Rheumatiker profitieren besonders von einer Auffrischungsimpfung gegen COVID-19. Welche Vakzine ihr bei diesen Patienten außerdem auf dem Schirm haben solltet, erfahrt ihr hier.
Die Erkältungssaison bietet einen guten Anlass, mit Patienten einen Blick in den Impfausweis zu werfen. Besonders wichtig ist der Schutz gegen potenziell kritisch verlaufende Atemwegserkrankungen für Menschen, deren körpereigene Immunabwehr geschwächt ist – sei es aufgrund einer chronischen Grunderkrankung oder aufgrund von Medikamenten, die das Immunsystem bremsen. „Bei Menschen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen trifft oft beides zu“, sagt Dr. Rebecca Hasseli-Fräbel, stellvertretende Leiterin der Sektion Rheumatologie und Klinische Immunologie am Universitätsklinikum Münster. Zum einen verringere das chronische Entzündungsgeschehen die Fähigkeit des Immunsystems, sich mit Krankheitserregern auseinanderzusetzen. Zum anderen müssten Rheumatiker oft Medikamente einnehmen, die die Immunfunktion beeinträchtigten. Sie sollten sich daher besonders konsequent vor Infektionen schützen.
Nach wie vor kommt dem Schutz vor SARS-CoV-2 dabei eine hohe Bedeutung zu, auch wenn das Virus seine Sonderstellung unter den Krankheitserregern mit dem offiziellen Ende der Pandemie weitgehend eingebüßt hat. Wie sich aus den Statistiken des Robert-Koch-Instituts (RKI) zu Atemwegserkrankungen ablesen lässt, findet sich SARS-CoV-2 derzeit in jeder fünften eingesandten Probe. Nur der Anteil von Rhinoviren ist mit 30 Prozent noch höher.
„Anders sieht es bei den schweren Atemwegserkrankungen aus, die zu einer Krankenhauseinweisung führen“, sagt Hasseli-Fräbel. Dort spielten Rhinoviren keine Rolle. In der 48. Kalenderwoche wurde bei 30 Prozent der intensivmedizinischen Behandlungen aufgrund von Atemwegserkrankungen COVID-19 diagnostiziert. Bei den gemeldeten SARS-CoV-2-Infektionen in der 48. Kalenderwoche war bei 27 Prozent eine stationäre Behandlung notwendig (Stand 5. Dezember 2023). Insgesamt wurden seit der 40. Meldewoche 2.007 Todesfälle in Zusammenhang mit einer Coronainfektion gemeldet, davon 97 Prozent bei Personen im Alter von mindestens 60 Jahren. Für diese Altersgruppe gilt entsprechend auch die Empfehlung für eine erneute Booster-Impfung. Von einem Ende der aktuellen Covid-Welle zu sprechen, sei jedoch mit Sicherheit verfrüht und die Empfehlung für Immungeschwächte, sich spätestens zwölf Monate nach dem letzten Antigenkontakt (erneut) impfen zu lassen, weiterhin hochaktuell.
Außerdem sollte der Schutz vor anderen Infektionskrankheiten nicht vergessen werden. So zählen Rheumapatienten auch zu den Risikogruppen, die sich jährlich gegen Grippe impfen lassen sollten. „Dafür ist jetzt genau der richtige Zeitpunkt“, sagt Hasseli-Fräbel. Es zeigte sich in der 48. Kalenderwoche bereits ein Aufwärtstrend der Infektionszahlen und bei 21 Prozent der gemeldeten Grippekranken war eine stationäre Behandlung notwendig (Stand 5. Dezember 2023). Die neun gemeldeten Verstorbenen in Zusammenhang mit der Grippe waren mindestens 60 Jahre alt (seit der 40. Kalenderwoche). Die Zahl der registrierten Influenza-Infektionen liege derzeit noch auf einem sehr niedrigen Niveau, der Beginn der Grippewelle, der meist um den Jahreswechsel herum liege, zeichne sich noch nicht ab. Bei einer zeitnahen Impfung bleibt dem Immunsystem damit noch genug Zeit, um einen guten Grippeschutz aufzubauen.
Älteren und/oder immungeschwächten Personen empfiehlt die STIKO darüber hinaus, sich gegen Pneumokokken impfen zu lassen. In die diesbezügliche Empfehlung wurde in diesem Herbst auch das Vakzin PCV20 neu aufgenommen, das einen besonders guten und breiten Schutz vor 20 unter-schiedlichen Pneumokokken-Varianten vermittelt. Die Kostenübernahme über den Sprechstundenbedarf steht jedoch noch in einigen Bundesländern aus.
Wichtige Erkenntnisse dazu, wie SARS-CoV-2-Infektionen bei Menschen mit Rheuma verlaufen, stammen aus dem COVID-19-Register der DGRh, das Hasseli-Fräbel bereits früh im Verlauf der Pandemie mit initiiert hat und bis heute betreut. Es umfasst mittlerweile Daten von mehr als 7.100 Patienten und bestätigt die positiven Effekte der Covid-19-Impfung. „Aus den Daten konnten wir außerdem ablesen, wie wichtig eine gute Kontrolle der rheumatologischen Grunderkrankung dafür ist, einen schweren Covid-Verlauf abzuwenden“, sagt die Rheumatologin. Patienten sollten ihre Rheumamedikamente daher auf keinen Fall eigenmächtig absetzen oder in ihrer Dosis verringern. Das Risiko einer Infektion und eines schweren Verlaufs kann zusätzlich gesenkt werden, wenn die entzündlich-rheumatische Erkrankung mit Rheumamedikamenten und möglichst wenig Kortison unter Kontrolle gehalten wird. Denn die Einnahme von hochdosiertem Kortison wirkt sich negativ auf den Verlauf von Infektionen aus – auch das geht aus den Registerdaten hervor.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie. Das COVID-19-Register der DGRh haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Steven Cornfield, Unsplash