Der Marburger Bund sieht die Facharzt-Weiterbildung vor großen Herausforderungen – zunehmende Teilzeitarbeit, Berufsfrust und eine Auflösung der Grenzen zwischen stationärer und ambulanter Tätigkeit seien Gefahren, denen begegnet werden müsse.
Es braucht neue Rahmen zur Organisation, Verbindlichkeit und Finanzierung der Weiterbildung – dies fordern die Vorstandsmitglieder Henrik Hermann und Hans-Albert Gehle des Marburger Bunds. Auch bei der Krankenhausreform mit einer vorgesehenen Spezialisierung der Kliniken müsse „die Frage der Weiterbildung schon jetzt mitgedacht werden“.
Personalmangel und Arbeitsverdichtung ließen dem ärztlichen Nachwuchs „kaum Luft“ zur Fort- und Weiterbildung, bemängelt Gehle, zugleich Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe. „Die Entwicklung der ärztlichen Versorgung in den nächsten Jahren hängt maßgeblich davon ab, unter welchen Bedingungen junge Ärztinnen und Ärzte zu Fachärzten weitergebildet werden“, ergänzt Schleswig-Holsteins Kammerpräsident Hermann. In dem vorgestellten Positionspapier fordert der Marburger Bund eine bessere Abstimmung der Weiterbildung zwischen Kliniken, Praxen und Medizinischen Versorgungszentren. Zudem will der Berufsverband Weiterbildungsbeauftragte in den Krankenhäusern einführen. Sektorenübergreifende Weiterbildungsverbünde sollen die Rotation der Ärzte zwischen den Stellen organisieren und für die Arztpraxen verlässliche Rahmenbedingungen garantieren.
Laut Hermann arbeiten derzeit rund 30 Prozent der Ärzte in Weiterbildung Teilzeit. Das verlängere diese Phase und erschwere den Erwerb einer der 52 Facharztbezeichnungen. Die Zahl der in Praxen angestellten Mediziner habe sich in den vergangenen zehn Jahren von 23.000 auf 46.000 verdoppelt. Deshalb fordert Gehle eine „verlässliche tarifvertragliche Absicherung der Weiterbildung“ – auch für angestellte Mediziner im ambulanten Bereich. Zudem sei eine ausreichende und bundesweit einheitliche finanzielle Absicherung der Facharzt-Weiterbildung nötig.
„Die ärztliche Weiterbildung ist eine gesellschaftliche Aufgabe und muss als solche wahrgenommen werden“, betont Hermann. „Ohne gut ausgebildete Ärzte ist keine qualifizierte Versorgung möglich.“ Allein aus Mitteln der Krankenversorgung lasse sich dies nicht stemmen. Nötig sei eine extrabudgetäre Finanzierung über Steuermittel. Gehlen nennt eine Summe von 1,5 bis zwei Milliarden Euro. Der MB werde sich aber „vehement wehren“, sollte die Politik versuchen, über Geld die Facharzt-Weiterbildungen zu beeinflussen. „Ein approbierter Arzt darf in der Wahl der Facharztrichtung nicht eingeschränkt werden“, so Gehle.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung des AOK Bundesverbands. Die Originalpublikation haben wir euch hier verlinkt.
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