Patienten, die nach stationärer Behandlung eine Anschlussmedikation benötigen, sind für öffentliche Apotheken eine Herausforderung. Manche Kliniken bieten an, über Dienstleister Medikamente zu liefern – laut BGH kein Verstoß gegen das Zuweisungsverbot.
Am Apothekengesetz (ApoG), Paragraph 11, kam bis dato niemand vorbei. Darin heißt es unmissverständlich: „Erlaubnisinhaber und Personal von Apotheken dürfen mit Ärzten oder anderen Personen, die sich mit der Behandlung von Krankheiten befassen, keine Rechtsgeschäfte vornehmen oder Absprachen treffen, die eine bevorzugte Lieferung bestimmter Arzneimittel, die Zuführung von Patienten, die Zuweisung von Verschreibungen oder die Fertigung von Arzneimitteln ohne volle Angabe der Zusammensetzung zum Gegenstand haben.“ Jetzt weist der Bundesgerichtshof (BGH) auf mögliche Ausnahmen hin.
Stein des Anstoßes war die Patientenring Gesellschaft für ganzheitliche Krankenversorgung und Anwendung mbH, eine Service-GmbH am Universitätsklinik Freiburg mit vielfältigem Dienstleistungsspektrum. Stimmen Patienten zu, erhalten sie kurz vor ihrer Entlassung über eine kooperierende Apotheke Medikamente bis an das Krankenbett geliefert. Gegen vermeintliche Rezeptzuweisungen setzte sich eine Apothekerin zur Wehr. Das Landgericht Freiburg wies ihre Klage ab (Az.: 1 O 139/12), während sie in der Revision vor dem Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe Erfolg hatte (Az.: 4 U 254/12). Jetzt sprachen BGH-Richter das letzte Wort – und sorgten für eine Überraschung.
In ihrem Urteil (Az.: I ZR 120/13) widersprachen sie dem OLG. Zuweisungsverbote zielten auf die Trennung von Arzt und Apotheker als Beruf ab. Gesetzlich Krankenversicherte hätten wiederum Anspruch auf ein Versorgungsmanagement und speziell ein Entlassungsmanagement gemäß des Fünften Sozialgesetzbuchs (SGB 5), Paragraph 11, Absatz 4. Kliniken, die im GKV-Auftrag handelten, müssten auch die weitere Medikation ihrer Patienten planen. Ein Fazit: Stimmen Betroffene zu und schaltet das Krankenhaus einen neutralen Mittler wie besagte Service-GmbH dazwischen, so sind auch Zuweisungen von Rezepten an Dritte möglich. Damit stellt das BGH die pharmazeutische Versorgung von Patienten gemäß SGB V über das ApoG. Aus ähnlichen Gründen schlossen Richter einen Verstoß gegen die Berufsordnung im Kammerbezirk aus. Die Berufung der Klägerin vor dem OLG wurde zurückgewiesen.