Der eArztbrief sorgt für Stress bei Ärzten, Zahnärzte finden die Bleischürze beim Röntgen unnötig. Und: Wie geht es weiter im Fall der gefährlichen Weichmacher im Urin? Diese und weitere News lest ihr hier im Schnelldurchlauf.
Die Deutschen fallen auf der Arbeit immer häufiger aus. Für das Jahr 2023 erreichte die Zahl der Krankmeldungen erneut einen Höchststand, meldeten die Krankenkassen. So lauten zumindest die Zahlen, aber wie geht es den Deutschen gesundheitlich tatsächlich? Das will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach mit einer großen Gesundheitsbefragung herausfinden.
Dazu plant das Robert Koch-Institut (RKI) eine Studienreihe namens „Gesundheit in Deutschland“. An der Befragung sollen regelmäßig 30.000 Menschen ab 16 Jahren freiwillig teilnehmen. Eingeladen werden die Teilnehmer des Panels nach dem Zufallsprinzip, sie sollen dann über eine Plattform wiederholt zu Themen rund um ihre Gesundheit befragt werden.
Credit: Robert Koch-Institut
„Es ist ein gesundheitspolitischer Skandal, dass wir aktuell keine repräsentative Übersicht darüber haben, wie gesund die Bevölkerung eigentlich ist. Also: Wie viele Leute haben eine Behinderung, wie viele sind psychisch krank, wie viele haben jeden Tag Schmerzen, wie viele Menschen sind chronisch krank?”, erklärt Lauterbach. Es gehe auch darum, zu erkennen, wie der Gesundheitszustand etwa von Einkommen und Migrationshintergrund abhänge. „Zu diesen Fragen wollen wir endlich belastbare Daten haben“, so Lauterbach.
Bereits während der Corona-Pandemie wurden mangelnde Daten zum Problem: Anders als in anderen Ländern, konnte Deutschland seine Maßnahmen nicht auf Daten aus langjährigen Monitorings abstimmen. Anfang 2024 soll die Studie starten. Weitere Details findet ihr unter diesem Link.
Wer beim Zahnarzt geröntgt wird, bekommt oft eine Bleischürze zum Schutz vor möglicher Strahlenbelastung umgelegt. Doch seit einigen Jahren wird diese Praxis von Radiologie-Verbänden in Frage gestellt. Jetzt hat auch die American Dental Association (ADA) ihre Empfehlungen geändert: Das Tragen einer Bleischürze oder eines Schilddrüsenschutzes sei bei dentalen Röntgenaufnahmen nicht nötig – auch bei Schwangeren oder Kindern nicht.
Zu dieser Entscheidung kam das Expertengremium der ADA laut einer Mitteilung nach der Prüfung von fast 100 veröffentlichten Studien über Röntgenaufnahmen. Demnach seien moderne Röntgengeräte so präzise, dass die Strahlung nur den Bereich der gewünschten Aufnahme erfasst und so die Patienten vor der Strahlenbelastung anderer Körperteile schützt. Die Verwendung von Bleischürzen könnte hingegen sogar die Qualität der Aufnahme beeinträchtigen, was zu mehr unnötigen Röntgenaufnahmen führen könnte.
„Wenn dies geschieht, müssen mehr Röntgenaufnahmen gemacht werden und unnötige Röntgenaufnahmen wollen wir vermeiden“, sagt Dr. Purnima Kumar, Professorin für Zahnmedizin an der University of Michigan School of Dentistry. „Der zentrale Punkt dieser Empfehlungen ist, dass Kliniker Röntgenaufnahmen in Maßen anordnen sollten, um die Exposition sowohl der Patienten als auch des zahnärztlichen Personals gegenüber ionisierender Strahlung zu minimieren.“
Die Zeit für Praxen wird knapp: Niedergelassene, die ab dem 1. März keinen elektronischen Arztbrief versenden oder empfangen können, müssen bald mit finanziellen Kürzungen für ihre Praxis-IT rechnen. Denn nach einer Verordnung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) müssen Praxen dann über eine aktuelle und von der KBV zertifizierte Software für die Erstellung von eArztbriefen verfügen. Ansonsten wird ihnen die monatliche IT-Pauschale um 50 Prozent gekürzt. Ärzten geht das zu schnell – denn nicht alle Softwarehersteller können pünktlich liefern. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) fordert daher eine Fristverschiebung.
