Als Arzt zahlt man brav ins berufsständische Versorgungswerk ein und wägt den Ruhestand in finanzieller Sicherheit. Aber so einfach ist es nicht. Ein Appell an junge Kollegen, sich mehr mit der Materie zu beschäftigen.
Jüngere Kollegen machen sich noch wenige Gedanken um ihre finanzielle Situation im Alter – durchaus verständlich. Man wähnt sich gut eingebettet im berufsständischen Versorgungswerk, dem allmonatlich eine erkleckliche Summe des Einkommens zufließt. Das sollte für einen beschaulichen Lebensabend reichen. Doch ist dem wirklich so? Welche Faktoren schränken diese Erwartung ein?
Den 17 Ärztekammern in Deutschland sind die Versorgungswerke zugeordnet. Die Mitgliedschaft dort ist für alle Ärzte obligat, von wenigen Ausnahmen abgesehen. Als Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind sie der Rechtsaufsicht der jeweiligen Landesbehörden unterworfen, handeln jedoch eigenständig. Das kann zur Folge haben, dass in einer Region die ausgezahlten Renten gleich hoch bleiben, andernorts aber steigen oder, wie selten geschehen, zeitweise sogar sinken. Zwar sind diese Renten höher als die von der gesetzlichen Rentenversicherung geleisteten, unterliegen aber längst nicht der gleichen Dynamik. Möglich wird letztere durch die erheblichen Zuschüsse an die Deutsche Rentenversicherung von mehreren 10 Milliarden Euro pro Jahr aus dem Bundeshaushalt. Eine solche Unterstützung ist allen Versorgungswerken versagt, gleich für welche Berufsgruppe sie eingerichtet wurden.
Der Spielraum der Versorgungswerke zur Anpassung der Renten an die allfällige Inflation ist demnach sehr gering. Es bedarf offensichtlich eines gewissen Geschickes, Gewinne zu erwirtschaften – das gelingt offensichtlich nicht überall. Ein Beispiel: Die Rente eines 2006 in den Ruhestand gegangenen Arztes betrug damals monatlich 3.160 Euro, heute sind es 3.363 Euro. Ein Anstieg von 203 Euro in 18 Jahren!
Das bedeutet einen gewaltigen Kaufkraftverlust. Finanzexperten berechnen bei einer durchschnittlichen Teuerung von etwa zwei Prozent pro Jahr, dass von heute 3.000 Euro in 15 Jahren vielleicht eine Kaufkraft von etwas mehr als 2.200 Euro übrigbleibt; dabei blieben Ereignisse wie der Kaufkraftverlust allein in den letzten drei Jahren von 16 % unberücksichtigt. Die Inflation kann somit unmöglich ausgeglichen werden – dies gelingt nicht einmal der gesetzlichen Rentenversicherung, obwohl sie in den vergangenen Jahren ungleich höhere Steigerungen vorgenommen hat.
Viele junge Kollegen neigen heute dazu, zur Erhaltung ihrer Work-Life-Balance die Arbeitszeit zu verkürzen, damit aber auch ihr Einkommen. Um diese Quality-Time zu genießen, mag das heute reichen, jedoch hat das direkte Auswirkungen auf die erwartete auskömmliche Rente im Alter. Andere wiederum scheuen das Risiko der Selbstständigkeit, neigen zu einem Angestelltenverhältnis etwa in einem MVZ. Damit ist jedoch die Möglichkeiten zur Steigerung des Einkommens aus anderen Quellen (Privatpatienten, Gutachtertätigkeit oder Betreuung von Heimen) weitestgehend verwehrt.
Es bleiben die Kapitalmärkte, mit einigem Geschick kann man hier langfristig Inflationsverluste ausgleichen. Oder man erbt – aber das ist eine andere Geschichte. Deshalb meine dringende Empfehlung: Kümmert euch rechtzeitig um die Zukunft!
Der Autor ist der Redaktion bekannt, möchte aber anonym bleiben.
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