Das sorgte für Wirbel: Kassenärzte sollen bald rund um die Uhr Telemedizin und Hausbesuche leisten und die EMA warnt Männer vor Valproinsäure. Diese und weitere News lest ihr hier im Schnelldurchlauf.
Die Notaufnahmen sind zu häufig überfüllt – auch weil besonders am Wochenende gerne Patienten mit leichteren Beschwerden in die Kliniken kommen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will das mit einer groß angelegten Notfallreform ändern. Die Reaktionen auf die am Dienstag (16. Januar 2024) vorgestellten Eckpunkte fallen gemischt aus. Kliniken sehen generell positive Ansätze. Niedergelassenen macht aber vor allem ein geplantes ärztliches 24-Stunden-Angebot für Telemedizin skeptisch. Denn: Wo sollen all die Ärzte dafür herkommen?
Quelle: BMG
„In Kürze“ soll ein erster Gesetzentwurf vorgelegt werden. In Kraft treten soll die Notfallreform dann im Januar 2025. Kernziel ist es, durch eine bessere Kooperation von ärztlichem Bereitschaftsdienst und Kliniken die Ambulanzen zu entlasten. Kurzum: Patienten mit akuten Beschwerden sollen in Zukunft seltener in der Notaufnahme eines Krankenhauses behandelt werden. 25 bis 30 Prozent der Fälle aus Notfallambulanzen könnten auch in Arztpraxen behandelt werden, so Lauterbach. Er geht von „einem unfassbar großen Potenzial, um Geld zu sparen” aus, in welcher Höhe lässt er dabei offen.
Folgende Änderungen sind laut den Eckpunkten vorgesehen:
Nun hagelt es Lob und Kritik für die Pläne: Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen begrüßt die Reform, die bundesweite Vernetzung der Leitstellen der 116 117 und der 112 sei lange überfällig. „In den Regionen, wo sie bereits heute umgesetzt ist, erhalten die Patientinnen und Patienten besser und schneller die Versorgung, die sie medizinisch benötigen”, erklärt der Notfallmediziner. Auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) bewertet die Pläne für eine Notfallreform „vorsichtig optimistisch”, auch wenn es noch viele offene Fragen gibt.
Kontra kommt hingegen von der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. Tino Sorge, gesundheitspolitische Sprecher der Union, hat Zweifel an der Umsetzbarkeit der Reform. „Minister Lauterbach plant mit Ärzten, die es nicht gibt, und mit Geldern, die er nicht hat”.
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Auch Hausärzte sind kritisch: Sie fragen sich, wie das geplante Rund-um-die-Uhr-Angebot für Telemedizin funktionieren soll. Es bleibe die Frage, woher in Zeiten des Fachkräftemangels die benötigten Ärzte sowie die nichtärztlichen Fachkräfte kommen sollen, erklärt Nicola Buhlinger-Göpfarth gegenüber der Rheinischen Post. „Sollen Hausärztinnen und Hausärzte jetzt ihre Sprechstundenzeiten einschränken, um stattdessen Notfall-Telemedizin zu machen?“, fragte Buhlinger-Göpfarth.
Ähnlich sehen es die Kassenärzte: Die KBV lobt zwar „positive Ansätze“ – aber Lauterbach verfolge mit dem 24/7-Angebot von Hausbesuchen auch unrealistische Ideen.
Dass Frauen während einer Schwangerschaft auf Valproinsäure verzichten sollten, ist bekannt. Ob das allerdings auch für Männer während der Schwangerschaftsplanung gilt, war bislang eher eine Vermutung. Eine Studie konnte nun allerdings zeigen, dass auch Männer, die Kinder zeugen wollen, wegen der Risiken für Missbildungen und neurologische Entwicklungsstörungen besser auf das Antiepileptikum verzichten sollten. Der Pharmakovigilanzausschuss (PRAC) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) rät zur Vorsicht und empfiehlt, „dass die Behandlung mit Valproinsäure bei männlichen Patienten von einem Spezialisten für die Behandlung von Epilepsie, bipolaren Störungen oder Migräne begonnen und überwacht werden sollte.“
Der PRAC basiert diese Entscheidung auf einer retrospektiven Beobachtungsstudie, in der mehrere skandinavische Registerdatenbanken in Hinblick auf die Geburtsergebnisse ausgewertet wurden. „Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass bei Kindern von Männern, die in den drei Monaten vor der Empfängnis Valproinsäure einnehmen, ein erhöhtes Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen besteht“, so die Studienautoren. Nahmen die Väter Valproinsäure, traten bei fünf von 100 Kindern neurologische Entwicklungsstörungen – inklusive Autismus-Spektrum-Störung, intellektuelle Einschränkungen, Kommunikationsprobleme, ADHS und Bewegungsstörungen – auf. Als Vergleich: Bei Männern, die stattdessen Lamotrigin oder Levetiracetam einnahmen, waren drei von 100 Kindern betroffen.
Ärzten wird empfohlen, ihre Patienten über die vorhandenen Risiken aufzuklären – auch, wenn keine akute Familienplanung im Raum steht, damit sich die Patienten um eine effektive Verhütung bemühen können. Sollte eine Familienplanung im Raum stehen, sollte evaluiert werden, ob Valproinsäure unter diesen Umständen immer noch die beste Therapieoption ist. Wenn möglich, sollte das Medikament mindestens 3 Monate vor Kontrazeption abgesetzt werden. Spermaspenden sollten ebenfalls nicht während der Einnahme des Antiepileptikums stattfinden. Die Studie unterlag allerdings einigen Einschränkungen, sodass keine eindeutigen Schlussfolgerungen gezogen werden können. Es handelt sich bei den Einschränkungen somit vorerst um reine Vorsichtsmaßnahmen.
Das Alzheimer-Medikament Aducanumab erzielt eine bessere Wirkung, wenn es in Kombination mit fokussiertem Ultraschall angewandt wird. Das zeigen die Ergebnisse einer Proof-of-Concept-Studie, die im NEJM erschienen sind. Dabei wird der Ultraschall genutzt, um eine kurzzeitige Öffnung der Blut-Hirn-Schranke zu erzeugen.
Die Methode wurde an drei Teilnehmern im Alter von 59 bis 77 Jahren mit nachgewiesenen Beta-Amyloid-Ablagerungen getestet. Dazu erhielten sie über ein halbes Jahr lang monatlich Aducanumab intravenös verabreicht. Jeweils zwei Stunden nach der Infusion begann die Ultraschall-Anwendung, die auf Bereiche mit hohen Beta-Amyloid-Konzentrationen im Frontal- oder Temporallappen oder im Hippocampus abzielte. Diese Art der Behandlung konnte die Beta-Amyloid-Ablagerungen im Gehirn tatsächlich senken. PET-Scans, die nach 26 Wochen durchgeführt wurden, zeigten einen Rückgang der Amyloid-Konzentration von 224,2 auf 115,2 Zentiloide beim ersten Teilnehmer, von 185,6 auf 104,6 Zentiloide bei Teilnehmer 2 und von 251,5 auf 84,9 beim dritten Teilnehmer. In den Hirnregionen, die nicht mit fokussiertem Ultraschall behandelt wurden, veränderten sich die Amyloidwerte zwischen dem Ausgangswert und 26 Wochen kaum.
Da es sich hier um eine Machbarkeitsstudie handelte und es keine Kontrollgruppe gab, lässt sich allerdings nicht klären, ob die Therapie auch Auswirkungen auf die kognitiven Fähigkeiten hatte. Das müssen jetzt weitere Studien zeigen.
Bildquelle: erstellt mit DALL-E