Bis zur Pubertät ist die Bauchspeicheldrüse wandlungsfähiger und verfügt über ein grösseres Selbstheilungspotential als bisher angenommen. Zu diesem Schluss gelangt nun eine Studie, bei der gezeigt werden konnte, wie sich Deltazellen in Vorläuferzellen zurückverwandelt haben.
Typ-1-Diabetes ist auf den Ausfall von Betazellen zurückzuführen, die in der Bauchspeicheldrüse das für den Zuckerhaushalt des Körpers entscheidende Insulin produzieren. Da sich Betazellen nicht erneuern, ging die Wissenschaft lange Zeit davon aus, dass der Verlust dieser Zellen unumkehrbar sei, und dass also Diabetiker ihr Leben lang auf Insulinspritzen angewiesen seien.
Vor vier Jahren haben Forscher um Pedro Herrera von der Universität Genf diese Annahme zum ersten Mal widerlegen können, als sie mit gentechnisch veränderten Mäusen nachwiesen, dass sich in der erkrankten Bauchspeicheldrüse einige wenige Alphazellen in Betazellen umwandeln und danach anstatt des blutzuckererhöhenden Glukagons das blutzuckersenkende Insulin herstellen. Nun legt das Team um Herrera mit einer weiteren, in der Fachzeitschrift "Nature" veröffentlichten Entdeckung nach: Bei Mäusen vor der Pubertät ist die Bauchspeicheldrüse in der Lage, einen Verlust von insulinproduzierenden Betazellen zu kompensieren. "Und zwar mit einem neuen, bisher völlig unbekannten Mechanismus", sagt Herrera. Dabei entwickeln sich Deltazellen in Vorläuferzellen zurück, teilen sich und stellen schliesslich Beta- und Deltazellen her. Im Gegensatz zur Umwandlung der Alphazellen, die nur in begrenztem Umfang stattfindet, erlaubt der neue Mechanismus mit den wandelbaren Deltazellen einen effizienteren Ausgleich des Verlusts der Betazellen und eine rasche Selbstheilung des Diabetes. Doch während sich Alphazellen bis ins hohe Alter umformen können, ist die Wandlungsfähigkeit der Deltazellen zeitlich beschränkt und nach der Pubertät nicht mehr möglich.
Zwar hat die Gruppe um Herrera die Vielseitigkeit von Bauchspeicheldrüsenzellen an Mäusen studiert, doch mehrere Beobachtungen an Patienten weisen darauf hin, dass auch die menschliche Bauchspeicheldrüse ähnlich wandelbar ist. "Der neue Mechanismus zeigt uns, dass die Bauchspeicheldrüse viel plastischer ist und – zumindest in der Kindheit – über ein viel grösseres Selbstheilungspotential verfügt, als wir bisher angenommen hatten", sagt Herrera. Es sei noch ein langer Weg zurückzulegen, bevor Diabetes-Patienten von diesen Erkenntnissen direkt profitieren könnten, meint Herrera, aber die Entdeckung der anpassungsfähigen Deltazellen zeige eine bisher ungeahnte Möglichkeit für therapeutische Interventionen auf. Originalpublikation: Diabetes Recovery By Age-Dependent Conversion of Pancreatic Delta-Cells Into Insulin Producers. P. L. Herrera et al.; Nature online: doi: 10.1038/nature1363