Ein plötzlicher Herzstillstand führt in den meisten Fällen zum Tod – das muss in Zukunft nicht so sein. Eine neuartige Therapie steigert die Überlebenschancen erheblich, wie deutsche Forscher zeigen.
Etwa 50.000 Menschen erleiden jährlich in Deutschland einen plötzlichen Herzstillstand. Passiert er außerhalb eines Krankenhauses, überlebt gerade einmal jeder Zehnte – oft mit schweren Hirnschäden. Mit einem neuartigen, am Universitätsklinikum Freiburg entwickelten Behandlungsverfahren, lassen sich in solchen Fällen mehr als dreimal so viele Menschen retten. Zudem tragen die Betroffenen oft nur geringere oder gar keine neurologischen Schäden davon. Das zeigen jetzt Ärzte und Forscher des Universitätsklinikums Freiburg gemeinsam mit Kollegen aus Deutschland, Österreich und den Niederlanden in einer klinischen, multizentrischen Studie mit 69 Patienten im Fachmagazin Journal of Clinical Medicine.
„Nach Jahrzehnten der Forschung ist uns mit der von uns entwickelten Therapie CARL (Controlled Automated Reperfusion of the whoLe Body) und der neuen Herz-Lungen-Maschine ein Durchbruch in der Notfallmedizin gelungen“, sagt Studienleiter Prof. Friedhelm Beyersdorf, ehem. Ärztlicher Direktor der Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie des Universitätsklinikums Freiburg.
Bisher gab es zehn Minuten nach einem Herzstillstand kaum noch Hoffnung auf Überleben. „Mit dem von uns entwickelten Verfahren weiten wir die Zeitspanne deutlich aus und verbessern die Genesung der Betroffenen“, sagt Erstautor der Studie Prof. Georg Trummer, Oberarzt an der Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie des Universitätsklinikums Freiburg. In ersten Einsätzen des neuen Verfahrens überlebten Personen mit einer Dauer des Herzstillstands von über 60 Minuten ohne bleibende Schädigung des Gehirns. Ungeachtet dessen ist es Teil des Konzepts, betroffene Patienten möglichst rasch innerhalb von 30–45 Minuten nach plötzlichem Herzstillstand mit diesem neuartigen Verfahren zu therapieren.
Trotz herkömmlicher Herz-Lungen-Wiederbelebung (CCPR) überleben nur 6–26 Prozent der Patienten einen Herzstillstand. Die Freiburger Studie zeigt nun eine Gesamtüberlebensrate von 42 Prozent bei Entlassung aus dem Krankenhaus. Bei 79,3 Prozent der Überlebenden wurde ein günstiges neurologisches Ergebnis nach 90 Tagen festgestellt. Patienten mit innerklinischem Herzstillstand wiesen eine besonders hohe Überlebensrate von 51,7 Prozent auf. Bei außerklinischem Herzstillstand lag die Überlebensrate bei 35 Prozent. Wurde die Therapie bereits außerhalb des Krankenhauses begonnen, überlebten sogar 57,1 Prozent der Betroffenen. In der Studie wurden 69 Patienten im Alter von 21 bis 86 Jahren mit dem neuen Verfahren behandelt. Die Studie wurde in sieben spezialisierten Herzzentren durchgeführt.
Die Freiburger Forscher haben ihr Therapie-Konzept CARL genannt. „CARL ist unseres Wissens das erste Gerät, das speziell für die Reanimation entwickelt wurde und unter anderem die komplette Herz-Lungen-Funktion der Patienten übernehmen kann. Vor allem aber ist es weltweit das einzige Gerät, das eine Behandlung der Schäden ermöglicht, die durch den Herzstillstand und den damit einhergegangenen Sauerstoffmangel entstanden sind. Möglich ist das, weil wir sofort alle wichtigen Parameter wie etwa Blutwerte messen und steuern können, die für eine erfolgreiche Reanimation notwendig sind“, sagt Prof. Christoph Benk, Bereichsleiter Kardiotechnik der Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie am Universitätsklinikum Freiburg.
Eine einzigartige Doppelpumpensteuerung ermöglicht den notwendigen hohen pulsatilen Blutfluss und realisiert einen hohen Blutdruck. Der Sauerstoffgehalt kann präzise gesteuert werden und über eine mobile Kühleinheit lässt sich der Körper der Betroffenen schnell und sicher herunterkühlen. „Das Gerät ist in Größe und Gewicht so konzipiert, dass es im Rettungswagen Platz findet und direkt zu den Patient*innen getragen werden kann“, erklärt Benk.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Universitätsklinikums Freiburg. Hier findet ihr die Originalpublikation.
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