Patienten mit myelodysplastischen Neoplasien im Hochrisiko-Stadium haben bisher nur wenig Therapie-Optionen. Könnte sich das durch eine neue Immuntherapie bald ändern?
Jedes Jahr werden in Deutschland rund 4.000 Menschen mit myelodysplastischen Neoplasien (MDS) diagnostiziert. Die Erkrankung kann zu Blutarmut, Infektionen und einer verstärkten Blutungsneigung führen. Betroffene von Hochrisiko-MDS haben im Vergleich mit der gleichaltrigen Bevölkerung eine deutliche geringe Lebenserwartung. Behandelt wird die Erkrankung im Hochrisiko-Stadium mit Stammzelltransplantation oder Chemotherapie. Patienten, für die diese intensiven und körperlich stark belastenden Behandlungsformen nicht in Frage kommen, haben nur sehr wenige alternative Therapie-Optionen. Daher besteht ein großer Bedarf an neuen Ansätzen und Kombinationen bei Hochrisiko-MDS.
Nun wurde unter der Leitung von Prof. Uwe Platzbecker von der Universitätsmedizin Leipzig eine neue Behandlungskombination erprobt. Die Ergebnisse wurden im Fachjournal The Lancet veröffentlicht. In der internationalen Studie an 54 Zentren in 17 Ländern haben die Forschenden 127 Patienten mit Hochrisiko-MDS untersucht. Dabei wurden hypomethylierende Substanzen (HMA), der derzeitige Behandlungsstandard in der untersuchten Patientengruppe, mit einer Kombination aus HMA und dem Wirkstoff Sabatolimab verglichen.
Sabatolimab ist ein intravenös verabreichter neuer immuntherapeutischer Wirkstoff, der auf Domänen abzielt, die sich auf myeloischen Immun- und Tumorzellen befinden. Er gehört zur Klasse der Immun-Checkpoint-Inhibitoren. Checkpoint-Inhibitoren greifen gezielt an bestimmten Stellen des Immunsystems ein, um Überlebensmechanismen des Tumors außer Kraft zu setzen. Damit soll verhindert werden, dass der Krebs das Immunsystem, das ihn ansonsten angreift, abschalten kann. „Bei der Studie handelt es sich um die erste randomisierte Untersuchung einer Immuntherapie in Kombination mit dem Behandlungsstandard in dieser Patientengruppe bei myeloischen Neoplasien“, sagt Platzbecker, Professor für Hämatologie an der Universität Leipzig und Direktor der Klinik für Hämatologie, Zelltherapie, Hämostaseologie und Infektiologie am Universitätsklinikum Leipzig.
Der Zusatz des Wirkstoffs Sabatolimab zum Behandlungsstandard führte in der aktuellen Studie nicht zu einer signifikanten Verbesserung der Ansprechraten oder des progressionsfreien Überlebens der Patienten. Sabatolimab zeigte in den meisten Fällen allerdings ein gut handhabbares Sicherheitsprofil in dieser schwer behandelbaren Patientengruppe, für die nur eingeschränkte Therapieoptionen verfügbar sind. Die häufigsten Nebenwirkungen waren eine Reduzierung der weißen Blutkörperchen (Neutropenie) und der Blutplättchen (Thrombozytopenie) – diese traten jedoch in sowohl der Sabatolimab- als auch der Placebo-Gruppe auf.
Die Forscher sehen nach wie vor Potenzial in der Kombination der Standardbehandlung mit dem neuen Wirkstoff Sabatolimab. Es läuft bereits eine randomisierte Phase-3-Studie, die letzte Phase im Entwicklungsprozess eines Medikaments, in der die Behandlung in einer größeren Patientenkohorte untersucht wird. In dieser Folgestudie wird der potenzielle Nutzen von Sabatolimab in Kombination mit Azacitidin, dem gängigsten HMA-Wirkstoff, in Bezug auf das Gesamtüberleben untersucht.
Dieser Beitrag basiert auf einer Pressemitteilung der Universität Leipzig. Die Originalstudie haben wir euch hier und im Text verlinkt.
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