Die Leitlinie zur COVID-19-Therapie wurde aktualisiert, stimmungsaufhellende Therapien können entzündliche Darmerkrankungen lindern – und Klinikärzte werfen Lauterbach jetzt Erpressung vor. Diese und weitere News lest ihr hier im Schnelldurchlauf.
Kurze Zeit schien es, als würden sich Bund und Länder bei der Krankenhausreform und dem Krankenhaustransparenzgesetz endlich annähern. Nach der gestrigen Bund-Länder-Runde hat der Zoff einen neuen Gipfel erreicht. Grund dafür ist der neue Fahrplan von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Er hat angekündigt, dass die Reform im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig sein soll. Nicht nur die Länder fühlen sich ausgebootet und sind – milde gesagt – sauer. Auch bei der Ärzteschaft kippt die Stimmung. Das könnte Konsequenzen haben: Es mehren sich Appelle an die Länder, dem Transparenzgesetz am 22. März im Bundesrat nicht zuzustimmen.
Karl-Josef Laumann, NRW-Gesundheitsminister, wirft Lauterbach Wortbruch bei der Krankenhausreform vor. Das Gesetz streife landesrechtliche Regelungsbereiche und sei zustimmungspflichtig, so Laumann. „Es ist denkbar, dass Minister Lauterbach glaubt, mit der Mehrheit der SPD-geführten Länder im Rücken im Bundesrat ein wenig ambitioniertes Gesetz auch ohne Zustimmung einer breiten Ländermehrheit in Kraft setzen zu können.“ Er appellierte an alle Länder „ihre grundgesetzlich festgeschriebenen Gestaltungsrechte in der Krankenhausplanung nicht zugunsten der Parteiräson zu opfern.”
Der Verband leitender Krankenhausärzte (VLK) sprach sogar von „Erpressung” – und appellierte ebenfalls an die Länder dem Transparenzgesetz im Bundesrat nicht zuzustimmen. „Dass der Bundesgesundheitsminister das Transparenzgesetz mit der finanziellen Stabilisierung der Kliniken verbindet, halten wir für eine Erpressung. Beide Vorhaben haben nichts miteinander zu tun“, erklärte VLK-Präsident Michael Weber. Die Klinikärzte seien für transparente Qualitätsdaten für Patienten, „aber sie müssen auch fair vergleichbar sein und dürfen keine neue Bürokratie für die Kliniken bringen“. Sie empfehlen nun ein Abspecken des Transparenzgesetzes.
Auch von der Bundesärztekammer kommt Kritik. Sie hält das Transparenzregister in der vom BMG geplanten Form für realitätsfern – ein bürokratielastiges Klinikregister sei unnötig. Denn Patienten könnten sich Informationen auch aus dem Deutschen Krankenhausverzeichnis oder der Weissen Liste beschaffen. Außerdem wüssten einweisende Ärzte und Rettungsdienstmitarbeiter ohnehin über die Behandlungsmöglichkeiten der Krankenhäuser Bescheid.
Psychosoziale Faktoren spielen in der Medizin eine immer größere Rolle. Das gilt auch für chronisch entzündliche Darmerkrankungen – nicht umsonst ist die Darm-Hirn-Achse integraler Bestandteil vieler Forschungsarbeiten. Deswegen haben Forscher sich jetzt angesehen, wie sich psychologische Interventionen, die das Wohlbefinden und die Stimmung verbessern sollen, auf die Entwicklung chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen auswirkt. Während bisherige Arbeiten keinen signifikanten Einfluss feststellen konnten, kam eine aktuelle Metaanalyse, die in eBiomedicine veröffentlicht wurde, zu anderen Ergebnissen.
Die Forscher inkludierten 28 randomisierte, kontrollierte Studien mit Erwachsenen Studienteilnehmern, die an Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa erkrankt sind. Insgesamt wurden von über 1.700 Studienteilnehmern Entzündungsdaten gemessen und es wurden Stimmungsinterventionen durchgeführt. Die Wissenschaftler wollten wissen, ob und wie sich die Stimmungsinterventionen auf die Entzündungsbiomarker auswirken und welche Interventionen den größten Nutzen bringen.
Klare Gewinner unter den Interventionen sind psychologische Therapien. Sie konnten – im Vergleich zu einer Behandlung ohne jegliche Stimmungsintervention – die Entzündungswerte um bis zu 18 % senken. Antidepressiva und körperliche Betätigung konnten die Werte ebenfalls senken, aber Interventionen wie die kognitive Verhaltenstherapie (KVT), Akzeptanz- und Commitment-Therapie und achtsamkeitsbasierte Stressreduktion erzielten die besten Ergebnisse. „Behandlungen, die sich auf die Stimmung auswirken, haben also positive Auswirkungen auf die allgemeine Entzündung sowie auf krankheitsspezifische Biomarker (fäkales Calprotectin und C-reaktives Protein). Psychologische Interventionen und Interventionen mit größeren Behandlungseffekten auf die Stimmung verstärken die Wirkung auf die Biomarker“, so die Studienautoren. Es sei allerdings noch weitere Forschung nötig, um die biologischen und verhaltensbezogenen Mechanismen hinter dieser Entdeckung vollkommen zu verstehen.
