Die überarbeitete Gebührenordnung war ein erster wichtiger Schritt. Dennoch gibt es weitere Baustellen, die für Veterinäre und Tierbesitzer enorm wichtig sind. Welche, lest ihr hier.
Beim diesjährigen Neujahrsempfang des Bundesverbandes Praktizierender Tierärzte (bpt) am 17. Januar in Berlin stellte bpt-Präsident Dr. Siegfried Moder nur vier Forderungen an die Politik. Dabei gehe es der Tierärzteschaft nicht um eine finanzielle Alimentierung durch den Staat, sondern darum, dass die Politik endlich passende Rahmenbedingungen schafft, um den vom Fachkräftemangel gebeutelten Berufsstand zu stützen. Die tierärztliche Versorgung sei ohnehin schon lückenhaft und werde sich weiter verschlechtern, wenn jetzt nicht schleunigst gehandelt werde.
„Wenn Gesundheitsminister Karl Lauterbach den Hausärzten beim Kampf gegen den Hausärztemangel bessere Verdienstmöglichkeiten und den Abbau von Bürokratie verspricht, dann wünsche ich mir genau so einen Satz auch von unserem Bundeslandwirtschafsminister.“ so Moder bei seiner Begrüßung. Den am 15. Januar veröffentlichten Referentenentwurf zur Novellierung der Tierärztlichen Hausapothekenverordnung (TÄHAV) bezeichnet er als Lackmustest für die Forderungen der Tierärzteschaft zum Bürokratieabbau (hier mehr dazu). Dabei gehe es um die Abschaffung von lediglich 5 Nachweispflichten. Die Abschaffung würde den Tierärzten mehr Zeit für die Arbeit am Tier verschaffen. Allein – es fehlt der Glaube an die Umsetzung dieser Vorschläge durch die Bundesländer. Moder dazu: „Wenn selbst diese kleinsten Mikroveränderungen nicht mehr möglich sind, ist für mich das Ende der Fahnenstange erreicht, weil dann klar ist, dass der Ernst der Lage nicht erkannt ist.“
Mindestens so wichtig wie der Abbau der überbordenden Bürokratie ist die Anpassung und Erweiterung der Inhalte des Studiums. Die junge Tierarztgeneration muss das Handwerkszeug erhalten, um in der Selbständigkeit souverän zu bestehen. Die Ergänzung von Inhalten in puncto Ökonomie und Kommunikation ist dazu unerlässlich und dem BMEL in Abstimmung von Fakultäten, Bundestierärztekammer und bpt für die Novelle der Tierärztlichen Approbationsverordnung (TAppV) vorgeschlagen worden. Nur so erhalten Studenten der Veterinärmedizin das nötige Rüstzeug, um den mutigen Schritt in Richtung Selbständigkeit zu gehen. „Genau von diesen Praxisgründern brauchen wir wieder mehr! Deshalb meine eindringliche Bitte an das BMEL: Geben Sie Gas bei der TAppV-Novelle, damit unsere Studentinnen und Studenten noch besser ausgebildet werden!“ sagt Moder.
Die vor gut einem Jahr in Kraft getretene Gebührenerhöhung für tierärztliche Leistungen und die strukturelle Überarbeitung der Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) haben den gewünschten Effekt. Moders Dank für die Vorbereitung und Umsetzung ging an die beiden Bundesminister Julia Klöckner und Cem Özdemir. Durch die resultierenden Mehreinnahmen sind die Gehälter von angestellten Tierärzten sowie Tiermedizinischen Fachangestellten bereits gestiegen und sorgen endlich für ein besseres Vergütungsniveau. Ein wesentlicher Baustein für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Tiermedizin.
Die in den letzten Monaten von manchen Tierhalterverbänden vorgetragene Kritik möchte Moder nicht kommentieren, er sagt aber: „Geärgert hat mich allerdings schon, dass die Kritik ausgerechnet die Kollegen aus der Pferdepraxis mit voller Wucht getroffen hat, also die Gruppe, die seit vielen Jahren mit vollem Einsatz, bei vergleichsweise schlechter Bezahlung, ihren immer anspruchsvolleren Kunden bei Tag und Nacht zur Verfügung steht. So etwas motiviert nicht, schon gar nicht unsere junge Generation. Im Gegenteil!“
Meldungen, dass Tiere mangels tierärztlicher Notdienstversorgung leiden müssen, häufen sich. „Als tierärztliche Verbände wollen wir verhindern, dass die Notdienstversorgung in den nächsten Jahren vollends zusammenbricht. Dafür brauchen wir vor allem eines, nämlich mehr Flexibilität beim Arbeitszeitgesetz.“ sagt Moder. Er fordert deshalb erneut die Umsetzung des modernen europäischen Arbeitszeitgesetzes, welches eine Wochenarbeitszeit vorsieht, und vor allem mehr Flexibilität bei der starren elf Stunden Ruhezeitregelung ermöglicht.
„Die freien Praxen sind das Rückgrat unseres Verbandes und Garant für die Zukunft unseres Berufes. Dafür werden wir uns einsetzen“, sagt Moder mit Bezugnahme auf den Einzug von Kapitalgesellschaften in die Tiermedizin und die Tatsache, dass viele junge Tierärzte es vermehrt bevorzugen in Angestelltenverhältnissen zu arbeiten. Moder weiter: „Dafür brauchen wir aber unsere Kolleginnen und Kollegen, die sogenannten Middle-Ager, die sich in Praxen und Kliniken niedergelassen haben und ausreichend Stellen anbieten.“ Die Interessen der freien Praxen stehen deshalb ganz besonders im Mittelpunkt der berufspolitischen Arbeit des bpt.
Mit Blick auf das Keynote-Referat von Journalist Jörg Held ‚Frauenberuf und Männerbericht – Gender Gap in der Tiermedizin?‘ machte Moder deutlich, dass im Gegensatz zu vielen anderen Branchen ein hoher Frauenanteil in der Tiermedizin schon lange Realität ist. Damit Frauen dem Beruf aber erhalten bleiben, brauche es auch hier mehr politische Unterstützung, z. B. in Form eines besseren Angebots bei der Kinderbetreuung und einer zeitgemäßen Gleichstellung von Angestellten und Selbständigen beim Mutterschutz.
Der Beitrag basiert auf einer Pressemitteilung des Bundesverband Praktizierender Tierärzte.
Bildquelle: Patrick Fore, unsplash