Eine Katze niest, hustet und hat einen einseitigen Exophthalmus. Die Tierärzte vermuten einen retrobulbären Abszess, aber keine Therapie schlägt an. Welcher Übeltäter das Tier schließlich das Leben kostet, lest ihr hier.
Eine 10 Jahre alte kastrierte Hauskatze wurde mit chronischem Niesen, Husten und verstopfter Nase in einer Tierklinik vorgestellt. Die Beschwerden bestanden seit vier Monaten. Ein Behandlungsversuch mit Amoxicillintrihydrat/Kalium-Clavulanat, Cefovecin und Prednisolon brachten keine klinische Besserung. Die Katze war bei Einweisung lethargisch und hyporexisch. Die körperliche Untersuchung ergab erhöhte Atemgeräusche mit leicht erhöhter Atemanstrengung, Gingivostomatitis, beidseitigen mukopurulenten Ausfluss aus Augen und Nase, einen Exophthalmus OS mit vermindertem Retropulsionsvermögen und deutlichen Schmerzen sowie Übergewicht.
Das vollständige Blutbild (CBC) ergab eine Neutrophilie. In der klinischen Chemie war eine Hyperglykämie, Hyperglobulinämie und Hypocholesterinämie erkennbar. Die Urinanalyse ergab einen konzentrierten Urin (spezifisches Gewicht 1,064) mit Proteinurie (2+). Das Thoraxröntgenbild zeigte eine schwach vermehrte Weichteiltrübung im kranialen Mediastinum, war aber ansonsten unauffällig. Es wurde ein retrobulbärer Ultraschall durchgeführt, der links eine hyperechogene Struktur ohne offensichtliches Fremdmaterial zeigte. Eine Feinnadelaspiration und Zytologie ergaben eine eitrige Entzündung mit nekrotischem Material. Da der Verdacht auf einen bakteriellen retrobulbären Abszess bestand, wurden Gabapentin, Amoxicillin-Clavulanat, Mirtazapin und Robenaxocib verabreicht, mit dem Plan, in drei Tagen eine Nachuntersuchung beim Internisten durchzuführen. Die Wahl fiel auf Amoxicillin-Clavulanat, da es ein breites Spektrum abdeckt und Informationen über die vorherige Antibiotikadosierung und -dauer beim Notfallbesuch nicht verfügbar waren.
Am dritten Tag ergab die körperliche Untersuchung eine Besserung des Exophthalmus, dafür einen Stertor, einen verminderten Luftstrom durch die Nase (links schlechter als rechts) und leicht vergrößerte beidseitige Unterkieferlymphknoten. Ein Schnelltest zum Nachweis des Katzenleukämievirus (FeLV) und des Katzenimmundefizienz-Virus (FIV) war negativ. Ein Kopf-CT zeigte beidseitig Verschattungen in den Nasenhöhlen, jedoch keine Lyse der Nasenmuscheln, eine leichte Lyse in der linken Stirnhöhle und eine ausgeprägte beidseitige retropharyngeale Lymphadenopathie. Lymphknotenaspirate zeigten eine ausgeprägte gemischte Entzündung (eosinophil, histiozytär und eitrig). Eine Kultur der Lymphknotenflüssigkeit zeigte kein Wachstum.
Bei der antegraden Rhinoskopie wurden weder Pilzbefall noch auffällige Strukturen festgestellt; die Tierärzte vermuteten eine schwere diffuse Rhinitis. Eine retrograde Rhinoskopie wurde nicht durchgeführt. Biopsien aus der Nasenhöhle wurden zur histopathologischen Untersuchung eingereicht und ergaben eine schwere, diffuse, chronisch-aktive, erosive und eosinophile Rhinitis, ohne dass Gram-, GMS- und säurefeste Färbungen einen Organismus erkennen ließen. Ein PCR-Test auf Infektionserreger der oberen Atemwege (feline Herpesviren/Chlamydien/Mykoplasmen) war negativ.
