Erster Toter durch Alaskapox-Virus, immer weniger Deutsche zählen das Gesundheitssystem zu den Top 3 und Gepotidacin liefert als neues Antibiotikum bei Harnwegsinfekten gute Ergebnisse. Diese und weitere News lest ihr hier.
Der Ruf des deutschen Gesundheitssystems bröckelt – zumindest nach dem aktuellen „Healthcare-Barometer 2024”, einer repräsentativen Befragung unter 1.000 Bürgern von PwC Deutschland. Die Zufriedenheit mit dem Gesundheitswesen ist gegenüber den Vorjahren spürbar gesunken – und somit auf einem Tiefstand. Nur noch 52 Prozent der Deutschen zählen es zu den Top-3-Systemen der Welt. Zum Vergleich: In der Hochphase der Covid-Pandemie im Jahr 2020 waren es noch 20 Prozent mehr.
Credit: PwC Healthcare-Barometer 2024
Vor allem in puncto Reformen ist ein Großteil der Bevölkerung skeptisch. Nur acht Prozent der Deutschen sind sehr zuversichtlich, dass die angekündigten Reformen das deutsche Gesundheitssystem voranbringen werden. 25 Prozent bezeichnen sich hingegen als sehr zuversichtlich. Dabei sind vor allem jüngere Menschen deutlich optimistischer als Menschen ab 55 Jahren. Bei den Älteren mache sich „eine Art Reformmüdigkeit bemerkbar“, so Roland Werner von PwC Deutschland. Auch insgesamt urteilt die jüngere Generation (18 bis 34 Jahre) über das Gesundheitswesen weniger kritisch als ältere Patienten ab 55 Jahren, die es deutlich häufiger in Anspruch nehmen.
Fehlende Medikamente in den Apotheken bereiten 63 Prozent der Befragten Sorgen – in dieser Gruppe hat mehr als jeder fünfte bereits Arzneimittel auf Vorrat gekauft. Am meisten beunruhigt die Deutschen aber der Personalmangel: Für drei Viertel der Befragten ist das fehlende Fachpersonal die größte Herausforderung der Gesundheitsbranche.
Überaus offen zeigen sich die Befragten für digitale Neuerungen. Telemedizinische Sprechstunden kommen gut an, 72 Prozent der Deutschen würden sich dadurch gern den Gang zum Arzt sparen. Auch die Bereitschaft Gesundheitsdaten zu teilen ist groß. Acht von zehn wären bereit, persönliche Informationen zu teilen – die Hälfte wünscht sich dafür allerdings eine Gegenleistung in Form von Entgelt oder Mehrwert. Beim Einsatz von künstlicher Intelligenz durch Krankenkassen herrscht bislang Unsicherheit, denn nur 24 Prozent befürworten die Nutzung uneingeschränkt. 46 Prozent sind unschlüssig und wünschen sich mehr Informationen.
Nitrofurantoin ist ein beliebtes Antibiotikum bei unkomplizierten Harnwegsinfekten. Nun haben Forscher einen weiteren Wirkstoff unter die Lupe genommen, der bei der Behandlung von Harnwegsinfekten eingesetzt werden könnte.
Gepotidacin ist ein neues Antibiotikum, das zwei Formen der Topoisomerase inhibiert und damit die bakterielle DNA-Replikation behindert. In zwei aktuellen randomisierten Phase-III-Studien (EAGLE-2 und EAGLE-3) wurde nun die Wirksamkeit der oralen Gepotidacin-Gabe bei Harnwegsinfekten untersucht. Weltweit nahmen insgesamt 3.136 weibliche Probanden an den beiden Studien teil, die zwei oder mehr Symptome einer Harnwegsinfektion aufwiesen. Dazu gehörten etwa Dysurie, häufiges Wasserlassen und Unterbauchschmerzen. Auch Patienten mit Nitrit im Urin und/oder Pyurie wurden eingeschlossen.
Die Probanden wurden in zwei Gruppen eingeteilt. Zur Behandlung der Harnwegsinfektion bekam die eine Gruppe fünf Tage lang täglich 100 mg Nitrofurantoin, der anderen Gruppe wurden täglich 1.500 mg Gepotidacin oral verabreicht. In der EAGLE-2 Studie umfasste die Nitrofurantoin-Gruppe 764 und die Gepotidacin-Gruppe 800 Patienten. In der EAGLE-3 Studie waren es 767 und 805 Probanden.
Therapeutische Erfolge wurden in beiden Studien beobachtet: In der EAGLE-2-Studie hatten von 320 Patienten der Gepotidacin-Gruppe 162 eine erfolgreiche Behandlung – also 50,6 %. In der Nitrofurantoin-Gruppe zeigten 47,0 % Behandlungserfolge. Die EAGLE-3 Studie zeigte im Vergleich sogar höherer Erfolgsraten bei der oralen Gabe von Gepotidacin: 58,5 % zeigten Behandlungserfolge, während die Therapieerfolge der Nitrofurantoin-Gruppe auf 43,6 % sanken. Aber auch Nebenwirkungen traten in beiden Studien auf. Gepotidacin führte bei 14 % und 18 % der Probanden zu Diarrhö sowie Nitrofurantoin bei je 4 % zu Übelkeit. Die Nebenwirkungen wurden jedoch als mild bis moderat eingestuft. Lebensbedrohliche Reaktionen wurden nicht beobachtet.
