Menschen, die sich nur eine Woche lang salzarm ernährten, erlebten eine deutliche Senkung ihres systolischen Blutdrucks – unabhängig von Alter, Geschlecht und Medikamenten. Aber ist das wirklich so einfach?
Hypertonie ist die häufigste chronische Erkrankung weltweit und betrifft nach Angaben der WHO etwa 1,3 Milliarden Menschen. Darüber hinaus ist Bluthochdruck die Hauptursache für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und trägt zu einem von acht Todesfällen bei. In Deutschland hat fast jeder Dritte einen zu hohen Blutdruck, ab einem Alter von 70 sind sogar drei von vier Menschen betroffen. Da Bluthochdruck i. d. R. keine Beschwerden verursacht, wird er oft gar nicht, zu spät oder auch nur zufällig erkannt. Optimale Blutdruckwerte liegen bei unter 120/80 mmHg. Der Grenzwert von 140/90 mmHg markiert die rote Linie. Erst dann kommen Blutdrucksenker ins Spiel. Im Bereich dazwischen werden Lebensstilmaßnahmen empfohlen.
Übermäßiger Salzkonsum gilt neben Übergewicht, Bewegungsmangel, Alkohol, Rauchen und Stress als eine der Hauptursachen für Hypertonie, wobei das Natrium im Speisesalz die entscheidende Rolle spielt. Die WHO sowie das US-Landwirtschaftsministerium (USDA) empfehlen, nicht mehr als 5 g Kochsalz täglich zu konsumieren. Umgerechnet sind das etwa 2 g reines Natrium. Es wird jedoch geschätzt, dass Erwachsene in den USA etwa 50 % mehr Natrium pro Tag zu sich nehmen. Täglich höchstens 6 g Kochsalz lautet die Empfehlung für Erwachsene der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Diese Menge entspricht etwa einem Teelöffel Kochsalz. Männer in Deutschland nehmen im Schnitt 10 g Kochsalz und Frauen 8,4 g am Tag auf. Etwa die Hälfte der Männer und mehr als ein Drittel der Frauen nehmen sogar mehr als 10 g Salz am Tag zu sich.
Etwa 80 % der täglichen Salzzufuhr stammen aus hoch verarbeiteten Lebensmitteln wie z. B. Fleisch- und Wurstwaren, Käse, Milchprodukten, Soßen, Instantsuppen, Gemüsesäften, Knabbergebäck und eingelegten Lebensmitteln. Der heimische Salzstreuer spielt eine eher untergeordnete Rolle. Auch durch Brot und Brötchen wird in Deutschland sehr viel Salz aufgenommen. Backwaren enthalten zwischen 0,78 und 1,68 g Salz pro 100 Gramm, so die Ergebnisse eines Marktchecks des Bundesverbands der Verbraucherzentralen. Das entspricht z. B. drei Scheiben Weißbrot oder Toast.
Streng genommen handelt es sich beim Salz nicht um ein Gewürz, sondern um einen Mineralstoff. Speisesalz wird von der Lebensmittelindustrie in großen Mengen als Geschmacks- und Konservierungsstoff sowie zur Lockerung von Teigen eingesetzt. Durch seine gute Wasserbindungskapazität verbessert es darüber hinaus die Konsistenz und Schnittfestigkeit von Lebensmitteln und verstärkt dadurch die sensorische Wahrnehmung von Fülle und Volumen im Mund.
Speisesalz ist jedoch nicht die einzige Quelle für Natrium in industriell hergestellten Fertigprodukten. Hinzu kommen noch etwa 30 natriumhaltige, zugelassene Lebensmittelzusätze wie z. B. die Konservierungsstoffe Natriumsulfit (E 221), Natriumnitrit (E 250) und Natriumacetat (E 262), das Antioxidationsmittel Natriumascorbat (E 301), die Säureregulatoren Natriumphosphat (E 339) und Natriumcarbonat (E 500) sowie der Geschmacksverstärker Natriumglutamat (E 621), um nur einige zu nennen. Deshalb lohnt sich der Vergleich des Salzgehaltes verschiedener Produkte im Supermarkt. Gemäß Lebensmittel-Informationsverordnung sind Hersteller seit Dezember 2016 verpflichtet, den Salzgehalt, bezogen auf 100 Gramm oder 100 Milliliter, auf der Umverpackung in Form einer übersichtlichen Tabelle anzugeben. Die Lebensmittelzusatzstoffe müssen im Zutatenverzeichnis aufgeführt werden.
