Bei der systemischen Form des Lupus erythematodes sind auch innere Organe betroffen, wobei die Klinik sehr variabel ist. Eine kleine Studie weckt nun Hoffnung auf einen neues Behandlungskonzept.
Systemischer Lupus erythematodes (SLE) ist eine schwerwiegende, potentiell lebensbedrohliche Autoimmunerkrankung, die durch eine Aktivierung des adaptiven Immunsystems, die Bildung von doppelsträngigen DNA-Autoantikörpern und Organentzündung gekennzeichnet ist. Verschiedene immunsuppressive Behandlungsregime stehen für die Erkrankung zur Verfügung. Einige Erkrankungsverläufe erweisen sich diesen gegenüber jedoch als refraktär. Eine kleine Studie mit chimären Antigenrezeptor T-Zellen (CAR-T-Zellen) weckt nun die Hoffnung auf ein neues Behandlungskonzept.
CAR-T-Zellen sind genetisch umprogrammierte Zellen, die dazu dienen bestimmte Zielzellen anzugreifen, die sie anhand spezifischer Oberflächenantigene erkennen. Für CAR-T-Zell-basierte Therapien werden zunächst körpereigene Leukozyten mittels Leukapharese isoliert und dann die T-Zellen (sowohl CD4- als auch CD8-positiv) herausgefiltert. Mittels eines viralen Vektors wird genetisches Material für einen neuen Rezeptor in die Zellen eingebracht. Der neuartige T-Zell-Rezeptor ist nicht auf das TCR-MHC-System beschränkt, sondern kann auch an andere Zielstrukturen auf der Oberfläche der Targetzelle binden. Nach Bindung an das Antigen wird eine starke Immunreaktion gegen die Zielzelle in Gang gesetzt. Da die artifiziellen T-Zell-Rezeptoren sowohl in der Lage sind ein Antigen zu binden, als auch die T-Zellen zu aktivieren, werden sie als chimäre Antigenrezeptoren bezeichnet.
Bisher wurden 6 CAR-T-Zellen basierte Therapien von der FDA zugelassen. Ein möglicher Einsatz von CAR-T-Zell-basierten Therapien außerhalb von hämatologischen Malignomen gegen bestimmte Autoimmunerkrankungen, wie z. B. den systemischen Lupus erythematodes (SLE), weckt weltweit wissenschaftliches Interesse. Die Haupttherapie des SLE besteht in Prednison mit einem Anti-Metaboliten wie Mycophenolat-Mofetil (MMF) oder einem Alkylans wie Cyclophosphamid. Eine vollständige und dauerhafte Depletion der B-Zellen konnte mit den verfügbaren Behandlungsmöglichkeiten bisher nicht erreicht werden.
Im Rahmen eines Arzneimittelhärtefall-Programmes wurde 2022 an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg ein Versuch unternommen, fünf Betroffene mit therapierefraktärem SLE mittels CAR-T-Zellen zu therapieren.
Die Betroffenen erfüllten die folgenden Einschlusskriterien:
Zudem mussten die Betroffenen den Ablauf und die Risiken der CAR-T-Zelltherapie verstehen. Insgesamt wurden vier Frauen und ein Mann mit einem mittleren Alter von 22 Jahren und einer mittleren Krankheitsdauer von 4 Jahren eingeschlossen. Ihre autologen T-Zellen wurden mittels eines lentiviralen Anti-CD19-CAR-Vektor transduziert. Ihr chimärer Rezeptor richtete sich also gegen den CD-19-Rezeptor der B-Zellen.
Anschließend wurden die T-Zellen expandiert und in einer Dosis von 1 × 106 CAR-T-Zellen pro kg Körpergewicht in die Patienten reinfundiert. Um die Vermehrung der CAR-T-Zellen zu unterstützen, wurden die körpereigenen T-Zellen der Betroffenen im Vorfeld mittels einer Chemotherapie mit Fludarabin und Cyclophosphamid reduziert.
Die in vivo expandierten CAR-T-Zellen führten zu einer starken Depletion der B-Zellen, einer Verbesserung der klinischen Symptome wie z. B. der Fatigue und einer Normalisierung der Laborparameter einschließlich der Serokonversion von Anti-Doppelstrang-DNA-Antikörpern und einem kompletten Rückgang der Proteinurie bei allen Behandelten.
Eine Remission des SLE gemäß den DORIS-Kriterien wurde bei allen fünf Patienten nach drei Monaten erreicht, und der Medianwert des Systemic Lupus Erythematosus Disease Activity Index lag nach drei Monaten bei 0, während die Betroffenen mit einem mittleren Index von 16 gestartet waren. Der Nachbeobachtungszeitraum betrug 8 Monate. Während dieser Zeit konnte die arzneimittelfreie Remission aufrechterhalten werden und hielt sogar an, als sich die B-Zell-Population der Betroffenen wieder erholte.
Die Therapie mit CAR-T- Zellen kann schwere Nebenwirkungen mit sich bringen. Die ausgelöste Immunreaktion kann überschießend verlaufen und ein Cytokine release syndrome (CRS) auslösen. Interleukin 6 spielt dabei eine Schlüsselrolle. Die Symptomatik reicht von leichten Symptomen wie Fieber und milder Hypoxie bis hin zu einer lebensbedrohlichen Schocksymptomatik. Je nach Schweregrad erfolgt eine supportive Therapie unter Gabe von NSAR oder die Gabe von Kortikosteroiden (evtl. plus Tocilizumab, einem monoklonalen Antikörper gegen den Interleukin-6-Rezeptor). Eine weitere gefürchtete Nebenwirkung ist das sog. immune effector cell-associated neurotoxicity syndrome (ICANS). Die Mechanismen von CRS und ICANS scheinen ähnlich, auch wenn beide noch nicht vollständig verstanden sind. Das ICANS umfasst einen Beschwerdekomplex aus variablen und heterogen ausgeprägten neurologischen Symptomen wie einer Vigilanzminderung, kognitiven Defiziten, Aphasie und epileptischen Anfällen, die bis hin zu einem rasch progredienten therapierefraktären fatalen Hirnödem reichen können.
In der aktuellen Studie wurde die Therapie von den Betroffenen gut vertragen. Bei drei der 5 Betroffenen zeigte sich ein leichtes CRS. Ein ICANS wurde nicht beobachtet.
Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass in dieser Fallserie von fünf Patienten mit therapierefraktärem SLE mit Organbeteiligung eine auf CD19 gerichtete CAR-T-Zellen basierende Therapie sicher, verträglich und wirksam bei der Depletion von autoimmunen CD19-B-Zellen war.
Dies führte zu einer Verbesserung der Symptome sowie der Organschäden und einer medikamentenfreien Remission. Aufgrund der sehr kleinen Probandenzahl und des kurzen Nachbeobachtungszeitraums kann keine abschließende Einschätzung zur Verträglichkeit, Wirksamkeit und Sicherheit der Therapie getroffen werden. Dennoch zeigt die Studie einen möglichen neuen Pfad in der Behandlung des therapierefraktären Lupus auf, dessen weitere Erforschung in den nächsten Jahren mit Spannung erwartet werden darf.
Quelle:
Mackensen et al. Anti-CD19 CAR T cell therapy for refractory systemic lupus erythematosus. Nat Med, 2022. doi: 10.1038/s41591-022-02017-5
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