Die Tierärzte äußerten schließlich die Verdachtsdiagnose idiopathische feline chronische Rhinitis mit Verdacht auf eine bakterielle Sekundärinfektion. Als Therapie ordneten sie Amoxicillin-Clavulanat für insgesamt 4 Wochen sowie Prednisolon für vier Wochen ausschleichend an.
Nach 39 Tagen stellte der Besitzer seine Katze erneut zur Untersuchung vor. Er berichtete, dass der Exophthalmus zwar verschwunden sei, aber eine zervikale Masse die Atmung behinderte und Dysphagie verursachte. Die Ärzte fanden beidseitig deutlich vergrößerte retropharyngeale Lymphknoten vor (Abbildung 1). Abbildung 1: Ausgeprägte beidseitige mediale retropharyngeale Lymphadenopathie mit Bluterguss aufgrund einer Feinnadelaspiration. Credit: Wang et al.
Der Exophthalmus war verschwunden, dafür bestand weiterhin ein Atemgeräusch und die Katze hatte an Gewicht verloren. Die Feinnadelaspiration des retropharyngealen Lymphknotens und die Zytologie ergaben eine pyogranulomatöse Entzündung mit intra- und extrazellulären Pilzhyphen (Abbildung 2).
Abbildung 2: Hämatoxylin- und Eosinfärbung. Zytologie der retropharyngealen Lymphknoten mit ausgeprägter Nekrose und extra- und intrazellulär verzweigten, septierten Pilzhyphen. Credit: Wang et al.
Aufgrund der erheblichen Beeinträchtigung der Nahrungsaufnahme und Atmung wurde an Tag 41 eine beidseitige mediale retropharyngeale Exstirpation (Abbildung 3) durchgeführt. Die Histopathologie der Lymphknoten zeigte eine nekrotisierende, granulomatöse und eosinophile Zellulitis. In den Lymphknoten waren zahlreiche Pilzhyphen sichtbar. In der Pilzkultur wurden Aspergillus-Arten nachgewiesen. Die bakterielle Kultur war negativ.
Abbildung 3: Chirurgisch entfernte retropharynheale Lymphknoten. Credit: Wang et al.
Eine klinische Besserung trat in den nächsten drei Tagen mit Ampicillin und Sulbactam ein, bevor die Kulturergebnisse vorlagen, sowie mit einer verringerten Dosis von Dexamethason, Infusionstherapie, Maropitant, Mirtazapin, Gabapentin und Itraconazol. Die Katze wurde mit Mirtazapin, Maropitant und Itraconazol entlassen.
An Tag 62 wurde der Itraconazolspiegel im Serum 6 Stunden nach der Verabreichung bestimmt und lag mit 3,1 µg/ml innerhalb des angegebenen therapeutischen Bereichs (2–7 µg/ml). An Tag 83 wurde eine beidseitige verminderte Retropulsion festgestellt und links bestand eine leichte Verdickung des dritten Augenlids. In den folgenden zwei Wochen entwickelte sich ein fortschreitender bilateraler Exophthalmus und die Katze fraß nur noch sehr schlecht.
An Tag 103 wurde die Katze mit beidseitig mukopurulentem Augenausfluss und einem Nickhautvorfall erneut vorgestellt.Die Tierärzte entschieden sich zusammen mit dem Besitzer schließlich für eine Euthanasie.
Bei der Obduktion wurde ein Pilzgranulom in der rechten Fossa pterygopalatina kontralateral zum stärker betroffenen linken Auge gefunden. Der tracheobronchiale Lymphknoten war um das Vier- bis Fünffache vergrößert und wies Bereiche mit eitriger bis käsiger Nekrose auf, die Pilzhyphen enthielten, die auf Aspergillus schließen ließen. Verschiedene Schnitte des Schädels auf Höhe der Nasennebenhöhlen, des Periorbitalbereichs und des harten Gaumens zeigten eine ausgedehnte granulomatöse bis eosinophile Entzündung. Das Gehirn und das Lungenparenchym wiesen keine Anzeichen einer Pilzinvasion auf.