Obwohl bereits seit langem bekannt ist, dass übermäßiges Natrium in der Ernährung den Blutdruck ungünstig beeinflusst, sind derzeit noch nicht alle offenen Fragen beantwortet. So wurden beispielsweise in vielen früheren Studien Personen ausgeschlossen, die bereits antihypertensive Medikamente einnahmen oder an Diabetes erkrankt waren. Darüber hinaus war der Anteil älterer Personen in den Untersuchungen oft unterrepräsentiert. US-amerikanische Forscher wollten deshalb klären, welchen Einfluss eine diätetische Natriumreduktion auf den normalen, unbehandelten, gut eingestellten und medikamentös unzureichend kontrollierten Blutdruck von Menschen mittleren und höheren Alters, mit und ohne Begleiterkrankungen, hat. Dazu führten Sie zwischen April 2022 und Februar 2023 eine randomisierte kontrollierte Cross-Over Studie an zwei Studienzentren in den USA durch.
Die Probanden wurden in zufälliger Reihenfolge entweder einer natriumreichen oder einer natriumarmen Interventionsgruppe zugeteilt. 118 Teilnehmer starteten mit der natriumreichen Kost, 95 mit der natriumarmen Ernährung. Nach einer Woche wurde getauscht. Während der kurzen Studie absolvierte jeder Studienteilnehmer insgesamt vier Untersuchungstermine: Registrierung, Eingangsuntersuchung und jeweils einen Kontrolltermin am Ende der ersten und zweiten Studienwoche. Vor Studienbeginn sowie am Ende jeder Behandlungswoche wurde eine 24-Stunden Blutdruckmessung durchgeführt. Um zu kontrollieren, ob die beiden Diäten eingehalten wurden, bestimmten die Forscher auch den Natriumgehalt im Urin der Probanden.
Die eine Hälfte der Studienteilnehmer ernährte sich in der ersten Woche besonders salzreich. Dazu nahmen sie zusätzlich zu ihren gewohnten Mahlzeiten 2,2 g Natrium pro Tag zu sich – eine Menge, die in rund 5,6 g Kochsalz steckt. Dafür erhielten die Teilnehmer täglich zwei kleine Päckchen Hühnerbouillon mit jeweils 1.100 mg Natrium. In der zweiten Woche bekamen sie ihre Mahlzeiten, Snacks und Getränke aus der Küche des jeweiligen Studienzentrums. Die salzarme Diät enthielt lediglich 500 mg Natrium und war stattdessen mit 4.500 mg Kalium und 1.000 mg Kalzium gesalzen. Die standardisierte Nahrung bestand aus handelsüblichen Produkten und war für die Probanden kostenlos. Der individuelle Kalorienbedarf wurde mithilfe der Mifflin-St.-Jeor-Formel ermittelt. Die Probanden wurden angehalten, nichts außer den bereitgestellten Mahlzeiten zu sich zu nehmen.
Für die Studie wurden 281 potenzielle Studienteilnehmer gescreent, 213 Teilnehmer beendeten sie gemäß Protokoll. Die Probanden waren zwischen 50 und 75 Jahre alt (Mittelwert 61 Jahre), 65 % waren Frauen, 64 % waren Afroamerikaner. Einer von fünf Teilnehmern hatte einen manifesten Typ-1- oder Typ-2-Diabetes. Knapp ein Viertel der Studienpopulation hatte einen normalen Blutdruck, die anderen litten unter Hypertonie. Davon hatten 20 % einen gut eingestellten Blutdruck, 25 % einen unbehandelten Bluthochdruck und 31 % einen medikamentös unzureichend kontrollierten Blutdruck. Die Ergebnisse der CARDIA-SSBP-Studie (Coronary Artery Risk Development in Adults - Salt Sensitivity of Blood Pressure) wurden anlässlich der Scientific Sessions der American Heart Association (AHA) in Philadelphia vorgestellt und zeitgleich im JAMA veröffentlicht.
Unter der üblichen Ernährung betrug der mittlere systolische Blutdruck der Teilnehmer vor Studienbeginn im Schnitt 125 mmHg. Die Umstellung auf eine natriumreiche Kost für eine Woche hatte mit einem Anstieg auf 126 mmHg so gut wie keinen Effekt auf den Blutdruck. Wurde dann aber auf eine einwöchige natriumarme Kost umgestellt, sank der mittlere systolische Blutdruck deutlich. Am Ende der ersten Woche war der systolische Blutdruck bei den Probanden mit der salzarmen Diät im Mittel um 8 mmHg niedriger als bei den Probanden mit der salzreichen Diät (95 % CI 4–11 mmHg; p < 0,001). Auch am Ende der zweiten Woche, nachdem die Gruppen gewechselt hatten, lag der Unterschied mit 7 mmHg in der gleichen Größenordnung (95 % CI, 3–11 mmHg; p < 0,001).
Der diastolische Blutdruck sank in der ersten Woche ebenfalls signifikant um 3 mmHg (95 % CI, 1–5 mmHg; p = 0,01) und zeigte am Ende der zweiten Woche immerhin noch einen Unterschied von 1 mmHg. Insgesamt senkte die natriumarme Diät den systolischen Blutdruck im Vergleich zur natriumreichen Diät bei etwa 75 % der Studienteilnehmer. Die Blutdrucksenkung war unabhängig vom Alter, Geschlecht, ethnischer Gruppe, Body-Mass-Index, Diabetes, Hypertonie-Status und der Einnahme antihypertensiver Medikamente. Eine besonders starke Senkung des Blutdrucks durch eine geringere Natriumzufuhr stellten die Wissenschaftler bei Teilnehmern mit Diabetes fest. Bei ihnen lag die durchschnittliche Senkung des systolischen Blutdrucks zwischen der natriumreichen und der natriumarmen Ernährung bei fast 17 mmHg.
