Der Wasserkreislauf durch Membrantransporter könnte bei der Charakterisierung von Tumoren von hoher diagnostischer Bedeutung sein. Forscher stellen jetzt eine neue MRT-basierte Methode vor, mit der der Wasseraustausch beurteilt werden kann.
Krebs ist nicht gleich Krebs. Je nach Art des Tumors können bestimmte Therapien ansprechen oder erfolglos sein. Für eine gezielte, wirksame, aber möglichst schonende Behandlung ist es wichtig, den Tumor genau zu lokalisieren und seine Malignität zu typisieren. Die Magnetresonanz-Tomographie (MRT) liefert ausgezeichnete zeitlich und räumlich aufgelöste Bilder zur Charakterisierung von Tumoren.
Patienten liegen während der Untersuchung in einer Röhre, in der ein sehr starkes Magnetfeld erzeugt wird. Die Spins von Protonen werden im Magnetfeld ausgerichtet. Eingestrahlte Radiowellen synchronisieren die Kreiselbewegungen der Spins und kehren die Orientierung einiger Protonenspins kurzzeitig um. Je nach Zusammensetzung des Gewebes gehen diese Magnetisierungen verschieden schnell wieder verloren (Relaxation). Daraus können 3D-Bilder errechnet werden. Gadolinium-Kontrastmittel verringern die Relaxationszeiten. Sie gelangen bevorzugt in Tumoren, da deren Blutgefäße besonders durchlässig sind. So wird der Kontrast verstärkt und der Tumor lässt sich besser abgrenzen. Die Kontrastmittel verteilen sich jedoch nur im extrazellulären Raum des Tumors, sie gelangen nicht in die Tumorzellen.
Dies wollte das Team um Giuseppe Ferrauto und Silvio Aime ausnutzen, um das Ausmaß des Wasseraustauschs durch die Zellmembran zu beurteilen. Tumorzellen sind metabolisch aktiver als gesunde Zellen und haben mehr Transportproteine und Kanäle in ihren Zellmembranen, die auch Wasser ein- und ausschleusen. Die Höhe des Wasseraustauschs gilt als Maß für die Bösartigkeit eines Tumors. Die klassische MRT kann dies nicht abbilden. Das Team von der Universität Turin sowie IRCCS SDN SynLab in Neapel wählte eine neue MRT-Variante namens CEST (Chemical Exchange Saturation Transfer) als Ausgangspunkt.
Ständig findet ein Protonenaustausch statt zwischen freiem Wasser und wasserstoffhaltigen Gruppen von Biomolekülen, z. B. Aminogruppen von Kreatin. Die Radio-Frequenzen, mit der die Protonen magnetisiert werden können, hängt von deren chemischer Umgebung ab, unterscheiden sich also für Protonen an freiem Wasser und an z. B. Kreatin gebundene. Mit dem passenden Puls können die Kreatin-gebundenen Protonen gesättigt werden. Diese Protonen befinden sich in einem Austausch mit denen von freiem Wasser in ihrer Nähe. Dabei behalten die Protonen ihren „gesättigten Magnetisierungszustand“ bei. Tumoren besser charakterisieren. Credit: Wiley-VC
Werden nun Pulse mit der für die Wasser-Protonen passenden Frequenz eingestrahlt, sind immer mehr bereits magnetisiert und können die Energie daher gar nicht mehr aufnehmen (das CEST-Signal in MR-Bildern). Die Absorption nimmt ab, bis der Protonen-Austausch im Gleichgewicht ist. So lassen sich Rückschlüsse ziehen z. B. auf die Konzentration von Kreatin und anderen Protonen-austauschenden Molekülen in einer Zelle, die mit zu einer Krebs-Phänotypisierung herangezogen werden kann.
Gelangt nun Kontrastmittel in den extrazellulären Raum, nimmt die Magnetisierung der Wasser-Protonen dort rascher ab. Da Wasser über die Membran ausgetauscht wird, nimmt auch innerhalb der Zellen der Anteil an magnetisierten Wasser-Protonen schneller ab. Dies verändert wiederum die CEST-Signale. Die Änderungen nach Kontrastmittelgabe spiegeln die Durchlässigkeit der Tumorzellmembran für Wasser wider.
Das Team testete die Methode an Mäusemodellen für Brustkrebs mit verschiedenen Malignitätsgraden. In der Tat stieg der ermittelte Wasseraustausch mit der Aggressivität der Tumoren. Innerhalb der Tumoren konnten zudem verschieden maligne Bereiche unterschieden werden. Das Cytostatikum Doxorubicin verringerte die Wasserpermeabilität sofort. Die entwickelte Methode gibt somit Aufschluss über den Phänotyp des Tumors und bietet ein neues Instrument zur Beurteilung des Erfolgs einer Chemotherapie.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Gesellschaft Deutscher Chemiker. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
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