Diabetes-Patienten zeigen oft mikrovaskuläre Veränderungen in der Haut. Forscher haben jetzt ein Verfahren entwickelt, mit dem sich solche Veränderungen – und damit die Schwere der Erkrankung – messen lassen.
Optoakustische Bildgebungsmethoden verwenden Lichtimpulse, um Ultraschallwellen in Körpergewebe zu erzeugen. Diese Wellen werden von Sensoren erfasst und in Bilder umgewandelt. Erzeugt werden die Ultraschallwellen, wenn sich Körpergewebe um bestimmte Moleküle herum minimal zusammenzieht oder ausdehnt. Diese Moleküle, etwa Hämoglobin, absorbieren Licht besonders stark. Da Hämoglobin in Blutgefäßen konzentriert ist, lassen sich mit optoakustischer Bildgebung besonders detaillierte Bilder von Blutgefäßen erzeugen, die mit anderen nicht-invasiven Bildgebungsmethoden nicht möglich wären.
Die Grundprinzipien der Optoakustik, auch als Photoakustik bezeichnet, sind seit mehr als hundert Jahren bekannt. Praktische Anwendungen in der Medizin sind aber relativ neu. Vasilis Ntziachristos ist Professor für Biologische Bildgebung an der TUM und Direktor des Instituts für Biologische und Medizinische Bildgebung sowie des Bioengineering Centers bei Helmholtz Munich. Zusammen mit seinem Team hat er eine Reihe von optoakustischen Bildgebungsmethoden entwickelt, darunter RSOM, kurz für Raster-Scan Optoakustische Mesoskopie.
RSOM-Aufnahmen von Haut eines gesunden Probanden (links), eines Patienten mit Diabetes (mitte) und eines Patienten mit Diabetes und Neuropathie (rechts). Credit: Nikoletta Katsouli / TUM
Jetzt hat das Team RSOM für die Untersuchung der Auswirkungen von Diabetes auf die menschliche Haut weiterentwickelt. Aus RSOM-Aufnahmen der Blutgefäße im Bein von 75 Diabetikern und einer Kontrollgruppe identifizierten die Forscher mit einem KI-Algorithmus Merkmale einer Diabetes-Erkrankung. Dabei erstellten sie eine Liste von 32 besonders aussagekräftigen Veränderungen im Erscheinungsbild der Äderchen der Haut. Dazu zählten Merkmale wie die Zahl der Verästelungen der Gefäße oder ihr Durchmesser.
Dass kleine Blutgefäße in der Haut von Diabetikern verändert sind, ist schon länger bekannt. Die Veränderungen sind beispielsweise in Biopsien zu erkennen. Was tatsächlich im Körper geschieht, lässt sich durch Biopsien aber nicht zuverlässig zeigen, da durch die Einschnitte die Gefäße verformt werden können. Sie bedeuten zudem immer einen Eingriff in den Körper und sind nicht für wiederholte Untersuchungen über einen längeren Zeitraum geeignet. RSOM-Messungen sind dagegen nicht invasiv, dauern weniger als eine Minute und sind nicht auf Strahlung oder Kontrastmittel angewiesen. „Andere optische Bildgebungsverfahren liefern nicht die Tiefe oder das Detail, den RSOM ermöglicht“, sagt Angelos Karlas, leitender Arzt der Studie.
Bei einer einzelnen RSOM-Messung können gleichzeitig Daten zu verschiedenen Tiefen der Haut gewonnen werden. Dadurch konnten die Forscher erstmals feststellen, dass sich Diabetes unterschiedlich auf Gefäße in verschiedenen Hautschichten auswirkt: Während beispielsweise die Zahl der Gefäße und Verästelungen in der dermalen Ebene bei Diabetikern verringert waren, waren sie dichter unter der Hautoberfläche, in der epidermalen Ebene, erhöht.
Jedes der 32 oben erwähnten Merkmale wird vom Fortschreiten und der Schwere der Krankheit beeinflusst. Erst wenn man sie kombiniert und einen Score ermittelt, lässt sich aber eine Verbindung zwischen dem Zustand der kleinen Blutgefäße in der Haut und dem Schweregrad von Diabetes ziehen. Dieser konnte in dieser Studie erstmals gezeigt werden.
„Mit RSOM können wir die Auswirkungen von Diabetes jetzt quantitativ beschreiben“, sagt Vasilis Ntziachristos. „Da wir RSOM immer mobiler und kostengünstiger machen konnten, eröffnen diese Erkenntnisse völlig neue Möglichkeiten für die kontinuierliche Überwachung des Zustands der Betroffenen - immerhin mehr als 400 Millionen Menschen weltweit. Mit kurzen und schmerzfreien Untersuchungen ließe sich so in wenigen Minuten feststellen, ob Therapien Wirkung zeigen, sogar in häuslicher Umgebung.“
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Technischen Universität München (TUM). Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Lukas Tennie, Unsplash