In einem Schreiben an das BMG appeliert Dr. Sibylle Steiner, KBV-Vorstandsmitglied, die verpflichtende Einführung des eArztbriefes mindestens bis zu dem Datum zu verschieben, ab dem die Regelung zur Empfangsbereitschaft von eArztbriefen aus dem Digital-Gesetz greift (voraussichtlich ab Mai). Hersteller hätten so die Gelegenheit, entsprechend nachzubessern. „Für eine hohe Akzeptanz ist es unerlässlich, dass die Einführung möglichst reibungslos erfolgt“, erklärte Steiner in dem Schreiben.
Aktuell hakt es noch an mehreren Fronten: Trotz mehrfacher Aufforderung durch die KBV hätten einige Firmen ihre Software für den eArztbrief noch nicht zertifizieren lassen. Wird die Frist nicht verschoben, seien von den Sanktionen ungefähr 5.500 Praxen betroffen, heißt es seitens der KBV. Maßgebliche Hersteller im Bereich der Psychotherapeuten hätten das Zertifizierungsverfahren zwar erfolgreich durchlaufen, würden es nach Informationen der KBV aber nicht schaffen, den Roll-out bis zum 1. März abzuschließen.
Bisher ist noch offen, ob das BMG die Frist verschieben wird. Die KBV empfiehlt Praxen, die noch kein eArztbrief-Modul installiert haben, bei ihrem PVS-Hersteller nachzuhaken, ob das Modul verfügbar ist und wie es installiert werden kann. Dazu könne die Hilfe eines Dienstleisters vor Ort notwendig werden.
Im Urin zahlreicher Menschen in Deutschland wurden vom Umweltbundesamt (Uba) Hinweise auf einen gefährlichen Weichmacher nachgewiesen – obwohl dieser seit Jahren großteils verboten ist. Das Problem ist offenbar weit verbreitet: In der aktuell noch laufenden 6. Deutschen Umweltstudie zur Gesundheit sei in bislang 28 Prozent der Proben der Metabolit MnHexP entdeckt worden, erklärte Uba-Toxikologin Marika Kolossa. Die Herkunft des Weichmachers ist bisher noch völlig unklar. „Das ist eine richtige Detektivgeschichte. Wir suchen jetzt auf voller Ebene in Deutschland”, so Kolossa. „So einen Stoff dürfte man nicht im Körper finden und wir finden ihn.”
Bei dem Metaboliten handelt es sich um ein Abbauprodukt des Weichmachers Di-n-hexyl-Phthalat (DnHexP). Nach Ergebnissen von Tierversuchen hat dieser Stoff eine fortpflanzungsschädigende Wirkung. Bei Erwachsenen kann der Weichmacher das Risiko für Diabetes, Bluthochdruck und Fettleibigkeit erhöhen. In einzelnen Menschen seien Konzentrationen entdeckt worden, „die so hoch sind, dass eine Gesundheitsgefährdung nicht auszuschließen ist”, sagt Kolossa.
Der Stoff ist in der EU zwar seit vielen Jahren stark beschränkt beziehungsweise verboten. Als Weichmacher ist er in kosmetischen Mitteln, Lebensmittelkontaktmaterialien und in Spielzeug daher nicht mehr zugelassen. Dennoch kann die Substanz unter bestimmten Umständen noch auftreten – etwa in Importerzeugnissen, die den Stoff enthalten, so Lars Tietjen vom Uba.
Alarmierende Zahlen hierzu kamen kürzlich aus Nordrhein-Westfalen. Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) hat rückwirkend alte Urinproben von 250 Kindergartenkindern untersucht. Das Ergebnis: Der Anteil der mit MnHeP belasteten Proben stieg von 26 Prozent (2017/18) auf 61 Prozent (2020/21). Damit habe sich die Konzentration bei hochbelasteten Kindern im Untersuchungszeitraum etwa verzehnfacht.
Jetzt ist die Politik gefragt, die Aufklärung des Falls voranzutreiben. In NRW soll sich der Landtag um das Thema kümmern. Für den kommenden Gesundheitsausschuss hat die SPD-Fraktion einen schriftlichen Bericht der Landesregierung angefordert. Die Opposition will unter anderem herausfinden, wie lange die Landesregierung die Zahlen zum Weichmacher-Fund bereits kennt. Aber auch, welche Maßnahmen die Landesregierung plant, um die weitere Ausbreitung bei Kindern zu verhindern. Planmäßig kommt der nächste Gesundheitsausschuss des Landtages am 21. Februar zusammen.
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