In Niedersachsen brannte eine Station für Innere Medizin. Die Folge: 5 Tote und 21 Verletzte. Patientenschützer bemängeln Brandschutzvorschriften – denn Brände sind in deutschen Kliniken erschreckend häufig.
Das Helios Klinikum in Uelzen ist ein Grundversorger der Region. 750 Mitarbeiter betreuen rund 17.000 stationäre und 25.000 ambulante Patienten im Jahr. Am Donnerstag kam es auf der Station für Innere Medizin, Kardiologie, Pulmologie und Angiologie zu einem Brand, durch den es zu (Stand 8. Januar 2024) fünf Toten und 21 (Schwer-)Verletzten kam.
Dass Brandfälle in Krankenhäusern dramatischer ausfallen als in anderen öffentlichen Einrichtungen, ist der Natur der Sache geschuldet. So sind Patienten, vor allem in Ausnahmesituationen, orientierungslos, oftmals hilfsbedürftig und nicht transport- oder evakuierungsfähig – die Menge an Personen auf engem Raum kommt noch dazu. Die Infrastruktur der Krankenhäuser – viel technisches Equipment und entflammbare Materialien – ist ein weiterer Gefahrenherd.
Einen saftigen Vorwurf muss sich nun die Politik von Seiten der Patientenschützer nach dem Vorfall in Uelzen anhören: „Sogar Möbelhäuser und Lagerhallen verfügen hierzulande über einen besseren Brandschutz-Standard als Krankenhäuser. Die Bau- und Gesundheitsminister von Bund und Ländern sind aufgefordert, jetzt endlich eine gesetzliche Regelung verbindlich vorzulegen“, erklärt DSP-Vorstand Eugen Brysch gegenüber den DocCheck News.
Der Patientenschützer spielt dabei auf die uneinheitlichen Regelungen an, die hierzulande für Kliniken gelten. Stichwort „ungeregelte Sonderbauten“. Unter diese Kategorie fällt die Vielzahl an Krankenhäusern. Was damit gemeint ist? Die Vorgaben zum Brandschutz können sich von Land zu Land unterscheiden und sind individuell (mit Blick auf die Bausubstanz) zu erstellen. Der Musterbauordnung stellt sich beispielsweise eine nicht mehr bindende Krankenhausbauverordnung aus dem Jahr 1976 zur Seite oder einen nicht bindenden Brandschutzleitfaden für Krankenhäuser. Daneben gelten weitere rechtliche Unterschiede sowie jeweils spezielle Vorkehrungen mit Blick auf Gefahrenstoffe.
Dass die Masse an Verordnung und Vorgaben jedoch mehr der ebenso individuellen Ausrichtung der Häuser geschuldet ist, erklärt ein Sprecher der Deutschen Krankenhausgesellschaft gegenüber den DocCheck News: „Bei der Planung des Brandschutzkonzepts gibt es keine allgemeinen Lösungen, denn jedes Krankenhaus weist bauliche Besonderheiten auf, die berücksichtigt werden müssen. So spielen Größe, Architektur und medizinische Schwerpunkte der Klinik eine wichtige Rolle. Daher muss jedes Brandschutzkonzept an die individuellen Risiken, die sich einerseits durch unterschiedliche betriebliche Nutzungen und andererseits durch bauliche Besonderheiten der Gebäude ergeben, angepasst werden. Die Kliniken halten sich dabei an die umfangreichen gesetzlichen Vorschriften zum Brandschutz. Auch finden regelmäßige Begehungen von Bauaufsicht und Feuerwehr statt. Auch unter den derzeitig herrschenden schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen kann und darf nicht am Brandschutz gespart werden.“
Dass es am Ende aber irgendwo hakt und das Problem eher größer als kleiner wird, zeigt die Tatsache, dass Brände in Krankenhäusern keine Ausnahmen oder Einzelfälle sind. Wie der Bundesverband technischer Brandschutz erklärt, brannte es in 2023 113 Mal und damit rund zweimal pro Woche an deutschen Kliniken. Dabei wurden 147 Menschen verletzt, drei verstarben.
„Die Brände in Krankenhäusern haben in den vergangenen fünf Jahren um 130 Prozent zugenommen. Das zeigt überdeutlich, dass die Regelungen des vorbeugenden Brandschutzes in den 1.900 Kliniken an Grenzen stoßen“, unterstreicht Brysch. Auch in Sachen Opferbild stellt die Katastrophe in Uelzen keine Ausnahme dar. So handelt es sich bei allen Verstorbenen um Patienten. Neben Verbrennungen erlagen diese vor allem Rauchgasvergiftungen – die auch für einen Großteil der Verletzten verantwortlich sind. Auch bei Bränden in den Krankenhäusern in Lemgo und Marl (beides NRW) im Laufe des vergangenen Jahres verstarben Patienten.
Wie sich solche Schäden und Trauerfälle vermieden ließen, weiß Brysch: „Selbstständige Löschanlagen müssen endlich in jedem Patienten- und Personalzimmer gesetzlich vorgeschrieben werden. Diese Technik reagiert auf Wärme oder Rauch und bekämpft so Entstehungsbrände sowie unkontrollierte Rauchgasentwicklung frühzeitig. Schließlich können sich die meisten Patienten nicht selbst retten. Auch riechen schlafende Menschen den Brandrauch nicht. Damit wird klar, dass Sprinkleranlagen sowohl Hilfsbedürftige und Mitarbeiter schützen als auch Sachschäden deutlich begrenzen können. Diese Anlagen ergänzen den vorbeugenden Brandschutz, aufgeschaltete Brandmeldeanlagen und die Schulungsmaßnahmen für das Personal sowie die Rettungsmaßnahmen der Feuerwehr.“
In Uelzen geht es nun erst einmal darum, die Versorgungssicherheit wieder herzustellen und den medizinischen Betrieb zu reaktivieren. Aktuell werden Patienten noch ausgelagert, die Notaufnahme ist geschlossen und ein allgemeiner Aufnahmestopp besteht.
„Für den konkreten Fall in Uelzen ist es indes noch zu früh, daraus Konsequenzen abzuleiten, denn die Ermittlungen zur Brandursache laufen noch. Ganz allgemein gilt jedoch, dass die Sicherheit unserer Patientinnen und Patienten sowie unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für uns höchste Priorität hat. Wir haben bereits sehr komplexe und wirksame Brandschutzvorkehrungen. Zu Bränden, noch dazu mit solch tragischen Folgen, kommt es glücklicherweise selten. Erfahrungen, die wir mit Vorfällen sammeln, fließen selbstverständlich in die Gesamtbetrachtung unserer Brandschutzvorkehrungen ein, zu denen wir uns auch eng mit den zuständigen Behörden abstimmen“, teilt ein Sprecher des Klinikbetreiber Helios den DocCheck News mit.
Laut Polizei gehen die Ermittlungen derweil in alle Richtungen; das Spektrum reicht von einer fahrlässigen über vorsätzlichen Brandstiftung bis hin zu einem technischen Defekt.
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