Egal, ob Nase, Brust, Gesicht oder Schamlippen: Viele Körperteile lassen sich durch ästhetisch-chirurgische Eingriffe optimieren. Nun gibt es neue Zahlen: Weltweit gab es im letzten Jahr mehr als 23 Millionen chirurgische Behandlungen.
Neue Zahlen von der International Society of Aesthetic Plastic Surgery (ISAPS): Weltweit gab es im letzten Jahr mehr als 23 Millionen chirurgische und nicht chirurgische kosmetische Behandlungen. An der Spitze stehen die USA (3.996.631 Fälle), gefolgt von Brasilien (2.141.257), Mexiko (884.353), Deutschland (654.115) und Spanien (447.177).
Bei chirurgischen Interventionen sind Brustvergrößerungen besonders gefragt (1.773.584). Dann kommen Liposuktionen (1.614.031), Blepharoplastiken (1.379.263), Eigenfetttransplantationen, stammzellenverstärkte Fettunterspritzungen (1.053.890) sowie Korrekturen der Nase (954.423). Weitere Zahlen befassen sich mit nicht chirurgischen Behandlungsmethoden. Dazu gehören die Injektion von Botulinumtoxin (5.145.189 Patienten), die Applikationen von Füllmitteln beziehungsweise resorbierbaren Implantaten (3.089.686), Haarentfernungen via Laser (1.440.252), nichtinvasive Verjüngungsverfahren des Gesichts (1.307.300) und Peelings beziehungsweise Dermabrasionen (773.442). Mehr als 90 Prozent aller Patienten sind weiblich.
Frauen und Männer haben gleichermaßen Vorstellungen vom idealen Körper. Auf ihrer Frühjahrstagung stellte die VDÄPC, Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen, neue Entwicklungen vor. Der Trend geht weg vom gestrafften „Windkanal-Gesicht“, hin zu einem natürlichen Erscheinungsbild. Aus Sicht des VDÄPC sind Kombinationsbehandlungen unverzichtbar. Wo Ärzte früher nur geschnitten und gestrafft haben, kommt ein zusätzliches Lipofilling mit hinzu: Klagen Patienten über alterungsbedingten Volumenverlust im Gesicht, ist es mit einer Straffung nicht getan. Hier eignet sich die Auffüllung mit Eigenfett. Dank des Potenzials von Stammzellen lässt sich eine natürlich wirkende Revolumisierung erzielen. Filler, die Hyaluronsäure enthalten, kommen ebenfalls zum Einsatz.
Auch bei Brustvergrößerungen spricht viel für Kombinationsbehandlungen. Waren Implantate gerade bei schlanken Frauen früher tastbar, arbeiten Chirurgen heute zusätzlich mit Eigenfett, um Übergänge zur Brust und zum Dekolleté besser zu gestalten. Je nach Patientenwunsch und Ausgangssituation könnten Ärzte laut VDÄPC sogar auf das Implantat verzichten und die Brust nur mit Eigenfett vergrößern.
Selbst Schamlippen stehen heute im Mittelpunkt der Optimierung. Dahinter stecken nicht nur ästhetische Gründe: Manche Patientinnen hoffen, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr zu beseitigen. Teilweise liegen auch körperdysmorphe Störungen vor. Doch hilft eine OP betroffenen Patientinnen? Dieser Frage ist David Veale vom King’s College in London nachgegangen. Sein Team nahm 88 Frauen in eine prospektive Fall-Kontroll-Studie. Davon erhielten 49 eine Labioplastik. Um ihren Erfolg zu quantifizieren, zogen Ärzte die Genital Appearance Satisfaction (GAS) Skala heran. Problematisch: Nicht alle Probandinnen nahmen am Follow-up teil. Immerhin zeigten sich bei 24 von 25 Frauen (96 Prozent) der OP-Gruppe drei Monate postoperativ signifikante Verbesserungen auf der GAS-Skala. Langfristig profitierten 21 von 23 Frauen (91,3 Prozent). Bei neun Teilnehmerinnen hatten Ärzte zuvor körperdysmorphe Störungen nachgewiesen – postoperativ ließ sich die Krankheit nur noch in einem Fall diagnostizieren. Grund genug für David Veale, zu betonen, hier läge keine Kontraindikation für Labioplastiken vor. Bleibt als Kritik, dass er mit einer vergleichsweise kleinen Studienpopulation gearbeitet hat.
Doch nicht jeder Eingriff bringt auch die gewünschten Resultate, wie sich am Beispiel von Nasenkorrekturen zeigt. Laut der Gesellschaft für Ästhetische Chirurgie Deutschland (GÄCD) mussten im Jahr 2010 rund 30 Prozent aller Patienten erneut unter das Skalpell. Nicht immer sind ungeeignete Operationstechniken, Fehler oder überschießende Narben schuldig im Sinne der Anklage. Betroffene haben teils falsche, überzogene Erwartungen. Hier helfen nur detaillierte Aufklärungsgespräche mit Computerprogrammen, die eine Profil- und Frontalansicht simulieren. Gleichzeitig sind Ärzte in der Pflicht, nachzuforschen, ob hinter dem OP-Wunsch vielleicht psychische Störungen stecken.
Bleibt als Fazit, dass die moderne Medizin viele Möglichkeiten bietet. Was technisch möglich ist, muss aber deshalb noch lange nicht durchgeführt werden, wie der Fall von Carolin W. zeigt. Sie starb Anfang 2011 mit nur 23 Jahren – und zwar bei ihrer fünften Brustvergrößerung. Ende 2013 diskutierten die Koalitionspartner erneut, medizinisch nicht notwendigen Schönheits-OPs bei Patienten unter 18 zu verbieten. Gesundheitspolitiker kritisierten, jeder zehnte Eingriff werde an Jugendlichen vorgenommen. Über entsprechende Zahlen lässt sich streiten. Hier nennt die Deutsche Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC) lediglich 1,3 Prozent (2011). Und laut Deutscher Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGÄPC) waren 2013 nur 0,9 Prozent aller Patienten unter 18. Bei dieser Gruppe stehen Ohrenkorrekturen an erster Stelle (87 Prozent), gefolgt von Brustkorrekturen bei Männern (unter 4 Prozent) und Schweißdrüsenabsaugungen (unter 2,5 Prozent). Ganz egal, wie der Gesetzgeber entscheidet: Es bleibt ärztliche Pflicht, nicht jedem Patientenwunsch nachzukommen.