Früherkennung von Krankheiten ist was Gutes – aber was, wenn „zu viel“ gefunden wird? Nicht alles, was auffällig ist, wäre im Verlauf der Krankheit lebensbedrohlich geworden. Eine neue Methode scheint hier zuverlässig zu sein.
In der Diagnostik ist es nicht automatisch besser, mehr zu finden. Vielmehr geht es darum, das Richtige zu finden – gerade bei so gefährlichen Krankheiten wie Krebs. Hier kommt die Früherkennung ins Spiel, die aber auch unerwünschte Nebenwirkungen haben kann: Zum Beispiel besteht die Gefahr, dass auch nicht aggressive Tumoren entdeckt werden, die zwar zu einer Behandlung führen, aber die Lebensqualität nicht wesentlich beeinträchtigt hätten oder im Verlauf lebensbedrohlich geworden wären. Man spricht hier von Überdiagnose.
Auch bei TOSYMA geht es um Früherkennung: Die weltweit größte randomisierte diagnostische Überlegenheitsstudie zur Früherkennung von Brustkrebs hat es sich zur Aufgabe gemacht, die systematische Früherkennung von invasivem Brustkrebs zu untersuchen und zu verbessern. Die Forscher der Universität Münster, die das Mammutprojekt leiten, haben jetzt in der Fachzeitschrift Radiology neue Ergebnisse veröffentlicht. Diese zeigen die Vorteile des innovativen Diagnoseansatzes.
Bei den fast 100.000 TOSYMA-Studienteilnehmerinnen wurde eine Kombination aus digitaler Brust-Tomosynthese (DBT) und synthetischer 2D-Mammographie (SM) eingesetzt. Die interdisziplinäre Studiengruppe unter Leitung von Prof. Walter Heindel, Direktor der Klinik für Radiologie am Universitätsklinikum Münster, verglich die Daten des kombinierten Verfahrens, DBT+SM genannt, mit denen des konventionellen Screenings per digitaler Mammographie (DM). Das Ergebnis: Mit DBT+SM werden deutlich mehr invasive Mammakarzinome entdeckt als mit dem herkömmlichen DM-Verfahren. Dies bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass die Gesundheit der Frauen verbessert wird – das Schlüsselwort ist hier Überdiagnose. Mit anderen Worten: Es hat sich gezeigt, dass die DBT+SM den Brustkrebs besser findet – nun galt es zu untersuchen, ob dadurch auch eine Verbesserung für die betroffenen Brustkrebspatientinnen zu erwarten ist.
In einer explorativen Subanalyse untersuchten Prof. Stefanie Weigel, Prof. Walter Heindel und Prof. Hans-Werner Hense, welche Tumoren häufig in einem früheren Stadium des Brustkrebses entdeckt werden und fanden heraus, dass das DBT+SM-Screening relevante Tumoren entdecken kann, also solche, die im Gegensatz zu weniger aggressiven Varianten potenziell relevant für eine Senkung der Brustkrebssterblichkeit sind. Weigel fasst zusammen: „Aus den Ergebnissen der Subanalyse schließen wir, dass die höhere Rate an frühen Tumorstadien der Tumorgrade 2 und 3 durch den Einsatz der DBT+SM den Screening-Effekt im Hinblick auf die Brustkrebssterblichkeit erhöhen könnte.“
Der nächste Schritt ist bereits in Arbeit: In diesem Jahr werden die Daten der Krebsregister von Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen zur Nachuntersuchung ausgewertet, um den Screening-Effekt der DBT+SM im Vergleich zum bisherigen Screening-Standard weiter zu untersuchen.
Der Beitrag basiert auf einer Pressemitteilung der Universität Münster. Die Originalpublikation findet ihr hier und im Text verlinkt.
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