Ob versehentlich verschluckt, eingeatmet oder eingeführt: Fremdkörper können zu gefährlichen Komplikationen führen. Was Ärzte mitunter finden, überrascht selbst erfahrene Praktiker.
Bekanntlich ist die Aspiration von Fremdkörpern in der Pädiatrie nichts Ungewöhnliches. Kinder neigen dazu, Dinge in Mund, Nase und Ohren zu stecken – am häufigsten in ihrem zweiten Lebensjahr, wie eine retrospektive Analyse zeigt.
Doch so mancher Fall überrascht selbst Ärzte. In Pediatric Reports berichtet ein Team aus Italien von einem 19 Monate alten Jungen. Seine Eltern haben ihn zunächst wegen eines möglichen Kopftraumas in der Notaufnahme vorgestellt. Die klinische Untersuchung ergab schwere Atemnot unklarer Ursache und die Ärzte entschlossen sich zur Intubation.
Allerdings ließen radiologische Befunde den Verdacht auf eine Fremdkörperaspiration aufkommen, da eine Atelektase der gesamten linken Lunge vorlag. Die Computertomographie zeigte eine abrupte Unterbrechung des Hauptbronchus in zwölf Millimetern Entfernung vom Rumpf. Bei der anschließenden Bronchoskopie fand das Team recht überraschend eine Mandel und konnte diese bergen. Dem Patienten ging es bald darauf wieder gut.
Ähnlich überraschend war der Fall eines siebenjährigen Mädchens. Die Eltern suchten wegen einer Rachenentzündung medizinischen Rat. Bei der Patientin diagnostizierten Ärzte zuerst eine bakterielle Pharyngitis, wobei Therapien nicht erfolgreich waren. Sie litt weiter an einem Fremdkörpergefühl im Hals, musste sich häufig Räuspern, hatte Nasenbluten und hustete ein wenig Blut. Das Labor zeigte eine leichte Anämie.
Doch das Mädchen hatte – woher auch immer – einen Blutegel im Rachen. Mit einer Tilley-Zange ließ sich der Eindringling ohne Betäubung entfernen; die Symptome verschwanden in kurzer Zeit, wie die Behandler im International Medical Case Report Journal schreiben.
Nicht immer verursachen Fremdkörper aber Beschwerden. Sie bleiben unentdeckt, bis sie Ärzte bei Routineuntersuchungen durch Zufall entdecken. Genau das hat ein 47-jähriger Handwerker erlebt. Sein Hausarzt überwies ihn wegen Husten mit weiß-gelbem Auswurf und Unwohlsein in die Atemwegsambulanz. Zwei Monate zuvor war bei ihm eine rechtsseitige Pneumonie diagnostiziert worden. Seine Beschwerden hatten sich nach der Behandlung mit Amoxicillin und Clarithromycin gebessert. Er war ein ehemaliger Raucher mit 30 Packungsjahren in der Vorgeschichte.
Eine CT-Aufnahme deutete auf eine maligne Erkrankung hin. Deshalb entschieden sich die Ärzte zur Bronchoskopie. Sie fanden einen senffarbenen Fremdkörper mit entzündetem Gewebe in der Umgebung. Doch es war kein Tumor: Bei näherer Betrachtung stellte sich heraus, dass es sich um einen Verkehrskegel aus einem Playmobil-Set handelte, wie die Ärzte in BMJ Case Reports schreiben. Das Objekt befand sich wohl Jahrzehnte im Körper des Mannes. Es konnte erfolgreich geborgen werden.
Verblüffende Entdeckungen machten auch Ärzte auch bei einem 63-jährigen, beschwerdefreien Patienten, der sich einer routinemäßigen Koloskopie unterzog. Sie fanden in seinem Dickdarm eine Fliege. Wie das Insekt Verdauungsenzyme und Magensäure überstanden hat, bleibt unklar. Den Fall schildern die Behandler im American Journal of Gastroenterology.
Ähnlich überraschend ist die Geschichte einer 64-jährigen Frau. Sie quälte sich vier Tage lang mit seltsamen Ohrgeräuschen. Ihre Ärzte staunten nicht schlecht, als sie im linken Gehörgang eine Spinne und deren Exoskelett fanden, wie sie im NEJM berichten.
In anderen Fällen ist die Herkunft von Fremdobjekten nachvollziehbar, etwa bei einer 14-jährigen Jugendlichen. Sie nahm eine Nadel in den Mund, um ihr Kopftuch zu befestigen – und aspirierte das kleine Metallstück aus Versehen. Die Röntgenaufnahme der Brust zeigte, dass die Nadel im rechten Hauptbronchus steckte.
Bei der anschließenden Bronchoskopie fanden Ärzte den Fremdkörper nicht. Eine weitere Röntgenaufnahme des Abdomens ergab, dass die Nadel mittlerweile hinter dem Zwerchfell lag. Auch die gastroösophageale Endoskopie blieb ohne Erfolg. Am dritten Tag schied die Patientin den Fremdkörper auf natürlichem Wege aus. Hinweise auf Verletzungen habe es nicht gegeben, berichten die Autoren in Respiratory Medicine.
Werden Objekte verschluckt, gelten nicht nur Nadeln, sondern auch starke Magneten als kritisch, wie Forscher in Pediatrics & Neonatology schreiben. Sie haben elektronische Krankenakten eines Klinikums nach entsprechenden Fällen durchsucht. Insgesamt erfüllten 13 Patienten die Einschlusskriterien. Das mediane Alter lag bei fünf Jahren. Alle Patienten mit klinischen Symptomen hatten mehr als einen Magneten verschluckt und benötigten einen endoskopischen oder chirurgischen Eingriff. Bei drei Patienten fanden Ärzte während der Operation eine Darmperforation oder ein tiefes Ulkus mit drohender Perforation. Die Autoren rechnen angesichts preisgünstiger, kräftiger Neodym-Magnete in Zukunft mit steigenden Fallzahlen.
Fremdkörper gelangen aber nicht nur durch Verschlucken in den Körper. Menschen führen diverse Gegenstände direkt in den Anus ein, meist aus erotischen Gründen. Im Journal Innovative Surgical Sciences stellen Ärzte Details einer Kohorte mit 22 Fällen (20 Patienten) vor; 80 Prozent waren Männer. Das Durchschnittsalter lag bei 38,5 Jahren. Folgende Gegenstände wurden eingebracht: sechs Dildos, drei Vibratoren, zwei Flaschen, ein Glas, ein Deodorant, ein Apfel, ein Fieberthermometer, mehrere Glassplitter und Rasierklingen und sechs unbekannte Gegenstände.
In 18 Fällen gelang die peranale Entfernung manuell und ohne Anästhesie in der Notaufnahme. Zwei Patienten benötigten eine intravenöse Analgesie. Zwei weitere Patienten wurden in den Operationssaal verlegt und der Fremdkörper unter Vollnarkose über den Anus entfernt. In zwei komplizierten Fällen war eine OP mit Laparotomie erforderlich. Auch von einer Darmperforation berichten die Autoren. Alle Patienten der Kohorte konnten das Krankenhaus aber ohne bleibende Schäden verlassen.
Die Fallberichte zeigen: Kaum ein Fall gleicht dem anderen. Ärzte stehen vor der Schwierigkeit, den Fremdkörper zu finden. Neben Röntgen kommen – je nach Material – auch Sonographien, CTs oder diagnostische Endoskopien zum Einsatz. Um Objekte zu bergen, stehen Endoskopien an erster Stelle. Nur manchmal sind invasive Eingriffe erforderlich.
Bildquelle: Getty Images, unsplash+