Der Vergleich zeigt: Gepotidacin schneidet nicht schlechter ab als Nitrofurantoin – in einer Studie sogar besser. Die Studien beschreiben Gepotidacin daher als wirksames orales Antibiotikum mit zufriedenstellender Sicherheit und Verträglichkeit. Durch seine Wirksamkeit gegen häufige Uropathogene und medikamentenresistente Erreger hat dieses neuartige orale Testantibiotikum gute Chancen zukünftig bei der Behandlung von Harnwegsinfekten zum Einsatz zu kommen.
Nachdem lange gerätselt wurde, steht die Neubesetzung der Ständigen Impfkommission (STIKO) jetzt offiziell fest. Was ändert sich konkret? Zum einen wird das Gremium größer: Künftig sitzen 19 statt wie bisher 17 Personen in der Runde. Außerdem wird es nach Angaben des BMG um weitere Experten aus den Bereichen Modellierung und Kommunikation ergänzt. Mit dabei sind auch Immunologen, Virologen, Mikrobiologen, Pädiater, Gynäkologen, Allgemein- und Arbeitsmediziner sowie Vertreter von Gesundheitsämtern. Am 12. und 13. März kommt die neue STIKO zu einer konstituierenden Sitzung zusammen.
Die STIKO ist somit fast vollständig neu besetzt. Das liegt auch daran, dass die Berufungszeit der Mitglieder auf maximal drei Berufungsperioden begrenzt wurde. Damit solle die Unabhängigkeit des Gremiums gesichert werden, wie es vom Ministerium hieß. Nachdem die STIKO in der Pandemie große Leistungen erbracht habe, werde sie jetzt „mit vielen neuen Mitgliedern aus sehr unterschiedlichen Fachbereichen jünger und noch interdisziplinärer besetzt“, sagt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). „Auch wissenschaftliche und praktische Spitzenkräfte bauen das neue Team auf”, so der Minister.
Die neuen STIKO-Mitglieder im Überblick:
Der große personelle Umbruch wurde bereits Ende 2023 angekündigt – und sorgte bei einigen Ärzten für Kritik (wir berichteten). So warnt die Bundesärztekammer und die Kassenärztliche Vereinigung Mecklenburg-Vorpommern vor einem „großen Verlust an Fachexpertise”. Sie warfen Gesundheitsminister Lauterbach außerdem einen „Alleingang” vor. Die Entscheidung sei im Benehmen mit den obersten Gesundheitsbehörden der Länder „turnusmäßig“ erfolgt, erklärte hingegen das BMG.
In den USA ist der erste Mensch an einer Infektion mit dem Alaskapox-Virus verstorben. Der ältere Mann, der auf der abgelegenen Kenai-Halbinsel in Alaska lebte, wurde im November letzten Jahres in ein Krankenhaus eingeliefert und starb Ende Januar, wie die US-Gesundheitsbehörden mitteilen.
Der Mann befand sich wohl inmitten einer Krebsbehandlung und war aufgrund der Medikamente immungeschwächt, was möglicherweise zur Schwere der Erkrankung beitrug, heißt es. In den sechs Wochen, nachdem der Mann die Läsion nahe seiner Achsel bemerkt hatte, suchte er nach Angaben des Gesundheitsamtes seinen Hausarzt und die örtliche Notaufnahme mehrmals auf. Ihm wurden hintereinander verschiedene Antibiotika verschrieben, die jedoch nicht halfen.
Am 17. November 2023 wurde er dann in eine Klinik eingeliefert, da er seinen Arm nicht mehr gut bewegen konnte. Während er dort auf Station lag, soll er einen brennenden Schmerz verspürt haben, vier kleine pockenähnliche Läsionen wurden weiterhin auf seinem Körper gefunden. Die Ärzte schlossen Kuhpocken, Affenpocken und andere Viren aus. Ein Abstrich der Läsion wurde später an die örtliche Gesundheitsbehörde, Centers for Disease Control and Prevention (CDC) geschickt, die eine Übereinstimmung mit anderen Fällen von Alaskapocken fand. Während des Krankenhausaufenthalts traten weitere Wunden am Körper des Mannes auf, die nur langsam abheilten, er soll schließlich mit Unterernährung und akutem Nierenversagen an einem Atemstillstand Ende Januar verstorben sein.
Die Behörden in Alaska erklärten, es sei noch unklar, wie sich der Mann mit dem Virus infiziert habe. Er lebte allein in einem bewaldeten Gebiet, war nicht verreist und hatte auch keinen engen Kontakt zu Reisenden. Der Mann erzählte den Ärzten, dass er sich zu Hause um eine streunende Katze gekümmert habe, die ihn einige Male gekratzt habe – unter anderem einmal in der Nähe seiner rechten Achselhöhle, etwa einen Monat bevor er die Rötung im September 2023 bemerkte. Die Katze wurde später auf andere Orthopox-Viren getestet, alle Tests waren nach Angaben des Gesundheitsamtes negativ. Dennoch hielten es die Gesundheitsbehörden für möglich, dass die streunende Katze die Quelle des Virus war und es z. B. durch das Jagen kleiner Säugetiere an den Krallen trug.
Das Alaskapox-Virus, ein Orthopoxvirus, ist mit den Pocken, Kuhpocken und Affenpocken verwandt. Als Symptome können Hautausschlag, geschwollene Lymphknoten und Gelenk- oder Muskelschmerzen auftreten. Seit dem ersten Fall in den USA im Jahr 2015 wurden den Gesundheitsbehörden in Alaska sechs weitere Fälle des Virus gemeldet. Alle Betroffenen lebten in der Region Fairbanks, waren nur leicht erkrankt und erholten sich, ohne ins Krankenhaus eingeliefert werden zu müssen.
Bildquelle: Christian Wiediger, Unsplash