Knochenbrüche sind bei Kindern und Jugendlichen häufig. Kann Vitamin D das Risiko für Frakturen verringern? Lest hier die neuesten Erkenntnisse.
Etwa ein Drittel aller Kinder und Jugendlichen erleidet vor dem 18. Lebensjahr mindestens eine Fraktur. Besonders häufig sind solche Ereignisse bei Wachstumsschüben während der Pubertät. Doch wie gelingt es, das Risiko zu verringern? Neben der Aufklärung und Schulung von Eltern spielen Bewegung und Ernährung eine wichtige Rolle, um die Knochendichte positiv zu beeinflussen.
Schon länger diskutieren Wissenschaftler kontrovers über den Nutzen von Vitamin-D-haltigen Nahrungsergänzungsmitteln. Beispielsweise hat eine Beobachtungsstudie mit 8.348 Schulkindern gezeigt, dass Supplemente nicht mit einem niedrigeren Risiko für Frakturen in Verbindung stehen. Auch eine Metaanalyse der Daten von neun randomisierten, kontrollierten Studien sorgte für wenig Klarheit. Klinisch bedeutsame Vorteile für die Knochendichte durch die einjährige Vitamin-D-Supplementierung bei gesunden Kindern und Jugendlichen waren recht unwahrscheinlich. Sprich: Gefehlt haben randomisierte, kontrollierte Studien, um Effekte von Vitamin D auf hohem Niveau zu untersuchen.
Um diese Evidenzlücke zu schließen, haben Forscher eine randomisierte, kontrollierte Phase-3-Studie mit 8.851 Schulkindern im Alter von 6 bis 13 Jahren durchgeführt. Ihre Teilnehmer kamen aus der Mongolei, einer Region mit besonders hoher Frakturbelastung. Vitamin-D-Mangel ist dort ebenfalls recht verbreitet.
Alle Probanden erhielten wöchentliche Dosen von entweder 14.000 internationalen Einheiten (IE) Vitamin D3 oder Placebo. Die verwendeten Kapseln hatten das gleiche Aussehen und den gleichen Geschmack. Während der Schulferien bekamen Kinder entweder eine einzelne Bolus-Dosis von bis zu 42.000 IE oder Mitarbeiter besuchten die Teilnehmer zu Hause, um Medikamente zu verabreichen. Alternativ wurden Eltern mit ausreichend Studienmedikamenten versorgt und instruiert. Die Intervention endete nach drei Jahren.
Die Forscher erfassten per Fragebogen u. a. den Lebensstil, das sozioökonomische Umfeld und die Ernährung als Faktoren mit Einfluss auf den Vitamin-D-Status. Auch die Körpergröße, das Gewicht, die Knochendichte (Z-Score) und die Serum-25(OH)D-Konzentrationen wurden mindestens zweimal erfasst.
Die Auswertung hat ergeben: Bei 521 Teilnehmern traten insgesamt 677 Frakturen auf. Davon betrafen 461 (68,1 %) die oberen Extremitäten und 163 (24,1 %) die unteren Extremitäten. 268 (6,4 %) Teilnehmer in der Vitamin-D-Gruppe und 253 (6,1 %) Teilnehmer in der Placebogruppe hatten mindestens eine Fraktur. Die Supplementation hatte keinen Einfluss auf das Frakturrisiko oder den Z-Score, weder in der gesamten Studienpopulation noch in Untergruppen von Teilnehmern mit niedrigem Vitamin-D-Ausgangswert oder geringer Kalziumaufnahme.
Tatsächlich waren die Autoren von ihren negativen Ergebnissen kaum überrascht. Eine Studie mit Schulkindern aus Kapstadt, Südafrika, hatte ebenfalls gezeigt, dass die Supplemente nicht mit niedrigeren Frakturrisiken in Verbindung stehen. Und bei Erwachsenen hatte Vitamin D ohne gleichzeitige Kalzium-Gabe keinen Effekt auf Frakturrisiken.
Die Autoren werfen auch einen kritischen Blick auf ihre Arbeit. Als Stärken erwähnen sie das doppelblinde Studiendesign, dem Standard zur Bewertung der Wirksamkeit einer Intervention, und die Studiendauer von drei Jahren. Auch war die Inzidenz von Frakturen mit 266 Ereignissen pro 10.000 Kinder und pro Jahr hoch, was der Arbeit „ein hohes Maß an statistischer Aussagekraft“ verleihe, heißt es im Artikel.
Dem steht als Einschränkung gegenüber, dass Mitarbeiter quantitativen Ultraschall anstelle der Dual-Röntgen-Absorptiometrie zur Messung der Knochenmineraldichte eingesetzt haben: vorrangig, um die Belastung durch ionisierende Strahlung gering zu halten. Und Vitamin D kam wöchentlich – ohne Kalzium-Supplementation – zum Einsatz. Die Schätzung der Kalziumaufnahme der Teilnehmer basierte auf der Erinnerung der Eltern und nicht auf einem prospektiv ausgefüllten Fragebogen zur Häufigkeit von Nahrungsmitteln, was die Genauigkeit dieser Bewertung möglicherweise beeinträchtigt hätte. „Daher schließen unsere Ergebnisse die Möglichkeit nicht aus, dass eine tägliche Dosierung mit oder ohne begleitende Kalziumergänzung wirksam sein könnte“, heißt es als Resümee.
Bildquelle: Getty Images, unsplash