Bei Patienten mit Ovarialkarzinom kommt es bei zwei von drei Fällen zu Rezidiven und Entwicklung von Chemoresistenzen. Forscher entdeckten jetzt den bislang unbekannten Mechanismus dahinter.
Das Ovarialkarzinom gehört zu den häufigsten gynäkologischen Tumoren und verursacht pro Jahr weltweit rund 200.000 Todesfälle. Symptome treten häufig erst spät im Krankheitsverlauf auf, sodass das Ovarialkarzinom in vielen Fällen erst in fortgeschrittenen Stadien diagnostiziert werden kann. Dadurch haben Betroffene eine vergleichsweise schlechte Prognose, statistisch betrachtet überleben nur rund ein Drittel der Patienten diese Diagnose länger als zehn Jahre.
Im Normalfall umfasst die Behandlung des Ovarialkarzinoms eine chirurgische Entfernung des Tumors, auf die eine platinbasierte Chemotherapie folgt. Trotz eines üblicherweise guten anfänglichen Ansprechens auf die Behandlung kommt es bei etwa zwei Dritteln der Patienten zu Rezidiven und zur Entwicklung erworbener Chemoresistenzen.
Späte Krankheitsstadien und insbesondere Rezidive nach zunächst erfolgreicher Behandlung sind häufig durch das Auftreten eines Aszites gekennzeichnet. Die Flüssigkeit erleichtert den Transport von Krebszellen innerhalb des Körpers und kann so zur Metastasenbildung beitragen. Obwohl es in der Behandlung des Ovarialkarzinoms in den vergangenen Jahren einige therapeutische Fortschritte gegeben hat, stellen Rezidive und Resistenzen nach wie vor massive Probleme für die Therapie dar.
In einer neuen Studie haben die Forscher nun eine bestimmte Ursache der Resistenzbildung gegen Chemotherapeutika beim Ovarialkarzinom identifiziert. Dabei entdeckten sie einen bislang unbekannten Mechanismus, der auf der Freisetzung sogenannter extrazellulärer Vesikel (EV) aus Krebszellen beruht. Den Forschern gelang es, als Reaktion auf die Gabe von Chemotherapeutika die Freisetzung der sogenannten Metalloprotease ADAM17 auf den EV von Ovarialkarzinomzellen und deren Beteiligung an der Resistenzbildung nachzuweisen. Diese Ergebnisse veröffentlichte das Forschungsteam in der Fachzeitschrift Journal of Extracellular Vesicles.
Aus früheren Forschungsarbeiten war bereits bekannt, dass die Zellkommunikation mittels EV von Krebszellen gewissermaßen gekapert werden kann und es dabei zu einer im Vergleich mit gesunden Zellen erhöhten EV-Freisetzung kommt. Beim Ovarialkarzinom sind EV in der Aszites-Flüssigkeit reichlich vorhanden, insbesondere im Falle von Rezidiven. Bereits 2018 konnte die Forschungsgruppe zeigen, dass die Chemotherapeutikabehandlung von Krebszellen die Metalloprotease ADAM17 aktiviert.
Um einen Zusammenhang zwischen der Aktivität von ADAM17 und der Resistenzbildung nachzuweisen, haben die Forscher mithilfe der CRISPR/Cas9-Technologie Zellen erzeugt, die kein ADAM17 aufwiesen und sehr empfindlich auf platinbasierte Chemotherapeutika reagierten. In einer Reihe von innovativen Experimenten untersuchte das Forschungsteam anschließend, ob sich bei diesen Zellen die Resistenz wiederherstellen ließ. Dazu übertrugen sie EV aus der Aszites-Flüssigkeit von Ovarialkarzinom-Patientinnen auf diese ADAM17-defiziente Zelllinie.
„In der Folge stieg in diesen Zellen auch die durch ADAM17 vermittelte Freisetzung von Wachstumsfaktoren wie Amphiregulin (AREG) an, die nachgeschaltete Signalwege aktivieren und somit Resistenzeigenschaften übertragen können“, betont Dr. Nina Hedemann, Letztautorin der Studie. „Anschließend zeigten sich durch die Übertragung der aus dem Aszites stammenden EV auch in dieser Zelllinie Resistenzen. Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass ADAM17 auf den EV von Ovarialkarzinomzellen tatsächlich bei der Übertragung von Chemoresistenzen eine wichtige Rolle spielt“, so Hedemann weiter.
Insgesamt konnten die Wissenschaftler damit wertvolle neue Erkenntnisse über die Zusammenhänge von Extrazellulären Vesikeln, der ADAM17-Aktivierung und ihrem Zusammenwirken bei der Resistenzbildung im Ovarialkarzinom sammeln.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Die Originalpublikation haben wir euch hier verlinkt.
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