Rund ein Drittel aller Patienten mit einer Depression leidet nach der Behandlung weiterhin unter der Krankheit. Die Tiefe Hirnstimulation (THS) könnte in solchen Fällen eine sinnvolle Ergänzung darstellen. Darauf weisen die Ergebnisse erster klinischer Studien hin.
Bisher wird die Tiefe Hirnstimulation (THS) hauptsächlich zur Behandlung von schweren Bewegungsstörungen eingesetzt, wie den Symptomen der Parkinson-Erkrankung. Dabei werden den Patienten Elektroden in das Gehirn implantiert, die mit einem Impulsgeber in der Brust oder dem Bauch verbunden sind. Leichte Stromstöße stimulieren oder hemmen bestimmte Bereiche des Gehirns. Erst seit einigen Jahren wird in klinischen Studien untersucht, wie diese Methode gegen ansonsten therapieresistente, chronische Depressionen wirkt. „Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend“, sagt Professor Dr. med. Thomas Schläpfer von der Uniklinik Bonn, einer der Autoren des Artikels. Wie Schläpfer und seine Kollegin Dr. med. Sarah Kayser beschreiben, wurden bisher rund 140 Patienten mit therapieresistenen Depressionen mit einer THS behandelt. Der Anteil der Patienten, die von der Behandlung profitierten, liegt zwischen 21 und 71 Prozent, wobei die Linderung der Depression häufig mit der Dauer der Behandlung zunahm. Dabei implantierten Ärzte Elektroden in verschiedenen Zielregionen im Hirn. Der schnellste und beste antidepressive Effekt wird durch die Stimulation im supero-lateralen Bereich des medialen Vorderhirnbündels (slMFB) erreicht: Hier erzielt die Methode eine Erfolgsrate von 85 Prozent innerhalb weniger Tage. „Für die Tiefe Hirnstimulation spricht auch, dass sie gut mit medikamentösen und psychotherapeutischen Verfahren kombiniert werden kann“, sagt Schläpfer. Allerdings seien bisher zu wenige psychiatrische Patienten mit THS behandelt worden, um allgemeine Aussagen machen zu können, der Wirkmechanismus sei noch nicht umfassend bekannt.
Außerdem könne es zu Nebenwirkungen kommen, wie etwa Bewegungsstörungen, Angstzuständen sowie Suizidversuchen, wobei grundsätzlich das Suizidrisiko bei Patienten mit schweren Depressionen, unabhängig von der THS, schon um 15 Prozent erhöht ist. Die Autoren können jedoch beruhigen: „Diese negativen Effekte können verhindert werden, indem wir die Stimulation anpassen“, erklärt Schläpfer. Es sei dennoch wichtig, die Patienten ausgewogen zu informieren, ohne übertriebene Hoffnungen zu wecken. „Im Hinblick auf die extreme Therapieresistenz der bisher untersuchten Patienten sind die ersten Ergebnisse jedoch eindrücklich“, sagt Kayser. „Die Tatsache, dass anhaltende Effekte gezeigt werden konnten, macht die Tiefe Hirnstimulation zu einer aussichtsreichen Behandlungsmöglichkeit für schwere, therapieresistente psychische Krankheiten“, so die Studienautoren. Originalpublikation: Tiefe Hirnstimulation bei therapieresistente Depression Thomas Schläpfer et al.; Klinische Neurophysiologie, doi: 10.1055/s-0034-1375605; 2014