Wie anhand der 24-Stunden-Natriumausscheidung im Urin festgestellt wurde, wies die übliche Ernährung der Teilnehmer vor Studienbeginn einen durchschnittlichen Natriumgehalt von 4,45 g/Tag auf, was deutlich über dem von der WHO empfohlenen Wert von zwei Gramm Natrium liegt. Die Natriumausscheidung im Urin stieg auf 5,0 g/Tag in der natriumreichen Woche und sank auf 1,27 g/Tag in der salzarmen Woche, was darauf hindeutet, dass einige Studienteilnehmer Natrium außerhalb der bereitgestellten Speisen und Getränke konsumiert hatten.
Leichte Nebenwirkungen traten in beiden Gruppen auf. Unter der salzreichen Ernährung klagte fast jeder Zehnte über Beschwerden wie Kopfschmerzen, Magen-Darm-Symptome oder Ödeme. Unter der salzarmen Diät dokumentierten die Forscher bei acht Prozent der Probanden milde Vorkommnisse wie vorübergehende Krämpfe oder Schwächegefühle.
Kommentatoren bemängeln einige Schwächen der Studie. So hätte man die beiden Interventionsgruppen mit etwas mehr Aufwand verblinden können. Üblich ist bei Studien im Cross-Over Design auch, dass man zwischen dem Wechsel der beiden Gruppen eine angemessene Auswaschphase einhält. Obwohl der Effekt der Natriumreduktion auf den Blutdruck groß ist und sich bereits innerhalb einer Woche einstellt, ist die Interventionsdauer von nur einer Woche dennoch vergleichsweise kurz, um eine langfristige und nachhaltige Blutdrucksenkung sicher annehmen zu können. Nicht zuletzt sind die Ergebnisse, aufgrund der demographischen Besonderheiten (Geschlecht, Ethnie) möglicherweise nicht direkt auf Populationen mit anderer Zusammensetzung übertragbar.
Die Ergebnisse der Studie unterstreichen noch einmal eindrücklich den Effekt einer strikten Kochsalzreduktion auf den Blutdruck. Nach Einschätzung des Studienleiters D. K. Gupta ist die beobachtete Blutdrucksenkung klinisch bedeutsam und entspricht in etwa der Wirkung, die auch durch ein First-Line-Antihypertensivum, wie z. B. Hydrochlorothiazid (12,5 mg), erreicht wird.
Auf Betroffene kann es sehr motivierend wirken, dass der Erfolg der Ernährungsumstellung bereits innerhalb einer Woche eintritt. Eine wirkungsvolle Maßnahme ist daher, so viel wie möglich mit frischen Zutaten, Kräutern und Gewürzen selbst zu kochen. Eine weitere Möglichkeit, den Natriumgehalt zu reduzieren, bieten auch Kochsalz-Ersatzmittel. Dabei wird das Natrium zu einem mehr oder mindergroßen Teil durch Kalium, Magnesium oder Kalzium ersetzt. In der randomisierten SSaSS-Studie konnte gezeigt werden, dass ein spezielles Salz mit 25 % Kaliumchlorid das Risiko für Schlaganfälle, schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse sowie vorzeitige Todesfälle, im Vergleich zu reinem Natriumchlorid, deutlich reduzierte.
Mit geringem administrativem und finanziellem Aufwand ließe sich die Salzaufnahme in der Bevölkerung auch durch politische Maßnahmen verringern. In Deutschland wurde deshalb Ende 2018 die nationale Reduktions- und Innovationsstrategie (NRI) ins Leben gerufen, die allerdings auf einer freiwilligen Selbstverpflichtung der Lebensmittelwirtschaft beruht. Im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) überprüft das Max-Rubner-Institut (MRI) regelmäßig die Fortschritte der NRI auf Produktebene. Wie jedoch das Produktmonitoring aus dem Herbst 2022 zeigt, sind die Salzgehalte nach wie vor weitgehend unverändert hoch. Hier sollte der Gesetzgeber dringend nachbessern.
Quellen
2023 ESH Guidelines for the management of arterial hypertension. Journal of Hypertension 41 (12): 1.874–2.071.
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Mente A, O’Donnell M, Yusuf S. Sodium Intake and Health: What Should We Recommend Based on the Current Evidence? Nutrients 2021; 13: 3.232.
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Neal B, Wu Y, Feng X et al. Effect of Salt Substitution on Cardiovascular Events and Death. N Engl J Med 2021; 385: 1.067–77.
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