Entscheidungshilfe unterstützt bei der Wahl des Pulverinhalators. Zu diesem Zweck listet eine Tabelle für 16 verschiedene Gerätetypen diverse Charakteristika auf: die Wirkstoffverpackung als Kapsel, Blister oder Reservoir, den inspiratorischen Widerstand, die Anzahl der Bedienschritte, die Verfügbarkeit für welche Wirkstoffe und andere.
Während die sieben Empfehlungen der Leitlinie die Umweltbelastung durch Inhalativa ganz konkret anpacken, behandelt ein anschließendes Statement ein noch ungelöstes Umweltproblem: Man möge für die Entsorgung von Druckgaspatronen, analog zum etablierten Grünen Karton, ein wirksames Entsorgungskonzept etablieren.
Montoro J, Antol.n-Am.rigo D, Izquierdo-Dom.nguez A, Zapata JJ, Gonz.lez G, Valero A. The impact of inhalers for asthma on the global climate: a systematic review of carbon footprint and clinical outcomes in Spain. J Investig Allergol Clin Immunol. 2023;0.
Bildquelle: Sebastian Rück, unsplash