Ob Rentierhaar-Allergie, Steakhaus-Syndrom oder Feiertags-Frakturen des Penis – auch die Medizin hat einige weihnachtliche Themen zu bieten. Hier kommen unsere drei Highlights.
Die letzten Tage des Jahres sind etwas Besonderes. Manch einer lässt das vergangene Jahr Revue passieren, der andere ist mit den Gedanken schon im nächsten Jahr. Oft verändern sich die Themen, mit denen man sich gedanklich beschäftigt. Wenn die Tage kürzer werden und Weihnachtsmusik im Radio läuft, beschäftigt man sich lieber mit angenehmen oder unterhaltsamen Dingen und blendet Krankheit, Krisen und Kriege einmal aus.
Auch, wenn man sich die wissenschaftlichen Veröffentlichungen in der Vorweihnachtszeit oder zum Thema Weihnachten anschaut, sind einige Studien dabei, die sich selbst nicht ganz so ernst zu nehmen scheinen. Wir haben drei Highlights der medizinischen Weihnachtsforschung für euch herausgesucht und hoffen, dass wir so zur Weihnachtsstimmung beitragen können:
Eine Forschergruppe von Urologen der LMU München ging der Frage nach, ob Penisfrakturen an den Feiertagen häufiger vorkommen als sonst. Der Hintergrund der Fragestellung wird in der Einleitung des Artikels ausführlich beschrieben. Die Weihnachtszeit gilt als die schönste Zeit des Jahres, Mistelzweige sind weit verbreitet und die Herzen glühen, wenn die Liebsten in der Nähe sind. Die Hypothese wurde aufgestellt, dass Weihnachten durch die damit verbundene Glückseligkeit und Intimität ein Risikofaktor für das Auftreten von Penisfrakturen sein könnte.
Für die Studie wurden die Daten eines bestehenden Registers von Patienten mit stattgehabter Penisfraktur verwendet und diese im Hinblick auf das zeitliche Auftreten untersucht. Insgesamt enthält das Register Daten von gut 3.400 Patienten, die zwischen den Jahren 2005 und 2021 aufgrund einer Penisfraktur im Krankenhaus behandelt wurden. Das mediane Alter lag bei 42 Jahren, die Dauer des Krankenhausaufenthalts lag im Schnitt bei 3 Tagen. Insgesamt 40 der Penisfrakturen traten an den Weihnachtsfeiertagen auf (24.–26.12.). Die Inzidenz war dabei leicht, aber signifikant, erhöht. Die „Incidence Rate Ratio“ lag bei 1,43 (KI 95 %: 1,05–1,95), d. h. an den Weihnachtsfeiertagen war die Inzidenz der Penisfraktur um 43 % erhöht. Oder, wie es die Autoren beschreiben: Wäre jeder Tag wie Weihnachten, würden in Deutschland 43 % mehr Penisfrakturen auftreten. Interessanterweise kam es an Neujahr zu keinem Anstieg der Inzidenz.
Die Rate an Patienten, die operativ versorgt wurden, unterschied sich nicht zwischen den Feiertagen und dem Rest vom Jahr. Deshalb schlussfolgerten die Autoren, dass die behandelnden Urologen durch die Weihnachtsstimmung nicht dahingehend beeinflusst waren, dass sie ihren Patienten öfter oder seltener zu einer OP rieten. Sie schließen in Anlehnung an ein bekanntes Weihnachtslied mit den Worten: „Last Christmas penile fractures occurred more often. This year to save us from tears, we will NOT do something special“.
Eine Gruppe aus den Niederlanden untersuchte eine neue Therapiemethode bei der Bolusobstruktion des Ösophagus. Dieses Krankheitsbild ist auch unter dem Namen „Steakhaussyndrom“ bekannt. An den Weihnachtsfeiertagen ist mit einem gehäuften Auftreten zu rechnen. Die Mahlzeiten sind üppig und es gibt eine Tendenz zur Tachyphagie, die man allerdings vermeiden sollte. Ist das Unheil einmal geschehen, empfehlen die Leitlinien eine Endoskopie zur Behebung der Obstruktion. Bei einer vollständigen Obstruktion soll die Endoskopie innerhalb von 6 Stunden, bei einer teilweisen Obstruktion innerhalb von 24 Stunden erfolgen.
Die Zeit bis zur Endoskopie kann für einen medikamentösen Therapieversuch genutzt werden. In der Vergangenheit wurden verschiedene Medikamente getestet, jeweils mit negativen oder widersprüchlichen Ergebnissen.
Die Forschergruppe testete nun eine bekannte Substanz: Cola. Die Teilnehmer wurden randomisiert, in der Interventionsgruppe wurden jeweils Schlücke von 25 ml Cola eingenommen bis zu einer Maximaldosis von 200 ml Cola. Das Ergebnis war negativ, in beiden Gruppen kam es in 61 % der Fälle zu einer spontanen Besserung der Obstruktion vor der Endoskopie. Die Anwendung von Cola sollte also nicht in die Standard-Behandlung integriert werden. Die Autoren empfehlen aber weitere Studien, um einen eventuellen Nutzen für bestimmte Subgruppen zu untersuchen.
Ein dänischer Artikel beschäftigt sich vor den Feiertagen mit potenziellen Gefahren einer Begegnung mit Rentieren. Tierhaare sind ein häufiges Allergen und auch Rentierschuppen können eine Allergie verursachen. Bei finnischen Rentierhirten fiel eine gehäufte Rate an atopischer Dermatitis auf (11 %). Allerdings war bei den allergischen Reaktionen häufig nicht ganz klar, ob es sich auf eine Reaktion auf Rentierschuppen oder auf die Haare von anderen Hirscharten handelte, da oft Kontakt zu beiden Tierarten bestand. Auch wird vor der Entwicklung von Kreuzallergien gewarnt. Diese können bei einer Rentierallergie auftreten und dann zu einer allergischen Reaktion auch bei Hunden oder Katzen führen.
Eine zusätzliche Gefahr beim Kontakt mit Rentieren können Hirschläuse sein, deren Häufigkeit zuletzt zugenommen hat. Auch durch diese Läuse kann es zu allergischen Reaktionen bis hin zu einem Asthmaanfall kommen. Hirschläuse können zudem mit den Krankheitserregern Bartonella spp. oder Borrelia burgdorferi infiziert sein und so unter anderem eine Lyme-Borreliose auslösen.
Als Schlussfolgerung wird allen Kindern und Erwachsenen empfohlen, den Schlitten des Weihnachtsmanns zwar anzuschauen, dabei aber einen ausreichenden Sicherheitsabstand zu wahren.
Und damit: Frohe Weihnachten!
Quellen:
Pyrgidis et al. Penile fractures: the price of a merry Christmas. BJU Int, 2023. doi: 10.1111/bju.16216
Tiebie et al. Efficacy of cola ingestion for oesophageal food bolus impaction: open label, multicentre, randomised controlled trial. BMJ, 2023. doi: 10.1136/bmj-2023-077294.
Weinreich et al. Christmas article: Dangers associated with close contact with reindeer. Ugeskr Laeger, 2023. PMID: 38084622.
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