Als PTA blicke ich auf einen durchwachsenen Monat mit dem E-Rezept zurück. Vieles lief überraschend gut, doch es gibt drei Stellen, an denen die Hausärzte noch schrauben sollten. Lest hier, bei welchen Punkten es besonders oft kracht.
Ein Monat ist vergangen, seit das E-Rezept in Deutschland eingeführt wurde. Vier Wochen, die Arztpraxen und Apotheken durchaus an ihre Grenzen gebracht haben. Allen Unkenrufen zum Trotz, funktioniert das neue System aber besser als befürchtet, doch an ein paar Stellschrauben könnten die Arztpraxen gerne noch drehen, um uns Apothekenmitarbeitern das Leben etwas zu erleichtern. Hört man sich in der Branche um, dann sind es vor allem drei Dinge, die besonders viel Zeit oder Nerven kosten: die Stapelsignatur, die Freitextverordnungen bei Rezepturen und das Bestehen auf einer E-Rezept-Ausstellung, selbst wenn es zum Nachteil der Patienten ist.
Die Einführung der Stapelsignatur verspricht zweifellos eine effizientere Abwicklung der digitalen Prozesse beim Signieren der Rezepte. Doch für viele Apotheken bedeutet dieses Vorgehen nicht nur einfach einen organisatorischen Mehraufwand, sondern es könnte langfristig das wirtschaftliche Aus sein. Durch sie müssen Patienten oft stundenlang auf ihre Medikamente warten, bis die E-Rezepte zum Abruf freigeschalten sind. Die Praxen geben ihnen daher den guten Rat mit auf den Weg, ihre Medikamente einige Stunden später oder gar erst am Folgetag in den Apotheken abzuholen. Insbesondere Apotheken in Ärztehäusern verlieren dadurch nicht nur ihren Standortvorteil, sondern auch ihre Existenzgrundlage.
Ihre eindringliche Bitte an die Ärzte ist daher, auf die Komfortsignatur zu setzen, um eine zeitnahe Bearbeitung zu ermöglichen und die Patientenzufriedenheit zu steigern. Es wäre ein Schritt, der die Apotheken in der unmittelbaren Umgebung der Arztpraxen stärken würde. Andere Apotheken sind durch die Zeitverzögerung einfach nur genervt, da sich manche Patienten auch den Spaß machen, trotz des Rates der Praxis direkt in die Apotheke zu gehen, „um es einfach mal zu versuchen“. Das kostet Zeit und Nerven.
Ein dringender Appell geht hier an alle Hautärzte, die ihre Rezepturen per Freitextverordnung ausstellen. Dieser vermeintlich einfache Schritt für die Praxis führt in der Apotheke zu erheblichem administrativem Aufwand. Das manuelle Übertragen der Informationen aus dem Freitext, die häufig ohne Punkt und Komma übertragen werden, ist nicht nur zeitaufwendig, sondern auch fehleranfällig. Welche Zahl gehörte nun zu welchem Rezepturbestandteil? Sind das Prozent oder Gramm? Ist das eine Menge oder soll das eine Dosierung sein? Wir kommen da oft ins Grübeln.
Strukturierte Verordnungen oder die Verwendung traditioneller Muster-16-Rezepte wären hier die klügere Wahl. Eine klare Struktur minimiert Fehler und beschleunigt den gesamten Ablauf erheblich. Dies ist nicht nur im Sinne der Apotheker, sondern vor allem im Sinne der Patientensicherheit. Zudem erspart es uns die Mühe, eine solche Rezeptur in die Kasse zu übertragen. Es ist den Ärzten nicht bewusst – oder vielleicht auch grundsätzlich egal –, dass wir bei den vielen Schritten, die dafür an der Kasse notwendig sind, mindestens zehn Punkte durchgehen müssen, Codes eingeben, Platzhalter verwenden und Nerven verlieren, wenn alles nicht so klappt, wie es sollte. Seit ich damit arbeite, gab es schon mindestens drei Änderungen bei der Vorgehensweise und ich muss jedes Mal, bevor ich mich an eine solche Freitextrezeptur wage, in die FAQ unseres Softwareanbieters reinklicken, falls es wieder einen neuen Code gibt, den ich dafür beachten muss.
Dazu noch ein Punkt: Vergesst bitte die Alten und die Gehbehinderten nicht! Trotz der Digitalisierung ist es entscheidend, den persönlichen Touch in der Patientenversorgung zu bewahren. Das gute alte rosa Rezept kann insbesondere für immobile Patienten von unschätzbarem Wert sein. Die unkomplizierte Möglichkeit, ein Rezept, das man in den Händen hält, der Apotheke am Telefon vorlesen zu können, die einem dann die gewünschten Medikamente nach Hause liefert, ist Gold wert. Weigert sich die Praxis, weil sie nur noch E-Rezepte ausstellt, so ist das in diesem Fall auch für die Apotheke extrem problematisch. Wir benötigen die Gesundheitskarte als Schlüssel, um das Rezept bearbeiten zu können. Wenn der Patient nicht kommen kann, um sie zu bringen, was sollen wir tun?
Zum Patienten fahren, die Karte holen, in die Apotheke zurückfahren, die Karte auslesen und die Medikamente mit der Karte liefern? Das ist zeitlich und finanziell nicht stemmbar. Zudem: Wenn dem Patienten in der Zwischenzeit etwas zustößt und er ärztliche Hilfe benötigt, dann fehlt die Gesundheitskarte, weil sie bei uns liegt. Also: Bei aller Fortschrittlichkeit – das alte Rezept ist nicht verboten, nutzt es ab und zu!
Abschließend möchte ich betonen, dass trotz der anfänglichen Schwierigkeiten die Zusammenarbeit zwischen den Praxen und Apotheken entscheidend ist und im Normalfall auch wirklich gut funktioniert. Wir sind in den meisten Fällen zu echten Partnern auf dem Weg zur Digitalisierung des Gesundheitswesens geworden. Es ist wichtig, dass wir uns weiterhin gegenseitig unterstützen, miteinander Lösungen finden und die Patientenversorgung weiter optimieren. Die Einführung des E-Rezepts mag holprig sein und auch noch eine Weile bleiben, aber gemeinsam können wir die Wellen glätten und einen halbwegs reibungslosen Ablauf gewährleisten. In diesem Sinne: Wenn wir schon in einem Boot sitzen, lasst uns zusammen weiterrudern – so kommen wir am weitesten.
Bildquelle: Planet Volumes, Unsplash