Bei der Abgabe von Tropicamid-haltigen Augentropfen sollten Apotheken wachsam sein: Der Arzneimittekommission Deutscher Apotheker (AMK) sind vermehrt Verdachtsfälle zum potenziellen Missbrauch von Tropicamid-haltigen Augentropfen gemeldet worden.
In erster Linie kommen die Augentropfen für die augenärztliche Diagnostik zum Einsatz. Werden die Tropfen systemisch als Injektion angewandt, lassen sich damit aber auch Halluzinationen erzeugen. Es können Atropin-ähnliche Wirkungen auftreten. „Tropicamid wird auch im Zusammenhang eines Heroin-Abusus als Enhancer beschrieben, um die Opiatwirkung zu verstärken”, heißt es in einer Studie aus dem Jahr 2022.
Verschiedene Apotheken in Deutschland haben in den vergangenen anderthalb Jahren drei Verdachtsfälle eines potenziellen Missbrauchs Tropicamid-haltiger Augentropfen gemeldet. Dabei legten überwiegend junge erwachsene Männer Verordnungen hoher Mengen vor, wie etwa fünf Packungen Mydriaticum Stull® 10 x 10 ml. Es handelte sich zum Teil um gefälschte Privatrezepte, aber auch um mehrere Verordnungen verschiedener Ärzte. Vor diesem Hintergrund warnt die AMK jetzt vor schweren Nebenwirkungen bei systemischer Anwendung. Dazu zählen Tachykardie, Delirium, akute Psychose, Übererregbarkeit, Verwirrtheit, Gedächtnis- und Verhaltensstörungen. Apotheker sollten bei der Vorlage von Tropicamid-Verordnungen auf Auffälligkeiten wie ungewöhnlich hohe Verordnungsmengen achten. Besteht konkreter Missbrauchsverdacht, kann die Abgabe verweigert werden. Gleiches gilt für die Vorlage von Rezeptfälschungen.
Die missbräuchliche Anwendung solcher Tropfen ist aus einigen Ländern bereits bekannt. In Osteuropa schossen die Absätze beispielsweise über drei Jahre von zwei auf 11 Millionen Einheiten in die Höhe.
Täglich werden Hunderte neue wissenschaftliche Arbeiten zu COVID-19 publiziert – um einen guten Überblick über die Therapieempfehlungen behalten zu können, wurde die S3-Leitlinie zur Therapie von COVID-19 jetzt aktualisiert. Sie umfasst Empfehlungen über den gesamten Verlauf der Erkrankung von der ambulanten Therapie bis zur Behandlung im Krankenhaus. Daran beteiligt waren 17 Fachgesellschaften sowie Patientenvertreter.
„Die vorliegende Leitlinie bezieht nun alle neuen und gesicherten Erkenntnisse mit ein und ist für ein strukturiertes, sicheres und ressourcenschonendes Management von COVID-19-Patientinnen und Patienten in Praxis und Krankenhaus unerlässlich“, so Professor Stefan Kluge, Koordinator der Leitlinie und Direktor der Klinik für Intensivmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf in einer Pressemitteilung.
Die medikamentöse Therapie von COVID-19-Patienten hat in der aktualisierten Leitlinie eine zentrale Bedeutung – zu zahlreichen Medikamenten gibt es aktualisierte Empfehlungen. Bei Patienten mit einem hohen Risiko für einen schweren Verlauf wird eine medikamentöse Frühtherapie empfohlen. Außerdem wird in der Leitlinie zu einer intensivierten Antikoagulation bei hospitalisierten Patienten geraten.
„In den ersten Wellen der Pandemie haben wir viele Erkrankte mit Thrombosen und Lungenembolien gesehen”, sagte Professor Florian Langer von der Deutschen Gesellschaft für Thrombose und Hämostaseforschung (GTH). „Die Leitlinie empfiehlt hierzu, bei im Krankenhaus behandelten COVID-19-Patienten mit moderater Krankheitsaktivität und erhöhtem Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf eine intensivierte Antikoagulation zu erwägen, also die Gabe von Medikamenten zur Hemmung der Blutgerinnung in einer höheren als sonst üblichen Dosierung.“
Unter diesem Link könnt ihr alle Details in der aktualisierten Leitlinie lesen.
Bildquelle: Usman Yousaf, Unsplash