Dass man seine geistige Leistungsfähigkeit mit Medikamenten und anderen Substanzen steigern kann, ist den meisten Studierenden bekannt. Praktiziert wird das sogenannte Neuro-Enhancement allerdings nur von sehr wenigen. So zumindest die Ergebnisse einer aktuellen Studie.
Nachwuchswissenschaftler der Universitätsallianz Ruhr befragten im Rahmen der Global Young Faculty II 1.026 Studierende der Ruhr-Universität Bochum, der Universität Duisburg-Essen und der Technischen Universität Dortmund. Rund die Hälfte der Befragten setzt zur Leistungssteigerung auf Kaffee. Nur 14 hatten jemals Amphetamine zu diesem Zweck eingenommen. In der aktuellen Umfrage des Forscherteams um PD. Dr. Jan Schildmann, Institut für Medizinische Ethik und Geschichte der Ruhr-Universität, gaben 897 der Befragten an, dass sie von verschreibungspflichtigen Medikamenten oder illegalen Psychostimulanzien als Möglichkeit der Leistungssteigerung gehört hätten. Allerdings berichten nur 14 Studierende, dass sie bereits Amphetamine, wie beispielsweise das zur Behandlung von ADHS eingesetzte Ritalin, zur geistigen Leistungssteigerung eingenommen hätten; immerhin 39 Studierende nutzten Cannabis zu diesem Zweck. Spitzenreiter unter den Substanzen, die mit dem ausdrücklichen Ziel zur geistigen Leistungssteigerung eingenommen wurden, waren Kaffee (574 Studierende), Energydrinks (419), Nikotin (147) und Koffeintabletten (125).
Mit Hilfe von Neuro-Enhancement erbrachte Leistungen beurteilen die Befragten eher kritisch. 548 empfinden die Einnahme als unfair. 505 befürchten, dass eine fehlende Regulierung von Neuro-Enhancement den Druck erhöhen wird, Substanzen zur geistigen Leistungssteigerung einzunehmen. 620 Befragte fordern eine entsprechende Regulierung des Zugangs. Investitionen in die Forschung zu Substanzen zur geistigen Leistungssteigerung hält die Mehrheit der Befragten (799) für weniger wichtig, dagegen schätzen 751 Studierende Investitionen in Schule und Ausbildung als sehr wichtig ein.
„Die aktuellen Daten bestätigen den großen Bekanntheitsgrad von Substanzen zur Steigerung der geistigen Leistungsfähigkeit bei Studierenden“, so Studienleiter Jan Schildmann. „Dass die Mehrheit der Nutzer zu Kaffee und Energydrinks greift, ist mit Blick auf den einfachen Zugang und die soziale Akzeptanz nachvollziehbar.“ Die geringe Einnahme von sogenannte „smart pills“ könne Ausdruck von Skepsis angesichts fehlender wissenschaftlicher Belege sein. Die Sorge der Studierenden, dass sich bei einfachem Zugang zu Medikamenten zur geistigen Leistungssteigerung der Druck zur Einnahme auch auf jene erhöht, die solche Maßnahmen ablehnen, sollte in der gesellschaftlichen Diskussion berücksichtigt werden, fordern die Forscher der Global Young Faculty. Originalpublikation: Knowledge, experiences and views of german university students toward neuroenhancement: an empirical-ethical analysis Jan Schildmann et al.; Neuroethics, doi: 10.1007/s12152-014-9218-z; 2014