Neue Medikamente und Therapien gegen Herzkrankheiten bringen häufig Nebenwirkungen mit sich. Forscher haben nun eine Methode entwickelt, wodurch die Wirkung auf das Herz besser vorhergesagt werden kann. Mehr dazu erfahrt ihr hier.
Neu-entwickelte Medikamente und Therapieansätze haben häufig Nebenwirkungen auf das Herz. Vor der klinischen Erprobung und Anwendung steht daher die umfassende vorklinische Prüfung neuer Wirkstoffkandidaten an, mit dem Ziel, potentielle Nebenwirkungen im Vorfeld bestmöglich auszuschließen. Derzeitige Verfahren erfassen jedoch meist nur einen Teil der möglichen Nebenwirkungen auf das Herz. Die Verbesserung der Testverfahren ist also essentiell, um das Risiko unerwünschter Begleiterscheinungen mit hoher Spezifität und Sensitivität vorherzusagen.
Das Team um Prof. Tobias Brügmann, Arbeitsgruppenleiter am Institut für Herz- und Kreislaufphysiologie der Universitätsmedizin Göttingen (UMG), in Kooperation mit Prof. Tim Salditt, Direktor des Instituts für Röntgenphysik der Universität Göttingen, hat nun eine Möglichkeit entwickelt, frische Schnitte mit intaktem Herzgewebe über mehrere Tage in Kultur zu halten und dabei nachweislich die Vitalität und Funktionalität zu erhalten. Dies erlaubt es, die Effekte neuer potentieller Medikamente auf die elektrischen und kontraktilen Eigenschaften von Herzmuskelzellen und auf die allgemeine Gewebearchitektur zu erkennen, bevor die Wirkstoffe für Analysen im lebenden Organismus eingesetzt werden.
Die Wissenschaftler fertigen zunächst dünne (300 µm) Gewebeschnitte aus Schweineherzen an. Schweineherzen weisen eine sehr hohe Ähnlichkeit zu menschlichen Herzen auf, von denen es im Gegensatz zu anderen Organen kaum Möglichkeiten gibt, Proben für Wirkstoffstudien zu erhalten. Mit einem neu entwickelten Ansatz zur Kultivierung gelang es den Wissenschaftlern erstmals die Gewebeschnitte, die aus intaktem Herzmuskelgewebe bestehen, bis zu zwei Wochen lang in einem Brutschrank zu halten. Wie die Wissenschaftler nachweisen konnten, bleibt über den gesamten Zeitraum nicht nur die äußere Form der Herzmuskelzellen erhalten, sondern auch ihre Vitalität und Funktionalität. Dies ist unbedingte Voraussetzung, um den Einfluss verschiedener Substanzen, wie beispielsweise neuer Wirkstoffe oder therapeutische Maßnahmen, zu erforschen.
Die generelle Eignung des Testverfahrens wurde zunächst mit Medikamenten überprüft, deren Einfluss auf das Herz bereits bekannt und gut beschrieben ist. Im Anschluss testeten die Wissenschaftler, ob sie unter mehreren Medikamenten diejenigen identifizieren können, die Nebenwirkungen auf das Herz haben, was in jeglicher Hinsicht gelang. „Die möglichst frühe und verlässliche Identifizierung unerwünschter Nebenwirkungen auf das Herz ist sehr wichtig, um später die Gesundheit der Patient*innen in klinischen Studien nicht zu gefährden. Außerdem trägt sie dazu bei, die Kosten in der Medikamentenentwicklung zu senken,“ erklärt Brügmann. „Wir sind nun in der Lage, Wirkstoffe und auch neue Therapieansätze vorab viel umfassender auf ihre Tauglichkeit für den späteren Einsatz in klinischen Studien zu testen“.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Universitätsmedizin Göttingen – Georg-August-Universität. Die Originalpublikation haben wir euch hier verlinkt.
Bildquelle: Ioana Christiana, Unsplash