Dass die Diagnose einer Aspergillose erst so spät getroffen werden konnte, führen die Autoren auf die große Menge nekrotischen Gewebes zurück sowie auf die bakterielle Sekundärinfektion. Weiterhin sei das bei der Feinnadelaspiration und der Biopsie entnommene Gewebe begrenzt gewesen. Sie schreiben: „Aufgrund ihrer Seltenheit wurde eine sinoorbitale Aspergillose (SOA) bei der Erstvorstellung nicht in Betracht gezogen und eine Pilzkultur wurde nicht angelegt.“ Eine serologische Untersuchung auf Aspergillose wurde ebenfalls nicht durchgeführt.
Die Autoren räumen ein, dass die Behandlung mit Prednisolon das Fortschreiten der Krankheit wahrscheinlich verschlimmert habe. Sie schreiben: „Dies unterstreicht die Bedeutung der klinischen Erkennung von SNA und SOA bei Katzen, da das anfängliche Erscheinungsbild wie Anzeichen einer chronischen Rhinosinusitis aussehen kann, bei der üblicherweise Steroide zur Behandlung verschrieben werden.“ Die obstruktive zervikale Lymphadenopathie ist eine seltene Form der SOA und SNA bei Katzen. Soweit sie wüssten, handele es sich bei diesem Fall um den zweiten Fallbericht für die Erkrankung.
Im vorliegenden Fall konnten die Itraconazol-Monotherapie und die beidseitige mediale retropharyngeale Exstirpation der Lymphknoten das Fortschreiten der Erkrankung nicht mehr aufhalten. Post mortem zeigte eine Antimykotika-Empfindlichkeitsprüfung eine niedrige minimale Hemmkonzentration (MHK) von Itraconazol. Studien haben jedoch gezeigt, dass zusammengesetztes Itraconazol bei Katzen eine schlechte Absorption und Bioverfügbarkeit aufweisen kann und daher vermieden werden sollte. Weiterhin ist eine angemessene Itraconazol-Serumkonzentration nicht gleichbedeutend mit einer wirksamen antimykotischen Konzentration am Ort der Infektion – vor allem bei nekrotischem Gewebe oder chronischen Abszessen.
Eine Studie, in der die antimykotische Empfindlichkeit des A. viridinutans-Komplexes mit Hilfe der EUCAST-Methode (European Committee on Antimicrobial Susceptibility Testing) bewertet wurde, ergab hohe MHKs von Itraconazol und Voriconazol und niedrige MHKs von Posaconazol und Echinocandinen, was laut den Autoren darauf hindeutet, dass Posaconazol eine bessere Erstbehandlung sein könnte. Aspergillose-Arten des A. viridinutans-Komplexes, einschließlich A. felis und A. udagaawae sind die häufigste Ursache für SOA bei Katzen. Wang et al. schreiben: „Die molekulare Identifizierung der Aspergillose-Spezies ist klinisch relevant, da eine inhärente Resistenz gegen Azol-Arzneimittel häufig vorkommt. Empfindlichkeitstests sind daher äußerst wichtig, um die richtige Auswahl der antimykotischen Therapie für einzelne Patienten zu gewährleisten.“
Sie schließen mit folgendem Appell: „Bei Katzen mit Exophthalmus und chronischen nasalen Symptomen sollte eine feline SOA in Betracht gezogen werden – selbst in Gebieten, in denen Aspergillose bei dieser Spezies nur selten beobachtet wird. Die molekulare Identifizierung der Aspergillose und die Empfindlichkeitsprüfung sind für die Ausrichtung der antimykotischen Therapie von entscheidender Bedeutung. Itraconazol ist möglicherweise nicht die wirksamste therapeutische Wahl für diese Pilzerkrankung.“
Den gesamten Fall findet ihr hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Michael Sum, unsplash