Frauen sind leichter aus der Ruhe zu bringen als Männer – ein gängiges Klischee. Forscher haben jetzt herausgefunden, dass da aber wirklich etwas dran sein könnte.
Menschen reagieren unterschiedlich auf Stress. „Wir wollen herausfinden, welche Faktoren diese unterschiedlichen Anfälligkeiten erklären“, so Dr. Katja Langer, Postdoktorandin am Lehrstuhl für Kognitionspsychologie. Die Bochumer Forscherin untersucht, wie sich Stress kurzfristig auf unsere kognitive Emotionsregulierung auswirkt, also die Fähigkeit, unsere Empfindungen durch eigene Gedanken zu steuern. „Wir interessieren uns für zwei kognitive Strategien, nämlich das Umbewerten und das Ablenken“, erklärt Langer. Wie schwer fällt uns das, wenn wir gestresst sind?
In ihrer neusten Studie, veröffentlicht in Psychoneuroendocrinology, zeigt sie, dass sich der Einfluss von Stress auf die kognitive Emotionsregulation bei Männern und Frauen unterschiedlich stark auswirkt.
Insgesamt 80 Versuchspersonen, 40 Männer und 40 Frauen, haben an der Erhebung teilgenommen. In ihrer Studie verwendet Langer den sozial evaluierten Kaltwassertest zur Stressinduktion. Dabei halten Versuchspersonen ihre Hand für bis zu drei Minuten in zirkulierendes Wasser, das eine Temperatur von null bis zwei Grad misst.
Beim sozial evaluierten Kaltwassertest müssen die Versuchspersonen ihre Hand für drei Minuten in ein Becken mit eiskaltem Wasser halten. Credit: Roberto Schirdewahn
Die Hypothese, dass allen, Männern und Frauen, die Emotionsregulierung im Stresszustand schwerer fällt, konnte nicht bestätigt werden. Stattdessen deuten die Ergebnisse auf deutliche Unterschiede zwischen Frauen und Männern hin.
Danach können sich Männer unter Stress deutlich besser ablenken. „Bei Männern scheint der Stress zu einer verbesserten Emotionsregulierung geführt zu haben. Das hat uns total sprachlos gemacht“, resümiert Langer. Bei Frauen hingegen deuteten die Ergebnisse eher in die andere Richtung: Die Stressreaktion stand hier mit einer schlechteren Emotionsregulierung in Zusammenhang.
Die Forscherin führt die Unterschiede zum einen auf den zeitlichen Ablauf der Studie und zum anderen auf hormonelle Unterschiede zurück. „Vorgängerstudien konnten bereits zeigen, dass Kortisol erst nach etwa 20 Minuten vermehrt ausgeschüttet wird. Die Aktivierung des sympathischen Nervensystems hingegen passiert innerhalb von Sekunden nach der Stressinduktion“, erläutert Langer.
Die Bochumer Forscherin konnte in einer Nachfolgestudie bereits zeigen, dass in der Tat die Effekte von Kortisol auf die Emotionsregulierung, je nach Geschlecht, unterschiedlich sind. Bei Männern führt Kortisol zu einer verbesserten Emotionsregulierung. Kortisol scheint bei Frauen keine oder zumindest geringere förderliche Effekte auf ihre Regulationsfähigkeit zu haben. Das Ergebnis könnte damit erklärt werden, dass Frauen vermindert Kortisol ausschütten und die sympathische Aktivierung von Adrenalin und Noradrenalin im Gehirn stärker ist. In weiteren Studien möchte Langer diese Vermutungen bestätigen.
Der Beitrag basiert auf einer Pressemitteilung der Ruhr-Universität Bochum. Die Originalpublikation findet ihr hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Peter Conlan, unsplash