Forscher haben sich eine der gefährlichsten Hautkrebs-Mutationen zunutze gemacht, um kaputtes Herzgewebe nach einem Infarkt zu reparieren. Wie das funktioniert, lest ihr hier.
Die genetische Mutation im Protein BRAF, einem Teil des MAPK-Signalwegs, der die Zellteilung fördern kann, ist eine der häufigsten und aggressivsten, die bei Melanompatienten gefunden werden. In einer neuen Studie in Science Advances zeigen Forscher, dass das Einbringen dieser Mutation in im Labor gezüchtetes Rattenherzgewebe das Wachstum anregen kann.
Die Wiederherstellung des Herzmuskels nach einem Herzinfarkt ist der Heilige Gral der Herzforschung, der dadurch erschwert wird, dass sich das Herzgewebe nicht von selbst regeneriert. Eine mögliche Strategie bestünde darin, Herzmuskelzellen zur Teilung zu bewegen, indem man den Patienten ein therapeutisches Gen sicher zuführt und seine Aktivität im Herzen vollständig kontrolliert.
„Reife Herzmuskelzellen teilen sich in der Regel nicht, daher dachten wir, dass wir eine besonders starke genetische Mutation benötigen, um sie zur Vermehrung zu bewegen“, so Nenad Bursac, Professor für biomedizinische Technik in Duke. „MAPK ist ein gut erforschter Signalweg, der, wenn er mutiert ist, die Vermehrung von Krebs ziemlich aggressiv auslösen kann, weshalb wir uns entschieden haben, ihn zu untersuchen.“
In der Studie untersuchten Bursac und der Doktorand Nicholas Strash neonatale Rattenherzzellen, die in einer 3D-Hydrogel-Umgebung gewachsen waren. Die Hydrogel-Umgebung bietet die Voraussetzungen für das Wachstum und die Reifung von Zellen zu erwachsenen Herzmuskelgeweben, bei denen die Zellteilung natürlich aufhört. Um zu versuchen, den Muskel dazu zu bringen, sich zu teilen und wieder zu wachsen, infizierten die Forscher ihn mit einem Virus, das mit einem mutierten BRAF-Gen beladen war. Das Virus, das sich normal verhält, fügte das mutierte Gen in die Zellen ein, so dass es zu einem Teil der DNA der Zellen wurde. Anschließend führten die Forscher ein Medikament ein, das die Aktivierung der mutierten BRAF-Gene bewirkte.
Wie beim Hautkrebs bewirkten die mutierten Gene, sobald sie aktiviert waren, dass die Herzmuskelzellen in die DNA-Synthese eintraten – den ersten Schritt der Zellteilung und des Wachstums. Doch es gab auch Nachteile. „Sobald die Zellen in ihre Vermehrungsphase eintraten, begannen sie auch mit dem Abbau der Maschinerie, die es ihnen ermöglicht, sich zusammenzuziehen und Blut zu pumpen, wenn sie im Herzen sind“, so Strash. „Dadurch verlor das Gewebe als Ganzes etwa 70 % seiner Kontraktionskraft, was ziemlich dramatisch ist. Ein Grund dafür ist, dass fast alle Zellen des Gewebes mit dem Virus infiziert wurden.“
Die Ergebnisse sind sowohl spannend als auch aufschlussreich. Jedes potenzielle Therapeutikum, das erwachsene Herzzellen zur Vermehrung anregen kann, gibt Anlass zu Optimismus. Da die Zellen jedoch an Kraft verlieren, müssen die Dosierung und die Dauer der Genaktivierung genau kontrolliert werden – es gibt also noch viel zu tun, bevor ein möglicher Einsatz bei menschlichen Patienten möglich ist.
Zunächst müsste ein anderes Verabreichungssystem eingesetzt werden, das die Gene auf eine Weise an die richtigen Zellen bringt, die der Arzt vollständig kontrollieren kann. Methoden wie Lipid-Nanopartikel und kurzlebige Viren sind zwei Ansätze, die derzeit entwickelt werden, aber beide haben noch einen langen Weg vor sich, bevor sie zur Herzregeneration beim Menschen eingesetzt werden könnten.
Die andere große Hürde besteht darin, einen Weg zu finden, die Regeneration des Herzgewebes in Gang zu setzen, ohne dass das Gewebe an Kraft verliert. Aufgrund der zeitlichen Abfolge der zellulären Mechanismen glauben die Forscher, dass es ein Zeitfenster geben könnte, in dem die Aktivität des mutierten Gens gestoppt werden kann, nachdem die Replikation beginnt, aber bevor die kontraktile Maschinerie in einem großen Teil des Herzens beeinträchtigt wird. Oder es könnte die Möglichkeit bestehen, ein zweites Therapeutikum zu verabreichen, das die Zellen dazu veranlasst, den abgebauten Pumpapparat nach der Vermehrung wieder aufzubauen.
In Zukunft wollen die Forscher untersuchen, wie dieser Ansatz in den Herzen lebender Tiere funktioniert, und ihn mit ihren Laborergebnissen vergleichen. Die Arbeit mit lebenden Tieren wird auch zu einem besseren Verständnis dafür führen, welche anderen Gene und Prozesse durch das mutierte BRAF-Gen aktiviert werden und ob die Proliferation unabhängig davon aktiviert werden kann, ohne dass es zu einem Funktionsverlust kommt, um die Heilung effizient zu fördern.
„Das Herz hat im Grunde keinen primären Krebs, und es ist fast einzigartig, dass es keinen hat“, sagt Bursac. „Die Einführung dieser Krebsmutation in das Herz ist offensichtlich ein künstliches Ergebnis, das in der Natur nicht vorkommt. Die Untersuchung an im Labor gezüchteten Geweben ist ein großer Schritt in Richtung eines besseren Verständnisses dieses gesamten Signalwegs im Herzen, was über regenerative Therapien hinaus von Nutzen sein könnte.“
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Duke University. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Joshua Brown, Unsplash